Sie rechnet sich nicht

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Der japanische Elektronikkonzern Toshiba wollte wachsen und setzte auf Atomkraft. Das Resultat: Zu Jahresbeginn wurde die betreffende Tochter (Westinghouse) in die Insolvenz geschickt und der Aktienkurs von Toshiba stürzte um fast die Hälfte ein. Milliarden mussten abgeschrieben werden. Der Hintergrund: Bei zwei AKWs in den USA, die schon im Bau waren, stiegen die Kosten dramatisch an.

Und dem europäischen Wettbewerber von Westinghouse, dem französischen Konzern Areva, geht es nicht viel besser. Nach der Katastrophe von Fukushima geriet das Unternehmen in eine schwere Krise. Es gab keine neuen Aufträge und die Kosten der wenigen Werke, die sich noch im Bau befanden, explodierten. In kurzer Zeit häufte der Erbauer von Atomkraftwerken rund zehn Milliarden Schulden an. Mit Steuermilliarden und einer Teil-Übernahme durch (die bereits hoch verschuldete) teilstaatliche EDF konnte die Insolvenz vermieden werden.

Und trotz der staatlichen Rettungsspritzen ist die Zukunft des Konzerns nicht gesichert. Da gibt es beispielsweise den im Bau befindlichen Reaktor Olkiluoto in Finnland. Ursprünglich sollte er 2009 den Betrieb aufnehmen – mittlerweile ist die Rede von 2018. Zudem droht der Bau sich zu einem Verlustgeschäft zu entwickeln. Die Kosten liegen bereits drei Mal höher als ursprünglich vorgesehen. Eine ähnliche Kostenexplosion gibt es bei dem sich im Bau befindenden Werk Flamanville in der Normandie.

Und das Projekt Hinkley Point in Großbritannien, in das die Atombranche große Hoffnungen setzt, ist mehr als umstritten. Kritiker reden von „wirtschaftlichem Wahnsinn“. Sie klagen vor allem darüber, dass London dem neuen Werk neben einer staatlichen Kreditgarantie auch noch staatlich garantierte Preise für den dort hergestellten Strom anbieten will. Und dieser Preis soll deutlich über dem Marktpreis liegen – und mit der Inflation sogar noch weiter steigen können. Dass Großbritannien das Werk trotzdem bauen will, liegt demnach kaum an seiner Wirtschaftlichkeit. Medienberichten zufolge geht es um ein Programm für nukleare militärische Unterseeboote.

All dies deutet darauf hin, dass sich das Betreiben von Atomkraftwerken, aus privatwirtschaftlicher Sicht, nicht mehr lohnt. Das hatte auch Ignacio Sánchez Galán, Chef des zweitgrößten spanischen Stromerzeugers Iberdrola, in einem Interview erklärt: „Die Atomkraftwerke sind wirtschaftlich nicht tragbar.“

Dabei war die Atombranche jahrzehntelang ein Paradebeispiel dafür, was die Privatisierung von Gewinnen (ausgezahlt in Dividenden) und die Sozialisierung der Kosten angeht. Das wird auch durch den Atomausstieg in Deutschland noch einmal verdeutlicht. Für den Abbau der Werke sind nicht genügend Milliarden vorgesehen – und bei der langfristigen Atommüll-Lagerung wird der Staat einspringen. Die Betreiberfirmen können sich das nicht leisten. Die Dividenden sind ausgezahlt und die Reserven werden nicht ausreichen.

Auch für den Fall einer (unwahrscheinlichen, aber nicht unmöglichen) nächsten Katastrophe haben die Kernkraftwerksbetreiber nicht vorgesorgt. Sie haben keine Versicherung, die auch nur annähernd für entstehende Kosten aufkommen kann. Wenn also, nach Three Mile Island (1979), Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011), die nächste Katastrophe ansteht, wird der Steuerzahler wieder herhalten müssen. Auch die japanische Firma Tepco ist mittlerweile verstaatlicht.

cmuller@tageblatt.lu

N. Leibach
18. September 2017 - 17.19

N.Leibach Die die den Nutzen (Gewinn) die ganze Zeit hatten, sollen auch für die zukünftigen Kosten für Entsorgung der AKW`s und die Endlagerung der Brennstäbe aukommen. NICHT NUR DEN GEWINN EINSTREICHEN, UND DANN VON NICHTS MEHR WISSEN WOLLEN !!!

Clemi
27. Juni 2017 - 13.50

Abschalten, alle