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Drei Veranstaltungen zur Zukunft des Landes

Der Staatshaushalt steht, hohe Investitionen und eine anstehende, Kaufkraft fördernde Steuerreform dürften den wirtschaftlichen Aufschwung in Luxemburg, der kaum mehr für möglich gehaltene Wachstumsraten hervorbringt, weiter konsolidieren. Die sinkende Arbeitslosigkeit verstärkt diesen Trend, niedrige Zinsen und niedrige Ölpreise helfen den Indikatoren der nationalen Ökonomie ebenfalls nach oben. Alles im Lot demnach?

Nicht ganz: Das hohe Wachstum impliziert u.a. eine höhere Beschäftigung sprich mehr Menschen, die mit öffentlichem Transport oder (zu oft noch) Individualverkehr zu ihrem Arbeitsplatz fahren. Die aktuelle Regierung setzt mit Konsequenz das fort, was die vorherige begonnen hat; den Ausbau des Eisenbahnnetzes also, die schnelle Realisierung einer hauptstädtischen Trambahn, den Bau von peripheren Bahnhöfen mit entsprechenden Auffangparkplätzen zum schnellen Wechsel von Zug oder Auto auf Tram sowie neue Busspuren.

Dies alles mit dem Ziel, „effiziente Mobilitätsketten“ für die zahlreichen Arbeitnehmer, darunter viele Grenzgänger, die in der Hauptstadt arbeiten, zu schaffen. Bis 2020, so das Minimalziel des Nachhaltigkeitsministeriums, soll ein „modal split“, also eine Verteilung des Verkehrs auf öffentliche und private Transportmittel, von 25 Prozent (öffentlich) erreicht werden.

Ganz ohne Straßen und ohne Autos wird es allerdings nicht gehen, und so wird ebenfalls in das Straßennetz investiert.
Das Wachstum hat also verkehrstechnisch eine Kehrseite, die sehr viel Geld kostet, die umweltbelastend ist und die an der Lebensqualität nagt.

Dabei ist der Verkehr nur ein Aspekt negativer Auswirkungen der florierenden Wirtschaft. Was für viele europäische Staaten als Luxusproblem daherkommt, ist keins. Dies räumte auch Finanzminister Gramegna bei der Präsentation des Haushaltes ein: Der Verkehr ist alles andere als flüssig. Morgens und abends verlieren Zehntausende Beschäftigte viel Zeit und viele Nerven in Staus. Jeder kleinste Unfall führt quasi automatisch zum kompletten Zusammenbruch.
Ob die geplanten Maßnahmen (siehe oben) dies nachhaltig ändern werden, ist fraglich; wächst die Wirtschaft weiter in dem erlebten Tempo – und nach der Krise haben es die Befürworter einer ökonomischen Entschleunigung schwer –, werden wir weiter den Problemen hinterherhinken bzw. nach einem kurzen Aufschub erneut nach (noch teureren) Lösungen suchen müssen.

Am 7. und 10. November soll die Problematik auf Initiative der Regierung unter dem Motto „Wéi ee qualitative Wuesstem fir eist Land?“ analysiert werden. Das „Mouvement écologique“ hat bereits im Vorfeld den Titel kritisiert und gefragt, ob Wachstum überhaupt noch Sinn mache.

Über die Probleme zu reden, erscheint jedenfalls sinnvoller, als es sein zu lassen, auch wenn kaum anzunehmen ist, dass einer der Experten, der interessierten Bürger, der „Forces vives“ der Gesellschaft oder der beteiligten Minister wie einst Alexander der Große diesen gordischen Knoten mit einem einzigen Schwerthieb löst …

rschneider@tageblatt.lu