Von Gorbimania bis hin zum Vorwurf des Landesverrats: Michail Gorbatschow polarisiert immer noch wie kaum ein anderer zeitgenössischer Politiker. Die ehemalige Sowjetspitze wird heute 85 und mischt so fleißig wie eh und je in öffentlichen Debatten mit. Während viele seiner Ansichten streitbar sind, besteht kein Zweifel an der Deutlichkeit und Weitsicht seiner Aussagen.
Für viele ist Gorbi, wie ihn seine Verehrer liebevoll nennen, ein Hoffnungsträger, ein Symbol für den Wandel und die Möglichkeit, ein besseres Leben zu führen. Für seine Gegner ist er der Henker der Sowjetunion, dem man bis heute nicht verzeihen will. Wie so oft ist Gorbatschows wirkliches Ich irgendwo in der Mitte zu finden. Die schönste und realistischste Beschreibung Gorbatschows ist immer noch jene des Pirouetten drehenden Mythenschöpfers. Für viele ist Gorbatschow selbst der Mythos. Allerdings hat er vor und nach dem Fall der UdSSR durch seine politischen Pirouetten oft den Kurs wechseln können und somit zu seinem eigenen Mythos des Reformers beigetragen, der zu allen Zeiten die richtige Antwort parat hatte.
Ohne Gorbatschows Vermächtnis kleinreden zu wollen, sollte dennoch nicht ausgeklammert werden, dass auch er kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion kein Mehrparteiensystem zulassen wollte und sich in vielen Bereichen trotz Glasnost und Perestroika mit grundlegenden Reformen schwertat.
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