Wandel herbeiführen

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In seinem Leitartikel meint Guy Kemp, dass auch die anstehenden Verhandlungen zum mehrjährigen EU-Budget, Gelegenheit bietet, auf einen nötigen Wandel in der EU hinzuarbeiten.

Die Europäische Kommission wird heute ihren mit Spannung erwarteten Vorschlag für die mehrjährige Haushaltsplanung der EU für die Jahre 2021 bis 2028 vorlegen. Die sich daran anschließenden Diskussionen werden, angesichts der politischen Umstände, in vielerlei Hinsichten bedeutsam sein. Denn die EU ist an einem Punkt angelangt, an dem mit dem Brexit, dem Umgang mit der Flüchtlings- und Migrationsfrage, der Eigenverantwortung der Europäer in der Welt unter anderem in puncto Sicherheit als Reaktion auf Donald Trump, ein Wandel ansteht, nötig ist und auch erwartet wird. Dazu mangelt es bisher noch an einem Plan, auch wenn der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der französische Präsident Emmanuel Macron eine Reihe von Reformvorschlägen vorgelegt haben.

All das wird zwar bei Weitem nicht mit den Budgetverhandlungen zu lösen oder annähernd zu beantworten sein. Doch wird sich dabei zeigen, inwiefern die EU-Staaten noch bereit sind, in die Idee von Europa zu investieren. Dabei dürfte es nicht so sehr darauf ankommen, wie viel Geld am Ende des Tages die EU-Staats- und Regierungschefs bereit sein werden, in den kommenden sieben Jahren in die EU-Kasse einzuzahlen. Auch wenn das durchaus von Bedeutung sein wird. Denn die politischen Ambitionen und Aufgaben, die die noch 28 von der EU erfüllt sehen wollen, haben ihren Preis. Es wird jedoch vielmehr die kollektive, in manchen Fälle allerdings auch die einzelstaatliche, Haltung zum europäischen Projekt eine Rolle spielen. Dazu nur einige Beispiele:

Etwa die Frage der Eigenmittel für die EU. Bereits bei den vorherigen Verhandlungen über das derzeitige mehrjährige Budget verlangte das Europäische Parlament den Anteil der Eigenressourcen am EU-Haushalt zu erhöhen. Die EU-Parlamentarier halten weiterhin an ihrer Forderung fest und dürften dieses Mal Resultate sehen wollen. Das bedeutet, dass es zur Einführung einer Steuer oder Abgabe wird kommen müssen, die integral dem EU-Budget zukommt, etwa die viel diskutierte Steuer für große Internetunternehmen oder eine Steuer auf Plastik. Hauptsache die Budget-Autonomie der EU wird gestärkt und die Abhängigkeit von den Beiträgen aus den EU-Staaten zurückgefahren.

Ein anderes Beispiel dürfte die Verknüpfung der Auszahlung von EU-Gelder an Mitgliedstaaten mit der Einhaltung rechtsstaatlicher und demokratischer Prinzipien sein. Die EU-Bürger wollten nicht, dass autoritäre Regierungen mit ihren Steuergeldern finanziert würden, meinte dazu die EU-Justizkommissarin Vera Jourova vergangene Woche in einem Gespräch mit dem Tageblatt. Die 28 werden diese Forderung mit entsprechenden Budgetregeln verankern müssen, auch gegen den zu erwartenden Widerstand der polnischen und ungarischen Regierungen. Schließlich wird es auch darauf ankommen, wie die künftigen EU-Mittel verteilt werden und in welchem Maße dabei gemeinschaftliche Politiken finanziert werden, etwa gemeinsamer Grenzschutz oder gemeinsame Flüchtlings- und Integrationspolitik. Daneben haben die 28 mit den Reformvorschlägen der beiden Präsidenten Juncker und Macron noch genügend andere Gelegenheiten, einen Wandel in der EU herbeizuführen.