Transparenz, der CSV liebstes Fremdwort

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Dhiraj Sabharwal beschreibt in seinem Editorial, weshalb Viviane Reding mit ihrer Kritik an Transparency International daneben liegt und ihre Partei CSV Transparenz meidet.

„Ech iwwersetzen dat mat Trumpismus. Einfach mol fir opzefalen, einfach dowidder a Saache verdréinen, déi net esou sinn.“ Gewöhnlich visiert diese Art von Kritik Rechtspopulisten, die es nicht so mit der Wahrheit haben. Obiges Zitat richtet sich jedoch nicht an den EVP-Politiker Viktor Orban, den europäischen Musterschüler des Trumpismus. Ganz im Gegenteil. Im Visier steht die Nichtregierungsorganisation „Transparency International“. Der Urheber der Kritik: die CSV-Politikerin Viviane Reding. Der Hintergrund: Kritik an der mangelnden Transparenz zu ihren Nebeneinkünften im EU-Parlament. Die Realität: Die Nebentätigkeiten Redings sind konform mit dem Verhaltenskodex für ehemalige EU-Kommissionsmitglieder. Könnte sie also mit ihrem Trumpismus-Vorwurf ein wenig recht haben?

Die Antwort ist ein klares Nein. Die Arbeit einer NGO mit den Praktiken eines Demagogen wie Trump zu vergleichen, verlangt viel Fantasie. Denn es sind gerade autoritäre Politiker wie der US-Präsident, die aus vielen Gründen kein Interesse an Transparenz haben. Wieso holt also eine Politikerin wie Reding, die sich nichts vorzuwerfen hat, derart weit aus? Transparency International kritisiert die Regeln, die für Nebeneinkünfte und deren Meldung beim EU-Parlament gelten. Besonders Redings Posten als Kuratoriumsmitglied der einflussreichen Bertelsmann-Stiftung steht in der Kritik. Nicht aber wegen der damit verbundenen Einkünfte, sondern wegen mangelnder Transparenz bezüglich dieser.

Das Tageblatt hatte die Problematik bereits Anfang des Jahres thematisiert, Reporter.lu und RTL haben im Zuge der Veröffentlichung des Transparency-Berichts nachgelegt. Die Kritik war weder persönlich noch unverhältnismäßig. Viviane Reding befindet sich auf der Transparency-Liste in prominenter Gesellschaft: Politiker wie Guy Verhofstadt, Rachida Dati und Nigel Farage liegen finanziell weit vor ihr – das Parteienspektrum könnte kaum breiter sein. Der Vorwurf der Neiddebatte zielt zudem weit am eigentlichen Problem vorbei. Umso mehr sollte man die Forderung nach mehr Transparenz als überparteiliches Anliegen sehen. Selbst wenn zusätzliche Jobs von Politikern legal sind: Nebenaktivitäten, die hohe Einkünfte generieren oder im Rahmen registrierter Lobbyorganisationen stattfinden – im Falle Bertelsmann gilt beides für Reding –, erhöhen das Risiko eines Interessenkonflikts wesentlich.

Dass sich die CSV und ihr Spitzenkandidat Claude Wiseler nicht besonders für die Aktivitäten und Äußerungen ihrer Mitstreiterin Viviane Reding zu interessieren scheinen, bestätigt demnach den Eindruck, dass Transparenz immer noch nicht zu den Kernkompetenzen der Konservativen gehört. Es passt zu einer Partei, für die Geschichtsaufarbeitung ein Fremdwort zu sein scheint. Eine Partei, die seit dem wenig glorreichen Abgang ihres Übervaters Jean-Claude Juncker so tut, als sei sie heute eine völlig andere, moderne und erneuerte Kraft. Dabei zeigt der Fall Reding, dass die CSV vor allem eins ist: die gleiche Transparenz meidende alte Tante in neuem Kostüm, die Kritik am liebsten wegflüstert oder lauthals im Keim erstickt.

roger wohlfart
19. Juli 2018 - 9.00

Transparenz in der Politik, ob von links oder rechts: ein leeres Wort !