Keine Komplizen sein

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(Alain Rischard/editpress)

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Medien dürfen Terrorbotschaften nicht verherrlichen

„Wir dürfen nicht die Tatsachen oder den Werdegang der Mörder verheimlichen, deswegen sind wir nicht für eine Anonymität. Aber es werden keine Fotos mehr verwendet, um ihren Werdegang zu beschreiben.“ Ein wenig spät, aber immerhin. Obiges Zitat stammt von niemand anderem als dem Chefredakteur von Le Monde.lu, Jérôme Fenoglio. Mehrere französische Leitmedien haben sich nach der medialen Terror-Hysterie dafür entschieden, nicht mehr jeden Unfug mitzumachen, um Online-Clicks in die Höhe schießen zu lassen.

Ein Foto könne Opfer und Täter auf eine Ebene stellen, lautet die sinnvolle Begründung. Allerdings zeigen bereits Einwände anderer Leitmedien, wie komplex der mediale Umgang mit der Terror-Thematik ist. „Fotos von Terroristen abzudrucken und sie zu verherrlichen, ist nicht dasselbe“, meint etwa Johan Hufnagel von Libération.

Blickt man auf die vergangenen Wochen und die Art und Weise, wie Medien mit Terroristen umgehen, kann man nur zur Schlussfolgerung gelangen, dass die Namen und Fotos der Attentäter in keiner Weise zur Aufklärung der Öffentlichkeit beitragen. Insofern kann man eher Fenoglio als Hufnagel beipflichten, dass alle Fakten auf den Tisch gehören. Das Publizieren von Fotos birgt jedoch die Gefahr, Terror zu personalisieren. Nicht ohne Grund bekennt sich die islamistische Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zu jeder noch so schwachsinnigen Tat und publiziert Bilder und Mitteilungen zu den Verbrechen ihrer angeblichen „Krieger“.

Höhepunkt dieser Absurdität ist der Grad an Professionalisierung, mit dem sich der IS der Mittel des modernen Journalismus bedient. Es werden qualitativ hochwertige Infografiken mit den „Erfolgen“ der Attentäter erstellt, publiziert und im Netz zirkulieren gelassen. Umso mehr müsste es Journalisten auffallen, dass sie nicht auf die gleiche Art und Weise wie der IS berichten dürfen. Eines der ärgerlichsten Beispiele für den Erfolg der IS-Propaganda, die immer noch ihre Wirkung entfaltet, ist die Reaktion auf Botschaften der Terroristen.

Während das Online-Hochglanz-Magazin Dabiq mittlerweile ein wenig an Sexiness verloren hat, gibt es einen neuen Star im IS-Lager: Amaq. Mainstream-Medien nennen sie die „Nachrichtenagentur“ des IS. Absurder geht es kaum. Wie kann sich eine Nachrichtenagentur wie AFP oder Reuters mit der Propaganda-Agentur des IS auf eine Ebene stellen? Anschlag, Empörung, Meldung, Reaktion des IS, Amaq – in dieser Logik-Kette wird ohne kritisches Wort jeder Schrott der Verliererbande IS übernommen und potenziert.

Denn auch ohne Leitmedien findet der IS seit langem Gehör in den sozialen Medien, wo seine „Meldungen“, die nichts anderes als Propaganda sind, zirkulieren. Demnach werden Medien zu Mittätern im Kampf des IS um Köpfe und Herzen, wenn sie auch nur ansatzweise irgendeinen Terrorakt personalisiert darstellen oder blindlings seine Botschaften verbreiten.

Deshalb darf man Amaq nicht als staatliche Nachrichtenagentur wie IRNA im Falle des Irans behandeln. Man sollte die Terror-Medien nicht zu Wort kommen lassen. Der IS ist kein Staat und es muss mit allen Mitteln versucht werden, den Terroristen jeden Hauch von Staatlichkeit abzusprechen. Alles andere spielt dem IS in die Hände.