Unser Menschenbild rational betrachtet

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Der Familienstammbaum einer Spezies.

Ein uraltes Problem der Biologen – von Philosophen bereits im 12. Jahrhundert im weiteren Sinne als Universalienproblem abgehandelt – ist die Unmöglichkeit, Arten, auch Spezies genannt, zu definieren.

Es gibt immer mehr Begründungen dafür, weshalb der Begriff Art eine abstrakte Entität ist, ein menschliches Konstrukt. Weil lebende Organismen über Generationen hinweg unstetig, also transient sind, kann eine Definition, die immer nur mit einem unveränderlichen Abbild und einer festen Vorstellung in unserem Hirn verbunden sein kann, nie dauerhaft zutreffend sein. Jede Definition ist nur über eine Beschreibung der Eigenschaften möglich, für Lebewesen jedoch ändern sich diese Eigenschaften über die Zeit, sie evolvieren ständig. Unter dem Thema „The Species Problem“ findet man übrigens unzählige Bücher und Abhandlungen zu dieser Problematik.

Früher wurde für jedes bekannte, unterschiedlich aussehende Tier eine Artbezeichnung, also eine Benennung, festgelegt, basierend auf seinem damaligen Aussehen (Carl von Linné 1707-1778).

Auch wenn das sog. Artproblem für viele uninteressant erscheinen mag, ist zu bedenken, dass es gleichermaßen die Menschenart betrifft. Auch da haben wir, vielleicht vor 10.000 Jahren, uns selbst eine Benennung gegeben, als wir sprechen gelernt haben. Jetzt benutzen wir diese Benennungen als Eigenschaft, wir sagen jetzt: „Wir sind Menschen.“

Wir zitieren gerne Schönes über uns von früheren Denkern und Philosophen, wie Descartes und Kant, die in einer Zeit lebten, als der Mensch noch als erschaffen galt und daraus geschlossen wurde, dass der Mensch etwas Höheres sei.

Die Klügeren überlebten

Wenn wir aber unseren Familienstammbaum weit genug zurückverfolgen, stoßen wir unabwendbar auf Vorfahren, die sehr viel einfachere Lebewesen waren als wir. Zwischen diesen Lebewesen und uns muss es eine ununterbrochene Reihe von Generationen geben. Wenn ein bestimmtes Baumbewohner-Pärchen sich damals nicht gefunden hätte, würden viele von uns heute nicht da sein! Es sind diese ununterbrochenen, aufeinanderfolgenden Generationen mit den jeweiligen Veränderungen des Erbgutes, die zu uns geführt haben, wobei jede Generation eine Reproduktion der vorigen mit geringfügigen Veränderungen durch Mutationen, Rekombination, Gendrift und Selektion ist. Dieselbe Regel gilt natürlich auch für die anderen Menschenartigen, Orang-Utans und Gorillas, die etwas anders evolviert sind als wir.

Es wird immer wieder, auch von Sachkundigen, von einer „Entstehung“ des Menschen oder der Menschheit gesprochen. Bei Tieren wird eine Entstehung gewöhnlich nicht hinterfragt. Gerne wird ein gefundenes, fossiles Skelett, etwa mit der Gestalt eines heutigen Äffchens (Lucy u.a.), als „Entstehung“ der Menschheit gedeutet. Lucy hatte sich nicht nur in den Bäumen aufgehalten, sondern ihr Skelett zeigte Anpassungen an den aufrechten Gang. Auch heutige Affen gehen manchmal aufrecht. Es war vielleicht der Anfang des aufrechten Ganges, aber keineswegs die „Entstehung“der Menschheit.

Eine „Entstehung“ betrifft immer etwas Neues, ein Elternpaar kann sich aber nur reproduzieren und nichts „Neues“ in die Welt setzen. Eine Entstehung gab es, nach heutigem Wissen, nur einmal, als das Leben überhaupt entstand, vor etwa 3,5 Milliarden Jahren. Danach ist alles nur noch evolviert.

Auf jeden Fall müssen wir – vielleicht ungern – einsehen, dass aus früheren Lebewesen, die wir Tiere nennen, Lebewesen geworden sind, die wir Menschen nennen. Sicher ist, das eine Generation keine kognitive Fähigkeit besitzen kann, die die vorherige Generation grundsätzlich nicht ebenso besaß. Kognitive Fähigkeiten können auch nur evolutionär wachsen und nicht „entstehen“.

Unsere Kommunikationsfähigkeiten haben sich über die Jahrtausende enorm entwickelt und damit wurde unser Kollektivwissen immer größer. Um das Sprechen möglich zu machen, war eine gewisse Evolution des Kehlkopfes erforderlich. Forscher haben festgestellt, dass diese Voraussetzung erst vor etwa 150.000 Jahren gegebe war und dass aber nur seit etwa 40.000 Jahren eine mehr oder weniger strukturierte Sprache existiert. Diese hat es uns erst möglich gemacht, die sog. menschlichen Eigenschaften zum Ausdruck zu bringen. Übrigens gibt es erst seit etwa ca. 6.000 Jahren Schrift- oder Zeichensysteme.

Weil wir, einmal aus den Bäumen, den größeren Tieren körperlich unterlegen waren, haben nur die Klügere überlebt (natürliche Auslese oder Selektion).
Aus den oben stehenden Überlegungen ergibt sich, dass das Art- und Artbildungsmodell, das heute noch gelehrt wird, der Realität nicht entsprechen kann. Die Ursache, weshalb dieses Modell beibehalten wird, ist die Notwendigkeit für unsere Kommunikation und die klassische biologische Wissenschaft, die eine „Entstehung“ einzelner Arten benötigen, um einzelne Benennungen möglich zu machen. So schreibt der Evolutionsbiologe Jody Hey: „Species do not exist except in the minds of biologists and their public.“

Linnés Erbe

Die Biologie hat prinzipiell die Nomenklatur von Carl von Linné beibehalten, der eine Konstanz der Arten postulierte. Heute wird, nach vielen anderen Hypothesen für die Artbildung, das Modell von Ernst Mayr (1904-2005) anerkannt, das, erstaunlich spät in der Entwicklung der Biologie, aus den 1940er-Jahren stammt. Auch hier gibt es keine Definition für den Begriff „Art“, aber es umschreibt, was zu einer Art gehören soll oder nicht. Eine Population von Lebewesen, die sich reproduzieren, ist dabei eine „Art“. Wenn Teile dieser Population sich absondern und nach langer Zeit so verschieden geworden sind, dass sie sich mit der Ursprungspopulation nicht mehr reproduzieren können, sind sowohl aus der Ursprungs- als auch aus der sich abgetrennten Population neue Arten geworden.

Es entstehen also, dieser Hypothese nach, zwei neue Arten, wobei die Ursprungsart als „ausgestorben“ gilt. In der Realität aber ist ein Lebewesen mit noch lebenden Nachkommen nicht ausgestorben!

Das wäre so, als ob wir sagen würden: Unser Urgroßvater ist ausgestorben!

Im folgenden Gedankenspiel wird die Irrationalität von Mayrs Konzepts veranschaulicht: Angenommen, ein Teil der Erdbevölkerung würde, z.B.wegen Überbevölkerung, auf einen anderen Planeten übersiedeln. Damit wäre eine Trennung der Menschenpopulation gegeben.

Nach Ernst Mayrs Artkonzept würden beide Populationen, sobald sich die extraterrestrische und die terrestrische nicht mehr miteinander fortpflanzen könnten, neue Arten sein.

Das heißt, dass der Nachwuchs der beiden Populationen der Noch-Menschen auf den zwei Planeten nach sehr langer Zeit, nach der sog. „Speziation“, zu neuen Arten werden würde und damit „die Krone der Schöpfung“ ausgestorben wäre!

Die Frage, wie und wann man diese Fortpflanzungsunfähigkeit (von beiden ganzen Populationen) feststellen könnte, sei hier mal außer Acht gelassen.
Es mutet wohl sehr merkwürdig an, dass der Mensch – oder auch ein willkürliches Tier – während seines Lebens zu einer neuen Art werden kann, eine neue Bezeichnung erhält und als ausgestorben (!) gilt.

Nach diesem Konzept entstehen neue Arten also nur formell, ohne reellen Bezug zur Natur, indem eine neue Bezeichnung
für ein und dasselbe Lebewesen bestimmt wird.

Weil so eine Art-Metamorphose wohl nicht schlagartig stattfinden kann, spricht die Biologie von Übergangsformen oder Zwischenformen von der einen Art auf die andere, der sog. Speziation oder Artbildung. Es wird aber nicht erläutert, was so eine Zwischenform überhaupt sein soll und wie man eine Art von einer Zwischenform unterscheiden kann. Waren wir früher mal halb Tier, halb Mensch? Wie sollten wir heute wissen, ob wir eine Art oder nur eine Zwischenform sind?

Übrigens, wenn es einen Gott gibt, dann hätte Er uns ja schon gekannt, als wir noch in den Bäumen lebten. Welchen Grund hätte er gehabt, uns gegenüber den anderen Baumbewohnern zu bevorzugen?