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Das Verfallsdatum für Politiker ist kürzer geworden

In Frankreich erleben wir derzeit einen politischen Generationswechsel. Dabei hatten die sogenannten „Primaires“ nichts Gutes in Aussicht gestellt. Alain Juppé und François Fillon ließen kaum Besserung erwarten. Denn auch ein Fillon, obwohl jünger als Juppé, verkörperte die alte Garde der französischen Konservativen. Bei den Sozialisten sollten mit Benoît Hamon und Manuel Valls zwei jüngere Kandidaten in die Vorwahl gehen.

Hamon setzte sich durch, scheiterte jedoch kläglich im ersten Präsidentschaftswahlgang. Jugendlicher Elan allein reicht nicht. Auch das Umfeld muss stimmen. Eine orientierungslose, durch interne Machtkämpfe ausgezehrte Partei kann ihren Spitzenmann nur behindern, sei er noch so gut.

Mit Emmanuel Macron haben die Wähler quasi einen Jüngling an die Spitze des Landes gesetzt. Das Durchschnittsalter seiner Regierungsmannschaft dürfte nicht viel höher sein. Damit realisiert das Land, dem in den letzten Jahren allzu oft Immobilismus und das Festklammern an Althergebrachtem vorgehalten wurden, den Wechsel, den andere europäische Länder bereits vollzogen haben. Allzu schwer fällt die Suche nach ähnlichen Beispielen nicht.

In Luxemburg repräsentieren Premier Xavier Bettel und sein Vize Etienne Schneider die jüngere Politikergeneration, auch wenn beide bereits eine längere politische Karriere aufweisen. In Österreich schickt sich der aktuelle Außenminister Sebastian Kurz an, den Kanzlerstuhl zu erobern und mit seinen 31 Jahren einen neuen Altersrekord für Politiker in Spitzenämtern aufzustellen.

Für frischen Wind dürften die Macrons und Kurz insbesondere in den gediegenen Versammlungsräumen Europas sorgen. Nicht allein ihr federnder Schritt durch die Korridore der EU-Machtzentren dürfte sie von den Altherren und -damen Europas unterscheiden. Wie Frankreichs neuer Staatschef die EU sieht, hat er bereits vor den Wahlen gesagt. Und daran will er, so seine Ausführungen gleich nach Amtsantritt, unverrückbar festhalten.

Nichts werde von seinen Versprechen zurückgenommen. Den neuen Stil, der Europa seiner Ansicht nach kennzeichnen müsste, hatte Österreichs Sebastian Kurz bereits vor Monaten u.a. in der Flüchtlingspolitik vorgezeichnet. Ob die neuen Gesichter jedoch wirklich revolutionär neue Ideen einbringen werden? Mit Edouard Philippe hat Macron gestern einen kaum bekannten Akteur aus der französischen Politszene zum Premierminister ernannt.

Bereits in den Tagen vor dieser offiziellen Ankündigung, als Philippe bloß ein hartnäckiges Gerücht war, hatten die Medien das Etikett geprägt. Der Mann aus den Reihen von „Les Républicains“ sei Juppéist, also ein treuer Anhänger Juppés und seiner politischen Ansichten. Wie der Altpremier Juppé tickt, wissen die Franzosen seit Jahrzehnten. Ähnliches wird man wohl auch von anderen neuen Kabinettsmitgliedern sagen können.

Das Verfallsdatum für Politiker und Politikerinnen ist kürzer geworden. Für die politischen Vorstellungen, die sie teilen, jedoch nicht. Sie bleiben dieselben, auch wenn der Name der Partei oder Bewegung ändert. Nur die Form, wie diese politischen Ziele durchgesetzt werden sollen, wird eine andere sein.