Was kann „links“?

Was kann „links“?

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Alvin Sold macht sich Gedanken, warum linke Parteien enttäuschen, wenn sie regieren.

Die hier gestellte Frage heißt nicht: Was sollte „links“ können? Sondern: Was kann „links“, wenn „links“ regiert oder mitregiert? Wohlverstanden, innerhalb des kapitalistischen Systems, das zurzeit in der Gestalt der freien Marktwirtschaft alternativlos scheint. Obschon es – wo Marx recht hat, da hat er recht – zwingend die Ungleichheit wuchern lässt, um Privilegien zu fördern. Den Wähler scheint diese fundamentale Fehlleistung nicht zu stören, ansonsten wäre er wohl dem Ruf der Revolutionäre gefolgt.

Der alte Traum eines jeden Sozialdemokraten ist, die Gesellschaft schrittweise von allen gesellschaftspolitischen Altlasten zu befreien und zweitens die Marktwirtschaft progressiv so zu gestalten (regulieren), dass sie das Prädikat „sozial“ verdient. Die ersten Schritte in diese Richtung waren mutig und groß; sie brachten allen sowohl die Allgemeinbildung und im Anschluss die politische(n) Freiheit(en) als auch, darüber hinaus, statt Almosen die gesetzlich verbrieften sozialen Rechte.

Aber seit diese Schritte getan sind und die Gegenseite (in Luxemburg vornehmlich die ehemalige Rechtspartei, heute CSV genannt) in der Lage ist, sich als eine fortschrittlich gesinnte auszugeben, läuft den Enkeln der Vorkämpfer die Gefolgschaft davon. Laut Meinungsumfragen würde die LSAP trotz ihrer kontinuierlich überwiegend guten Regierungsarbeit im Oktober wiederum schrumpfen.

Im Kern liegt das Problem der LSAP darin, dass von ihr erwartet wird, die sozialpolitischen Fehlleistungen des Systems zu beheben. Mit den gesellschaftspolitischen Unzulänglichkeiten findet man sich eher ab. Klartext: Es sind keine Wahlen mit der Trennung von Kirche und Staat oder mit der Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe zu gewinnen, aber sehr wohl wegen der Renten, der Steuern, des Mindestlohns, des Urlaubs, der Teuerung, der Wohnungen und Straßen, der Krankenkassen usw. zu verlieren. Nun verweist die LSAP auf die in der Tat erheblichen Budgetgelder, die der Staat zugunsten der unteren und mittleren Einkommen umverteilt und auch umverteilen kann, weil die Wirtschaft unter einem LSAP-Minister boomt. Sie wendet sich mit ihren Argumenten an den Kopf, nicht an den Bauch. Der politische Bauch fühlt, und seine Gefühle sind stärker als die Vernunft.

Er fühlt nicht nur, der Bauch, er vergisst, was er gestern bekam. Inzwischen hat die interdisziplinäre Forschung erkannt, dass jede positive Umverteilung, die aufgrund der verbesserten Wirtschaftsleistung und der verbesserten Produktivität geschah, nach kurzer Zeit vergessen ist. Die Menschen wollen mehr, weil sie alle, alle! empfindsamer auf Ungleichheiten und Reichtum reagieren.

Man verdrängt auch die Tatsache, dass das System an sich, das kapitalistische, den Kleinstaat Luxemburg Regeln unterwirft, die nicht umzustoßen sind, es sei denn von einer Revolution im gesamten Westen (USA/Kanada, EU, Lateinamerika, Japan, Australien, Südafrika, Israel und einige mehr). Der Spielraum für nationale Politik ist eng geworden, die Schlinge wird sich weiter zuziehen.

Unter solchen Rahmenbedingungen haben es sozialistisch-sozialdemokratische Parteien schwerer als andere, zumal sie in Koalitionsregierungen natürlich Abstriche von ihrem schönen linken und linkeren Programm machen müssen.

Das luxemburgische Wahlsystem begünstigt die Clevere Soziale Volkspartei ungemein. Diese säckelt aufgrund der geschichtlichen Entwicklung 30 bis 35% der Stimmen ein, was ihr 40 und mehr Prozent der Sitze bringt. So kann sie sich den Juniorpartner auswählen, der am wenigsten aufsässig ist. Nur in zwei Ausnahmefällen (1974 und 2013) funktionierte es nicht. Aber dieses Jahr stünden der CSV, wenn „Gambia“ nicht auf 31, 32 Sitze kommt und somit bestätigt wird, rechnerisch drei kleinere und eine Kleinstpartei zu Dienste: „déi gréng“, DP, LSAP und ADR. CSV-Herrschaft im Mäntelchen der Demokratie. Doch was sollte beispielsweise die LSAP tun, um wieder zu erstarken?

Na: Wir raten natürlich zu einem guten linken sozialpolitischen und gesellschaftspolitischen Programm (Bildung und Kultur nicht zurückstellen!).

Aber wir raten eindringlichst zur Schaffung von verbindlichen Allianzen mit fortschrittlichen Verbänden, Vereinen und Institutionen zur gemeinsamen Festlegung von nicht verhandelbaren Forderungen, weder in einer Regierungskoalition noch in einer Oppositionsphase. Die Genossen finden Verbündete, wenn sie solche suchen. Das war die gute Nachricht.

Scholnier
22. Januar 2018 - 13.46

Aber, aber Realist, allgemeine Lebensfreude heißt doch wohl nicht Konsum? Was nun Planwirtschaft und seligen Ostblock anbelangt, haben Kinderhort, Frauen an die Arbeit, Trennung von Staat und Religion, Internationalismus doch längst in unseren Breiten , ........Anklang gefunden. Planwirtschaft der sozialistischen Bruderstaaten oder Wirtschaftsbilanzen der kapitalistischen Ausbeuter , wie sie sich doch gleichen, das Endresultat dasselbe.Wohl doch nicht , im Sozialismus profitiert das Volk, im Kapitalismus eine Minderheit.Aber, nein, Realist nicht den Finger heben , die Vergangenheit hat uns gelehrt den Parteifunktionären nicht mehr zu trauen , diese sperren wir diesmal direkt ein, dass Komissbrot verteilen wir an die Reichen den Kuchen an die Arbeitnehmer. Und bitte ,lassen Sie den "Gott bewahre" nächstesmal in Ihrem Post beiseite, dank sozialistischem Gedankengut steht dieser bei unserem Volk in der Abstellkammer.

Realist
22. Januar 2018 - 10.50

Was wäre denn die linke Alternative zum bösen "marktwirtschaftlichen System"? Im Endeffekt doch wohl nur die gute alte Planwirtschaft. Hat ja bekanntlich schon im seligen Ostblock für allgemeine Lebensfreude gesorgt und bereichert auch heute noch den Alltag in sozialistischen Arbeiterparadiesen wie Venezuela, Cuba und Nordkorea. Gott bewahre uns vor dem "gestalterischen Spielraum" der linken Parteien! Wenn die nämlich fertig sind mit "gestalten" und "spielen" stehen wir alle wieder stundenlang Schlange für Kommissbrot und WC-Papier.

JeanMiel
21. Januar 2018 - 21.36

E besschen Hoffnung as nach do wann een Skandinavien kuckt. Ok, hiere Räichtum baseiert zu engem gudden Deel op Uelegexporter a se kennen mat hierer Währung spillen fiir belleg ze importéiren. Mee trotzdem, et ginn do trotz Kapitalismus vill manner krass sozial Ennerscheeder, Bildung as tiptop an d'Leit sin zefridden. Ech sin leider fiir Letzebuerg pessimistesch, mir gin am Moment voll Richtung Räichestaat, alles gett probéiert privatiséiert ze gin(siehe Bildung), Wunnengspräisser gin (menger Meenung no) op enge Gewesse Manéier ausgenotzt fiir arm a souguer "ennescht"-Mettelschicht Leit lass ze gin. Ouni Grousskapital keng Chance. Ech wees et net, wann ee Richtung Däitschland kuckt, wou um Arbechtsmarché schon amerikanesch Verhältnisser herrschen(Deelzäitvertreeg, Miniloun fiir Geréngqualifizéiert), gett et mir Angscht. Mir sinn net wäit weg... Mee wat well een hei am Land man soulang d'Leit nemmen op Konsum gedrillt/verblend sin.

luc jung
21. Januar 2018 - 20.17

Fir Raser ze stoppen, huelt dem Haer Schneider seng Space Mining Rakeiten.

Scholnier
21. Januar 2018 - 19.36

Herr Sold, vielleicht täte es unserer Gesellschaft gut um einiges zurückzurudern.Natürlich gehört Mut dazu auf einige Annehmlichkeiten der modernen Konsumgebahren zu verzichten.Sollte man sich nicht in der Zukunft darauf fokussieren , neue Gesellschaftsmodelle zu entwickeln, wo der Mensch im Mittelpunkt steht, im Interesse des Menschen " d'Welt méi lues dreien leisst".Mit unserer Wachstumpolitik, der Globalisierung und Digitalisierung werden wir gegen eine Mauer rennen, deren Gau die Spezies Mensch um Jahrzehnte zurückwerfen wird ,Armut,Misäre über die Menschen bringen wird.Natürlich sprechen wir in unserer Borniertheit nicht gerne über solche Szenarien.Längst haben Technik,Produktivität,Wachstum die Überhand über menschliches Denken genommen.Wir Bürger sind nur noch Spielfiguren auf einem Schachbrett, wo wir , die Menschen uns selber "Schach Matt" setzen.

De Realist
21. Januar 2018 - 18.37

Nomi, dat ass Béierdëschniveau. Lëtzebuerg ass an der Nato an huet Verpflichtongen. Déi Tesla’en si jiddefalls méi bëlleg, wéi Ferrari’en, déi d’Police bräicht fir verschidden Raser ze stoppen. - A wat huet äre Kommentär mam Här Sold séngen Iwweléongen ze dinn?

Nomi
21. Januar 2018 - 18.25

Gitt der CSV net d'Schold fir der LSAP hiren A !!!! Dat ass der LSAP eleng hir Responsabilitei't !

Alvin Sold
21. Januar 2018 - 18.17

Es ist erstaunlich, wie wenig die Diskussionsteilnehmer die Tatsache berücksichtigen, dass das marktwirtschaftliche System , auch Kapitalismus genannt, den gestalterischen Spielraum insbesondere der linken Parteien einengt. Wer der Marktwirtschaft im nationalen Alleingang Lasten (Steuern, soziale Verpflichtungen z.B.) auferlegt, die ihre Erträge schmälern, geht das Risiko von Unternehmensabwanderungen oder gar Schliessungen ein. Wegen fehlender Harmonisierungen in der EU ist Sozialdumping noch immer die Trumpfkarte vieler Staaten, nicht nur im Osten. Auf Luxemburg richten die meisten EU-Partner einen ebenso neidischen wie kritischen Blick. - Linke Reformparteien, wie die LSAP, können sozial viel, aber angesichts der Ungleichheiten nie genug; das ist ihr Verdamnmis heutzutage. - Zum Ausgleich sollten sie auf den weiten Feldern der Gesellschaftspolitik, der Bildungspolitik und der Kuklturpolitik fortschrittliche Pionierleistungen erbringen.

Kurtz
21. Januar 2018 - 17.46

D'Aarbechter sinn dach scho viru Jore vun der CSV ofgeschaaft ginn. Haut si mer alleguer Lounemfänger.

Nomi
21. Januar 2018 - 12.54

Wann eisen Etienne d'Fensteren gro'uss obrappt fir d'Stei'ergeld raus ze gehei'en. Di lescht Aktio'un : 2 Tesla'en, 2 Helikopteren an den 2ten Satelitt !!!!!! Waat brengt daat dem Arbechter ??????

Josiane
20. Januar 2018 - 23.59

Dat maachen se dach scho laang. Si huele Leit déi séier schwammen, lafen oder héich sprange kënnen, fechten ass och ëmmer gutt, wann een um Fernseh oder um Radio ass nach besser, da brauch ee kee Champion ze gi fir dass d'Leit de Numm kennen. Dann nach e puer déi deeselwechte Numm déi de fréiere Minister Papp hunn a schonn ass eng Partei-Lëscht fäerdeg.

Marat
20. Januar 2018 - 22.40

Es ist hoffnungslos Herr Sold. Die Leute wollen eine Lsap, die Berge versetzt, und sie kann nur Sankœrner verschieben. Das System gestattet nicht mehr.

Scholnier
20. Januar 2018 - 19.19

Herr Sold mit links meinen Sie sicher die Linke, Diem25, déi Lenk, KP,........ Die LSAP verdient diese Bezeichnung nicht mehr, hat sie seit Jahrzehnten sich in der Mitte angesiedelt und den Schulterschluß mit den Neoliberalen und den bürgerlichen Parteien vollbracht. Allerdings haben einige Genossen die wundersame Wandlung dieser Partei zum Chorknaben noch nicht bemerkt oder halten an längst Verflossenem fest.

Emile
20. Januar 2018 - 13.47

Ist die "Geschichte" am Erfolg der Cleveren (wie Sie schreiben) Volkspartei schuld? Zu einfach. Die LSAP-Führung ist seit Jahrzehnten nicht mehr volksnah. Hat vielleicht mit Arbeitsüberlastung zu tun. Aber eher mit Unprofessionalität. Wenn schon Profi, dann richtig, immer, rund um die Uhr. Lächeln, ausweichen, stechen. Und: Netzwerke stricken, quer durch die Schichten der Gesellschaft. Die Kinder der Freunde platzieren. Und not sogar die Freunde der Freunde. So machte es die schwarze Konkurrenz konsequent, gestern, so wird sie es mot Erfolg morgen tun.

Obs
20. Januar 2018 - 9.52

Eng gutt Analys. Mä vu datt d'Leit ëmmer manner Zäit hunn, fir déi politesch Zesummenhäng ze studéieren an ze verstoen, gewënnt de "System" ëmmer. Revolution ade!

PierrotMady
20. Januar 2018 - 7.23

Es fehlt der dritte Rat Herr Sold: Es müssen neue Kandidaten ran. Solche aus der Zivilgesellschaft.