„Näher an die Realität“

„Näher an die Realität“
(Alain Rischard/editpress)

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Die CSV auf dem Prüfstand

Die Frage nach dem Spitzenkandidaten für die nächsten Parlamentswahlen im Jahr 2018 dürfte der CSV noch zur einfachsten Übung gereichen. Wohl eher geringe Chancen auf den Posten dürften all jene CSV-Abgeordneten haben, die sich zurzeit in wenig attraktiven, zumeist „One man“- oder „One woman stand“-Pressekonferenzen, oft gewappnet mit Dokumenten aus früheren CSV-Regierungszeiten, zu den unterschiedlichsten Themen äußern und sich als zukünftig ministrabel ins beste Licht zu rücken versuchen.

Das noch nicht ganz klare Comeback eines Luc Frieden wird ebenfalls kaum Probleme bereiten. Ein gewählter Abgeordneter, der nach kurzer Zeit den politischen Job hinschmeißt, weil er nicht in der Opposition verbleiben will, hat sich in dieser Frage doch schon ein wenig ins Abseits manövriert, wie selbst eingefleischte CSV-Anhänger eingestehen.

Internationale vs. nationale Kompetenz

Schwieriger wird es, wenn der geschlechtsspezifische Begriff Einzug in die interne Debatte hält. Eine auf dem internationalen Parkett kompetente Viviane Reding, die schon Andeutungen in Richtung „Verantwortung übernehmen“ gemacht hat, wird einem vielleicht eher national kompetenten Kandidaten wie Claude Wiseler das Leben durchaus nicht leicht machen.

Wobei das mit der Kompetenz auch so eine Sache ist. Keiner weiß dies besser als die CSV. Laut einer eigenen Umfrage vom Februar letzten Jahres sind es ausgerechnet die CSV-Wähler, die ihrer Partei in wichtigen politischen Bereichen weniger Kompetenz zugestehen als der allgemeine Landesdurchschnitt (Tageblatt 3.2.2015)
Laut dieser Umfrage trauten der CSV zwar 67% aller Wähler zu, die Zukunft des Landes absichern zu können. Bei den eigenen Wählern, solchen also, die sich in der CSV besser auskennen als andere, fiel diese Rate auf bestürzende 37% ab. Die CSV reagierte mit der Ausarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms, das man nächsten Monat verabschieden will.

Konservativ bleiben, aber halt weniger konservativ

Obwohl laut zitierter Umfrage nur noch 23% der CSV-Wähler (landesweit: 16%) der christlichen Weltanschauung eine bedeutende Rolle in der Politik beimessen, will man nicht modern werden, sondern konservativ bleiben, aber halt weniger konservativ, wie auf der Webseite nachzulesen ist. Alles war so schön geplant.

Doch ausgerechnet in dieser neuen CSV-Phase schlägt der Streit innerhalb des katholischen Lagers wegen der Trennung von Kirche und Staat voll durch. Stellt sich nun die CSV, die das Prinzip der Trennung mitträgt, gegen den Erzbischof, hat sie ein ernstes Problem. Stellt sie sich auf die Seite des Bischofs, ein tiefgreifendes. Denn dann zieht sie den Unmut der sich im Stich gelassen fühlenden landesweit 285 Kirchenfabriken wegen deren geplanter Auflösung auf sich.

Besorgte CSV-Gemeinderatsmitglieder

Was auch viele CSV-Gemeinderatsmitglieder besorgt umtreibt, die zudem bedauern, dass sie das Defizit ihrer Kirchenfabrik nicht länger tragen „dürfen“, wie sie die bisherige Defizit-Ausgleichspflicht der Gemeinden umschreiben. Und die Abschaffung des Religionsunterrichts an den Schulen gestaltet sich zum CSV-Prüfstein.

Der Mehrwert durch das mit einem hohen „C“ im Namen präsentierte neue Programm droht ausgerechnet durch verwandte Lager, diese allerdings mit einem hohen „C“ im Gemüt, verschwindend gering auszufallen. Um es mit Erzbischof Hollerich zu sagen, allen Umfragen zum Trotz: „Durch die Trennung von Kirche und Staat rücken wir näher an die Realität.“