Schöpferische Disruption

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„Schöpferische Disruption“, ein Ausdruck, der an die Schumpeter’sche „Schöpferische Zerstörung“ anknüpft, war die unausgesprochene Überschrift des jüngsten Investment-Forums von Allianz Global Investors. Kennzeichen des Forums sind, dass die Strategen und „Chief Investment Officer“ aus der ganzen Welt zusammenkommen, um die langfristigen Trends für die Kapitalanlage zu diskutieren. Es ging um gleich dreierlei Arten von Disruption: die technologische, die politische und die des Asset Management.

Die technologische Veränderung fängt mit der Erkenntnis an, dass sich sowohl das Produktivitätswachstum der Industrie als auch das der aufstrebenden Staaten seit geraumer Zeit abschwächen. Trotz des technologischen Wandels. Zwar scheint es für die Wissenschaft klar zu sein, dass es hier zu Fehlmessungen kommt, die die tatsächliche Produktivitätsentwicklung unterzeichnen, aber der abwärtsgerichtete Trend ist dennoch gegeben. Disruption auch in der Politik. Man denke nur an die von US-Präsident Donald Trump geförderte De-Globalisierung und die immer multipolarer werdende Weltordnung. Dass die Disruption sich auch mehr und mehr durch ganze Gesellschafen zieht, wird schlaglichtartig durch den „Partisan Conflict Index“ der Zentralbank von Philadelphia klar. Dieser zeigt eine bisher nicht bekannte Divergenz zwischen US-Regierung und Kongress, die sich auch quer durch die Gesellschaft zieht, wie das Präsidentschaftswahlergebnis zeigt.

Automatisierung

Politische Veränderung folgt auf technologische Disruption. Der technologische Wandel transformiert den Arbeitsmarkt und macht sich bereits in der Lohnentwicklung und den Arbeitsplätzen bemerkbar. Nach einer Schätzung der Universität von Oxford sind knapp 50 Prozent aller Arbeitsplätze von der Automatisierung betroffen. Die Studie ist angreifbar, u.a. weil sie sich über neue Beschäftigungschancen ausschweigt, zeigt aber, wie stark die schöpferische Disruption wirken kann. Wenn immer mehr Kinder immer weniger als ihre Eltern verdienen, wird der amerikanische Traum schnell zum Albtraum. So verdienen ca. 50 Prozent der Generation von 1985 mehr als ihre Eltern. Bei der Generation von 1940 waren es noch über 90 Prozent.

Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte der Verteilungskonflikte. Ihre Zukunft auch. Gut, dass politische Disruption auch positive Folgen hat. Die Zustimmungsraten der Länder des Euroraums für den Euro steigen wieder – ein Zeichen des Zusammenhalts, wenn das Umfeld unruhiger und bestehende Bündnisse als „obsolet“ bezeichnet werden. Würde der Populismus an Raum gewinnen, würden sich die Zustimmungswerte anders verhalten.

Disruption ist auch ein Phänomen in der „Asset Management“-Branche. Die Anleger erwarten immer öfter Lösungen statt einzelne Produkte. Dies belegen die Zu- und Abflüsse bei den Fonds ebenso wie unser „Riskmonitor“, der das Stimmungsbild der institutionellen Investoren abbildet. Die Richtung heißt „Multi Asset“ und Risikomanagement und umfasst dabei auch neue Produktgattungen wie liquide „Alternatives“ oder die Beteiligung an langlaufenden Finanzierungen für Infrastrukturmaßnahmen („illiquide alternatives“).

Blick zurück

Dabei könnte sogar der Gipfelpunkt des passiven, nur an Benchmarks orientierten Managements überschritten werden. In einer Welt voller Veränderung werden Anlagelösungen, die sich rein an der Vergangenheit orientieren, obsolet. Beispiel: Die Verweildauer von Aktien im S&P 500 liegt mittlerweile nur noch bei 12 Jahren. Anfang der 60er-Jahre waren es 60 Jahre!

Das heißt für die Kapitalanlage: „Das Produktivitätswachstum wird sich voraussichtlich nur langsam verbessern, je stärker die neuen Technologien von den Pionierunternehmen in die Breite durchdringen.“ Der inflationäre Druck bleibt begrenzt, von Deflation kann aber kaum die Rede sein, zumal die Regierung Trump mit ihrer keynesianisch anmutenden Fiskalpolitik in der Spätphase des US-Wachstumszyklus zusätzlich Gas gibt.

„Die Zentralbanken haben in diesem Umfeld allen Grund, den Fuß vom Gas zu nehmen. Bei der Federal Reserve und wohl auch der Europäischen Zentralbank dürfte sich dieser Kurswechsel zunehmend bemerkbar machen, wenn auch im Falle der EZB wohl quälend langsam.“ Geopolitische wie geldpolitische Disruption sollten für Volatilität an den Kapitalmärkten sorgen, während das Segment für Staatsanleihen unverändert keine, wenn nicht sogar eine negative, Rendite erwarten lässt.

„Eine reale Rendite kann also nur durch das Eingehen kontrollierter Risiken erfolgen.“ Aktives Management ist ein Muss!

*Schöpferische Disruption wünscht Ihnen Hans-Jörg Naumer, Global Head of Capital Markets & Thematic Research von Allianz Global Investors