Die Welt ist uns egal – Nach den USA und Ungarn verlässt Österreich den UN-Migrationspakt

Die Welt ist uns egal – Nach den USA und Ungarn verlässt Österreich den UN-Migrationspakt

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Auf die USA folgte Ungarn. Auf Ungarn folgt nun Österreich. Die Regierung in Wien hat am Mittwoch bekannt gegeben, sich aus dem UN-Migrationspakt zurückzuziehen. Der soll zwar erst im Dezember in Marrakesch unterschrieben werden, aber trotzdem. Donald Trumps Abschottungspolitik machte demnach erst Schule beim rechtsnationalen Viktor Orban und jetzt bei den selbsternannten Brückenbauern der rechts-konservativen Koalition der Alpenrepublik.

Die Abschotter schotten sich nun gemeinsam vor einem Abkommen ab, das nicht einmal verbindlich ist. Bedeutung hat es dennoch. Der frühere UN-Generalsekretär Antonio Guterres nannte die Absichtserklärung, die mit ihrem kompletten Namen „Globaler Pakt für sichere, reguläre und geordnete Migration“ genannt wird, eine „wahrhaft historische Vereinbarung“.

Worum es überhaupt geht

Doch worum geht es überhaupt? Die Initiative reicht auf ein noch vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama im September 2016 angeregtes UN-Gipfeltreffen zu Flucht und Migration zurück. Zum Schutz von Flüchtlingen gibt es weltweite Vereinbarungen. Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR soll diese garantieren. Aber Migranten sind – egal wo sie sich auf der Welt befinden – nicht durch ein ähnliches Regelwerk geschützt. So gibt es auch keine UN-Migrationsorganisation. Die Internationale Organisation für Migration, die IOM, hat andere Aufgaben. Sie ist ein Serviceanbieter für Mitgliedstaaten, sie berät in Migrationsfragen, hilft beim Management und bei Rückführungen.

Was will der Migrationspakt? Im Grunde genommen werden 23 Ziele verfolgt, damit Migranten irgendwann einmal besser geschützt sind vor Ausbeutung, Menschenhandel, Diskriminierung. Darüber hinaus soll legale Migration mittels bestimmter Routen irgendwann einfacher möglich werden. Auch sollen genauere Zahlen zu den weltweiten Migrationsbewegungen erhoben werden. Die Daten der Migranten sollen besser erfasst werden. Und natürlich, so der Pakt, sollen die Fluchtursachen gemindert werden: Weniger Hunger, weniger Krieg, mehr Gleichheit gehören zu den Zielen. Und bevor wir es vergessen, hervorgehoben wird auch die Notwendigkeit eines  „ganzheitlichen, sicheren und koordinierten Grenzschutzes“.

Worum es sicher nicht geht

Was mit dem Migrationspakt nicht beabsichtigt wird, ist eine ungebremste Masseneinwanderung nach Europa oder sonstwohin. Mit dem Migrationspakt wollte sich die Welt eigentlich nur zur eigenen Wirklichkeit bekennen, die da heißt: Ja, es gibt Migration, es hat sie immer schon gegeben und es wird sie auch weiterhin geben – wie stellen wir uns also an (wohlwissend, dass Fragen der Migration nur gemeinsam und nie von einem Staat alleine beantwortet werden können), damit diese Menschen einen minimalen Schutz genießen? Mehr nicht.

Außer vielleicht, dass die Staaten, die am meisten unter dem Druck von großen Migrationsbewegungen stehen, nicht in Europa liegen und dass auch die USA nicht dazugehören. Betroffen sind vor allem afrikanische und asiatische Länder, die den Pakt dementsprechend umso dringender brauchen. Er ist in dem Sinne auch eine Anerkennung der Lasten, die auf diesen Staaten liegen. Dem Pakt die Unterzeichnung zu verweigern, ist demnach auch eine Botschaft an diese Staaten: Eure Probleme gehen uns nichts an!

Wo zum Teufel liegt also der Haken für Wien, Budapest, Washington? Vielleicht ist es Folgendes: Das Abkommen macht etwas, das in den Augen von Kurz und Strache, von Orban sowie von Trump unerhört erscheint – es weist auf die Vorteile von Migration hin und nennt sie „Quelle globalen Wohlstands, Innovation und nachhaltiger Entwicklung“. Das geht natürlich nicht. Denn das widerspricht allem, was genannte Regierungen rund um die Uhr von sich geben, um ihre jeweilige Politik durchzusetzen und die eigenen Bürger in Angst und Schrecken vor Fremden zu behalten. Die oft angeführte Sorge um die eigene staatliche Souveränität ist unbegründet. Wie bereits erwähnt, ist das Abkommen nicht einmal rechtlich bindend.

Mit den Argumenten der Rechtsextremen

Was darüber hinaus von Interesse ist, sind diejenigen, die seit 2016 gegen den Migrationspakt mobil machen. Das sind vor allem die rechtsextremen und unter Beobachtung des Verfassungschutzes stehenden Identitären in Österreich und anderswo in Europa – deren Argumente gegen den Pakt jetzt quasi eins zu eins von der Wiener Regierung in die Tat umgesetzt wurden. Und nicht nur von der in Wien mitregierenden rechten FPÖ, sondern auch vom konservativen Kanzler Kurz der Presse dargelegt werden.

Was die Lega in Italien machen wird, darauf darf man gespannt sein. Eigentlich sollte Italien wegen seiner exponierten Lage den Pakt begrüßen. Aber um Realitäten geht es schon lange nicht mehr in dieser Diskussion. Fake Politics.

Hier geht es zum Originaldokument des UN-Migrationspaktes

Auf den Spuren Trumps – Wien verweigert sich dem Globalen Migrationspakt

 

T. Grommes
4. November 2018 - 10.50

Dieser ach so harmlose und unverbindliche "Pakt", an den Parlamenten vorbei durchgewunken- unsere Politgrössen munter voran- hebelt mal eben unsere Souveränität in Sachen Einwanderung und Migration aus. Zitat aus Petitionstext BRD: "Alleine Deutschland soll laut Empfehlung der UN bis 2035 jährlich 2 Millionen Migranten aufnehmen. (...) Mit diesem Abkommen werden die UN-Mitgliedstaaten sich verpflichten, Flüchtlinge und Migranten unabhängig von ihrem legalen Status gleichzustellen. In der Praxis kann dies bedeuten, dass selbst illegale Migranten nicht in ihre Herkunftsländer ausgewiesen werden. Denn dies könnte nach den neuen UN-Richtlinien gegen die »Menschenrechte« verstoßen. Je nach rechtlicher Auslegung könnten dann sogar illegale Grenzübertritte nicht mehr kriminalisiert werden. Der sogenannte Globale Pakt der UN und der EU verlangt dann von den EU-Staaten, das diese Menschenrechte in Bezug auf Migration respektiert werden. Die gesamte Migrationspolitik der UN wird nach der Ratifizierung auf den sogenannten Menschenrechten aufgebaut. Das bedeutet: Wann immer Menschen sich in einer »schwierigen« Lage befinden, könnten sie nach Europa kommen. Dies wäre nach der UN ihr Menschenrecht. Das können Schwierigkeiten wie Ernährungsunsicherheit, Armut oder Opfer der »Folgen des Klimawandels« sein. Das heißt: Wirtschaftsmigranten werden dann wie Flüchtlinge behandelt. " Zudem: Kritik an Migration soll zukünftig verfolgt werden. Und der Pakt unterstellt, dass Migration per se positiv sei, was in vielen Hinsichten nicht stimmt: Die Folgen der Masseneinwanderung bildungsferner Völkerschaften in die Sozialsysteme, sind in unseren Nachbarländern bereits seit langem zu beobachten. Masseneinwanderung und Sozialstaat schliessen sich auf Dauer aus. Profitieren tut das Grosskapital, verlieren alle anderen. In diesem Spiel sind wir alle Verschiebemasse, nicht nur die Migranten. Deshalb: Verantwortungsethik statt Gesinnungsethik!

GuyT
2. November 2018 - 18.02

Im Text kommt rund 60x das Wort "Verpflichtung" bzw wir "verpflichten uns" vor. Das gibt einem zu denken, wenn es heißt dieses Abkommen wäre nicht bindend. Internationales Recht entsteht langfristig über den Umweg solcher Soft Laws. Zusammen mit dem Resettlement Programm der UN erkennt manch einer eine bestimmte politische Agenda die man dann aber auch ehrlich und ergebnisoffen mit den Bürgern der EU klären sollte.

Grober J-P.
2. November 2018 - 13.52

Das so christliche Abendland hat seine Prinzipien aus dem Auge verloren. Wie sagte Markus: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst". Man schließt daraus, viele können sich selbst nicht ausstehen, vor allem die welche so gerne an Gott glauben.

GuyT
2. November 2018 - 0.18

Lobenswert ist es den Link zu dem Originaldokument zu geben. Wie so oft bei diesen Soft Laws sind die tatsächliche Langzeitwirkung nicht unbedingt jene die man bei oberflächlichen Lekture erkennt.

tarzan
1. November 2018 - 19.04

Warum sollte man ein abkommen unterzeichnen das nicht bindend ist, also das papier nicht wert ist? Was aber wenn eine ong ein migrationsrecht einklagt?? Da auf hoher See und vor gericht alle in gottes hand sind, weiss man nie wie die sache dann ausgeht. solche abkommen sind recht schwammig und da ein paragraph den andern aufheben kann (beispiel: Maastrichter abkommen das den eu-staaten steuerhoheit garantiert aber dieses recht durch die eu-kommission (wettbewerbverzerrung??? teilweise ausgehebelt wird.) So gesehen muss man den ösis wohl recht geben. Das liebe leute hat nix mit rechts, links oder oben unten zu tun .

Paula
1. November 2018 - 12.51

Ich habe mir jetzt die Mühe gemacht, diese Papier durchzulesen. Mal davon abgesehen, dass zuviel hineingepackt wurde, sagt es mir, dass die Verfasser: 1. die Rechnung ohne die Menschen gemacht haben 2. viel “wishful thinking” mitgespielt hat. Die kindliche Art wie es aufgesetzt ist errinnert mich an die Schule: wir, wir, wir (die empfangenden Länder) verpflichten uns für so ziemlich alles. Von den Migranten dagegen wird nicht viel verlangt; da heisst es u.a. Respekt vor “ Kultur, Tradition und Gebräuche von Zielländern”. Das genügt mir nicht; als Frau missfällt mir vor allem folgendes: wir werden “den gegenseitigen Respekt für die Kultur, die Traditionen und die Gebräuche der Zielgesellschaft und der Migranten fördern”. Nein, ich werde ganz sicher nicht Traditionen und Gebräuche respektieren, die Frauen diskriminieren, infantilisieren, enthumanisieren. Ich erwarte mehr von Menschen, die sich bewusst in Richtung Europa aufmachen, und zwar nebst Respekt, die Akzeptanz der Gesellschaft, die wir geschaffen haben. Mir fehlt auch ein ganz wichtiger Punkt in dem Papier und der wäre, die Verpflichtung der Auswanderungsländer (gerne mit unserer Unterstützung) alles zu tun um die Situation der Frauen zu stärken und die Bevölkerungsexplosion in den Griff zu bekommen. Wenn diese Schritte erste Früchte tragen, dann erübrigt sich die Initiative in der jetzigen Form, die ich so auch nicht unterschreiben würde.

Jacques Zeyen
1. November 2018 - 9.06

."..hat es immer schon gegeben". Aber nie in dem Ausmaß wie heute. Dem Schutz von Migranten steht der Schutz vor Migranten entgegen. Wir waren es gewohnt das Elend in fernen Ländern zu beobachten,ja zur Kenntnis zu nehmen.Was haben wir getan? An Weihnachten eine Münze ins "Negerkindchen" an der Krippe geworfen.Gegen den Hunger in der Welt. Keine echte Hilfe im Sinn von Bildung,Technologietransfer und ,ganz wichtig,Geburtenregulierung durch Aufklärung.Zudem noch Waffenlieferungen an machtgeile Diktatoren. Jetzt ist es zu spät.Das Elend hat sich auf den Weg gemacht und wir wundern uns,dass die Glatzköpfe wieder marschieren. Heuchlei.

fort leefer
1. November 2018 - 8.56

Vielleicht ist Österreich auch nur konsequent genug einzusehen dass hier ein weiteres Luftschloss gebaut werden soll. Die EU hat sich verbindliche Auflsgen zur Migration gegeben, bloss halten sich nicht alle daran. Es gibt viel Tamtam aber es bleibt ohne Folgen, und dabei handelt es sich nur um 28 Staaten. Was soll also dabei besser werden wenn dann 196 Staaten zusammen kommen ?