Aufgeschoben …

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Kataloniens Regionalpräsident Carles Puigdemont setzt auf Deeskalation. Es ist das einzig Vernünftige, was er tun konnte. Der Katalane verzichtete gestern Abend vor dem Regionalparlament auf eine Unabhängigkeitserklärung. Meinungsverschiedenheiten in der Regierungskoalition verhinderten eine Abstimmung. Aber aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben. Stattdessen sprach Puigdemont von „Demokratie und Frieden, um voranzukommen“ und fügte hinzu: „Wir sind offen für jede Art von Dialog, um das Referendum auf legale Art abzuhalten.“ Und es gibt auch noch Artikel 155 der Verfassung, den Joker von Spaniens Präsident Mariano Rajoy. Wird diese Karte ausgespielt, ist die Regionalregierung in Katalonien entmachtet und Madrid übernimmt das Steuer.

Puigdemont steht nicht nur ein sturer Rajoy im Weg. Auch die EU macht Druck. Das eigentliche Problem ist die spanische Verfassung. Um ein legales Referendum zur Abspaltung Kataloniens durchführen zu können – so wie es Schottland in Großbritannien tat –, muss die spanische Verfassung zuerst geändert werden. Doch ohne Dialog mit Madrid wird sich in dieser Angelegenheit rein gar nichts bewegen. Das weiß auch Puigdemont.

Das brutale Eingreifen der spanischen Polizei am 1. Oktober und die nun vermutete Erklärung zur Unabhängigkeit haben dem Katalanen allerdings viel Aufmerksamkeit beschert. Und genau das ist es, was er jetzt braucht. Denn seine gestrige Rede – unter den Augen aller Welt – hat dadurch mehr Gewicht bekommen. Prompt kündigte Rajoy an, heute Nachmittag Stellung zu nehmen. Verschließt sich der Konservative aus Madrid einem Dialog, könnte das die Stimmung in Katalonien weiter anheizen statt beruhigen. Denn längst nicht alle Katalanen stehen geschlossen hinter einer Abspaltung. Aber um dies rauszufinden, wäre ein legales Referendum sinnvoll. Dann könnte endlich Ruhe einkehren. Der Ball liegt nun bei Rajoy. Fortsetzung folgt.