Teil des Systems

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Die Welt-Antidoping-Agentur hat als Kontrollinstanz versagt, findet Chris Schleimer.

Der Aufschrei war groß. Athleten, Politiker, Funktionäre und Anti-Doping-Kämpfer reagierten zu großen Teilen mit Unverständnis auf die Entscheidung des Exekutivkomitees der Welt-Antidoping-Agentur (WADA), die Suspendierung der russischen Antidoping-Agentur aufzuheben. Und das, obwohl zwei wichtige Bedingungen noch nicht erfüllt sind.

Zum einen hat Russland den McLaren-Report über das staatlich organisierte Dopingsystem noch nicht anerkannt und zum anderen hatten die WADA-Ermittler noch keinen Zugang zu den Daten des Moskauer Labors. Den müssen die russischen Behörden der WADA allerdings bis Juni 2019 gewähren. Aufgrund von Regeländerungen drohen ansonsten noch strengere Sanktionen. Damit begründete das Exekutivkomitee auch den Schritt der Wiederzulassung.

Doch das Verständnis für diese Maßnahme hielt sich in der breiten Öffentlichkeit in Grenzen. „Verlorene Glaubwürdigkeit“ oder „Betrug an den sauberen Sportlern“, ja sogar von „Verrat“ ( Süddeutsche Zeitung ) war die Rede. Es sind ähnliche Schlagzeilen, wie man sie erst vor wenigen Monaten lesen konnte. Damals hatte der Internationale Radsportverband, auf Empfehlung der WADA, das Dopingverfahren gegen Christopher Froome eingestellt. Eigentlich sind es die gleichen Schlagwörter, die man im Rahmen jeder größeren Doping-Affäre hört.

So gesehen ist der Fall Russland einmal mehr die Bestätigung, dass die WADA als Kontrollinstanz des Sports versagt hat. Sie ist einfach Teil des Systems. Egal, wie groß der Aufschrei nach jedem neuen Skandal auch ist – und im Falle der WADA kommt er sogar von den eigenen Mitgliedern, also den nationalen Antidoping-Agenturen –, grundlegende Veränderungen folgen nie. Das hat wohl auch damit zu tun, dass sich Sportfunktionäre relativ viel erlauben können, bis sie persönlich die Konsequenzen zu spüren bekommen. Man braucht sich nur das Beispiel Sepp Blatter anzuschauen. Es dauerte Jahre, bis der ehemalige FIFA-Chef aus seinem Präsidenten-Sessel flog. Und so können die Bachs, Reedies und wie sie alle heißen auch weiterhin Deals untereinander oder mit fragwürdigen Partnern abschließen, ohne dass sie etwas zu befürchten haben.

Die Einzigen, die das System vielleicht ändern könnten, sind die Sportler selbst. Dafür müssten sie sich allerdings noch mehr zusammenschließen und mit einer Stimme sprechen. Was bereits eine große Herausforderung ist, denn nicht umsonst wird von oben versucht, den Einfluss der Athleten so gering wie möglich zu halten. Die Sportler sind die eigentliche Einnahmequelle der Sportverbände und -organisationen. Und solange die Einnahmequelle weiter sprudelt, gibt es keinen Grund, das System infrage zu stellen.

roger wohlfart
25. September 2018 - 22.49

Richtig gesehen: es gibt keinen Grund , das System infrage zu stellen. Das korrupte System! Das Ganze ist so verlogen wie's nur geht. Weder die Athleten selbst, noch die Funktionäre sind wirklich daran interessiert, dass sich gross was ändert. Besonders die Grossverdiener im Sport, ob Sportler, Vereine oder Mannschaften verfügen über die nötigen Mittel sich die neuesten " Produkte" auf dem Markt zu besorgen. Die Wada rennt hechelnd hinterher resp. fischt im Trüben .Ab und an geht ihnen ein Dopingsünder ins Netz , das ist dann meistens ein kleiner Fisch, der gegen das elfte Gebot " lass dich nicht erwischen " verstossen hat. Das ist alles nur halbherzig und kann nicht überzeugen. Es ist einfach zu viel Geld, Ruhm und Prestige im Spiel. Wer an die Wiederherstellung der Sauberkeit im Sport glaubt oder hofft, vergisst, dass dieser das Spiegelbild unserer Gesellschaft ist. Wie sagte Herr Würth? In der Wirtschaft gibt es keine Moral oder anders ausgedrückt, Geld kennt keine Moral!

Jacques Zeyen
24. September 2018 - 9.36

Wenn es um sehr viel Geld geht sind alle Mittel erlaubt. Eine Kontrollinstanz wie die WADA hinkt da immer hinterher. Wenn eine Überführung erst nach Monaten oder Jahren möglich ist brauchen wir diese Agentur nicht.Dann ist der Betrug perfekt mit dem Effekt,dass wenn ein Froome (schon wieder) auf's Podest klettert jeder Radfan ein gewisses Unbehagen verspürt. Oder wenn eine SKY-Mannschaft in jedem Rennen Sieger stellen kann,so hat das kaum mit den besseren Fahrrädern oder dem besseren Trainer zu tun,was man dem naiven Fan unterjubeln möchte. Man sollte sich hüten vor den " Sportlern vom anderen Stern". Wer nimmt schon ein gelbes Trikot aus dem Rennen.Das wäre der Supergau .Keine Sponsoren mehr,keine öffentlichen Übertragungen mehr und Zuschauer am Straßenrand die mit Tomaten bewaffnet sind. Geld regiert die Welt - da ist Korruption selbstverständlich. Bis da ein Funktionär "aus dem Sessel fliegt",hat der längst sein Schäfchen im Trocknen und auch ein Armstrong nagt heute nicht am Hungertuch."Es war eine schöne Zeit"