Wieso der Hype um Superjhemp nicht ungefährlich ist

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Jeff Schinker fragt sich, ist es wirklich "Nëmmen e Film?".

„’t ass dach nëmmen e Film“, ist so ungefähr die Standardantwort, wenn man sich über die konservativ-reaktionär-nationalistische Botschaft, die dem neuen Superjhemp-Streifen innewohnt, aufregt. Eine solche Aussage zeugt von dem niedrigen Stellenwert, den kulturelle Produkte heutzutage haben. Kultur soll unterhalten. Und es dabei belassen.

Wenn sie mehr fordert, wird sie zu anstrengend. Dass Kultur als Instrument politischer Kritik oder gar Subversion dienen kann, nimmt heutzutage kaum einer mehr wahr. Und so droht Kultur in ihrer Rolle als wirksamer Faktor einer polemischen Auseinandersetzung mit der Aktualität zu schwinden. Dies ist umso alarmierender, da der Deckmantel der Fiktion es seit jeher ermöglicht, gesellschaftliche Organisationen zu hinterfragen oder gar zu beeinflussen. In der Serie „24“ gab es einen schwarzen Präsidenten, bevor Obama ins Amt trat. Fiktion kann als Gedankenexperiment fungieren, kann im Unterbewusstsein Akzeptanz schaffen. Durch Fiktionen können wir uns andere Wirklichkeiten vorstellen. Und von diesen fiktionalen Welten kann sich die Realität durchaus inspirieren – um beispielsweise ein dystopisches Szenario zu verhindern oder eine wünschenswerte Darstellung in die Wege zu leiten.

Blockbuster-Filme erlauben es zudem, dem Zeitgeist auf den Zahn zu fühlen: Wenn ein Film besonders gut funktioniert, ist dies oft, weil er (meist auf kalkulierte Art) den ästhetischen, politischen und/oder gesellschaftlichen Nerv der Zeit trifft. So ist der momentane Erfolg von „Superjhemp Retörns“ nicht ganz so harmlos, wie man ihn gerne darstellen würde. Das Gesellschaftsbild, das der Film zeichnet, ist nämlich ziemlich beängstigend: Frauen haben wenig zu sagen, Ausländer gibt’s kaum, Monarchie und Familie gelten als einzige stabile Bezugspunkte. Diese verzerrte Wirklichkeitsdarstellung wird bei den konservativen Bürgern dieses Landes Anklang finden – in „Superjhemp Retörns“ gibt es sicherlich keine homosexuellen Kängurus.

Wieso der Film eine solche Botschaft vermittelt? Er tut es, weil seine Macher mehr Wirtschaftler als Kunstschaffende sind, weil der Film mehr auf Sponsoring als auf gut gemachte Unterhaltung pocht. Und da haben sie die Lektion, vor der David Foster Wallace bereits vor 20 Jahren warnte, gelernt: Ein Produkt soll ein größtmögliches Publikum anlocken. So begrüßt das reaktionäre Publikum die Wertschätzung der Monarchie und der Nation, den Linksintellektuellen verklickert man, ebendiese ideologische Botschaft sei doch bloß ironisch aufzunehmen – die lahmen Witze im Film haben eigentlich nur die Funktion, die politische Botschaft für den Notfall einer zu präzisen Analyse zu entschärfen. So kann man den Film ideologisch nicht festnageln: Er baut augenzwinkernd die Ausfallsicherung der Ironie ein, um auf allen Ebenen zu punkten. „’t ass dach nëmmen e Film.“

Ohne Kultur wirkt die Realität monoton, ohne Fiktion fahren wir auf einem einzigen Gleis. Und wir wissen, dass die Welt, in die die momentanen Lokführer der Realität – Trump, Erdogan etc. – uns bringen möchten, nicht unserer Wunschrealität entspricht. Ein Film hat heute die ethische Verpflichtung, nicht nur zu bestätigen, dass die Welt so reaktionär ist, wie die Alltagspolitik es zeigt, und so hoffnungslos kapitalisiert ist, wie wir dies in den Gängen der Großmärkte sehen. Wenn aber der Film zum reinen Produkt wird – Superjhemp war von Anfang an so konzipiert, darauf deutet das Sponsoring hin –, dann kann er nicht mehr kritisch die Konsumgesellschaft beäugen, da er selbst bloß in den Regalen dieser Welt liegt.

 

Kachkéis a(n) (Nation) Branding – De Phänomen Superjhemp ënnert der kritescher Lupp

MarcL
10. Dezember 2018 - 12.14

Ein Film "à la luxembourgeoise" halt. Seichte Unterhaltung, mit dem nötigen Marketing drum herum um die Kassen zu füllen. Wem's gefällt ...

Eva-Paule
10. Dezember 2018 - 9.20

Schöner Gedankengang der Kultur gegenüber. Aber hier, bei der filmischen Adaptation dieses populärsten Superhelden ist dieser tiefgründige Gedanken wohl etwas zu tief gegangen, ins Bodenlose, nicht haltbar. Leider verfallen Sie in die Sichtweise des typisch luxemburgischen subversiv interessierten Pseudoschwerkulturellen. Vielleicht ist dies oft gut, hier aber fehl am Platz. Irgendwo sollte man auch einfach mal Spass haben dürfen.

Karl
9. Dezember 2018 - 15.10

Dir denkt ze vill. Komplette Quatsch. 

GuyT
9. Dezember 2018 - 10.33

Es tut mir Leid aber wer hier so etwas konstruiert hat Verfolgungwahn. Dies überspitzte politische Correctness ist kontraproduktiv wie alles was übertrieben wird.

roger wohlfart
8. Dezember 2018 - 22.49

Kann etwa " Sperjhemp Retörns " nicht auch einfach ein lustiger Unterhaltungsfilm resp. eine Komödie sein ? Die Louis de Funès Filme enthielten ebenfalls keine grossartigen Botschaften. " A quoi bon chercher midi à quatorze heures ? ".

Realist
8. Dezember 2018 - 22.09

Was Sie als "konservativ-reaktionär-nationalistisch" brandmarken und somit de facto als Teufelswerk hinstellen ist für die letzten paar 08/15-Luxemburger vielleicht einfach nur eine lustig-harmlose Verschnaufpause im anstrengenden, weil vollkommen humorlosen Multikulti-Gender-Bloss-niemandem-zu-nahe-treten-Alltag. Wieso nicht einfach einen witzigen Film als das geniessen, was er ist, anstatt sogleich nach einer ethischen Verpflichtung oder einer unbedingt erforderlichen Kritik an der hoffnungslosen Kapitalisierung und was weiss ich zu rufen? Hallo? Wir reden hier über eine Filmkomödie ohne Anspruch auf weltrettendes Gedankengut. Ulrike Meinhof und ihr "alles ist politisch" sind seit über 40 Jahren tot. Und das ist gut so. Ohne Ihnen nahe zu treten, aber Ihre Filmkritik liest sich wie ein Artikel aus einer alten DDR-Postille.