Eine Start-up-Nation?

Eine Start-up-Nation?
(Alain Rischard/editpress)

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EDITORIAL Luxemburg hat noch einen weiten Weg vor sich

Luxemburg ist Start-up-Nation. Das zumindest erklärt die Regierung derzeit bei jeder Gelegenheit. Sie belegt diese Behauptung mit den vielen staatlichen Initiativen im Bereich: Von Fit4Start und dem Digital Tech Fund bis hin zu zwei Firmeninkubatoren. Ergänzt werden die staatlichen Initiativen von einer Reihe privater Projekte. So hat beispielsweise die BGL BNP Paribas ihren eigenen Firmeninkubator namens Lux Future Lab, die BIL unterstützt das Projekt Innohub, und PwC unterhält seinen Accelerator.

Christian Muller
cmuller@tageblatt.lu

Im Visier hat die Branche vor allem junge ICT-Firmen, deren Geschäftsmodell sich bereits bewiesen hat und denen der Standort Luxemburg bei ihrer internationalen Expansion weiterhelfen kann. Zum Teil wird aktiv im Ausland nach Doktoranden und Software-Entwicklern gesucht, um sie nach Luxemburg zu holen, und sie zu Kunden des Finanzplatzes zu machen.

Ein ganzes Ökosystem ist dabei, zu entstehen, freuen sich die Regierungsvertreter. Und das ist auch gut so. Es entwickeln sich neue Geschäftsmöglichkeiten für Banken, Anwaltskanzleien und Beratungsunternehmen. Diese nutzen ihr gesammeltes Fachwissen und eine neue Kompetenznische wird aufgebaut. Mit der Zeit bildet sich eine Art „Infrastruktur für den EU-Markteintritt“.

Doch bedeutet das, dass Luxemburg nun zu einer wahren Start-up-Nation wird? Eher nicht. Und das aus mehreren Gründen. So sind beispielsweise Luxemburger Firmen in den Firmeninkubatoren eher selten zu finden. Die Kampagne „Trau dech“ hat nicht gereicht, um den landesinternen Unternehmergeist zu wecken.

Zudem werden die Wünsche und Bedürfnisse der hier lebenden Bürger nicht in Betracht gezogen, wenn es um die Auswahl der Firmen geht, die unterstützt werden sollen. Demnach wird der neue Sektor den Finanzplatz stützen – aber nur wenig zum Wohlbefinden im Land beitragen. Auch beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit haben Start-ups nur eine kleine Rolle zu spielen. Im Schnitt scheitern drei von vier. Und selbst wenn ein neues „Apple“ oder „Google“ entstehen sollte, dann wird das nicht mit tausenden Jobs verbunden sein. Immerhin ist Skype bereits hier.

Hinzu kommt, dass Luxemburg vor allem Firmen im Bereich ICT fördert. Wer andere Geschäftsmodelle vorschlägt, der fällt durch das Raster. Er wird es schwierig haben, Unterstützung zu finden. Die Inkubatoren sind auf Spezialisten ausgerichtet. Es darf aber nicht vergessen werden, dass nicht nur mit High Tech Geld verdient werden kann. Auch andere innovative Geschäftsideen verdienen Unterstützung.

Diese Faktoren erklären dann möglicherweise auch, warum Luxemburg in dem „The 2016 Startup Nation Scoreboard“, wo das Umfeld für Firmengründer analysiert wird, nicht gut abschneidet. Das Großherzogtum landet auf Platz 23 – zwischen Slowenien und Ungarn. Es gebe zwar eine gute digitale Infrastruktur und eine schnell wachsende Start-up-Gemeinschaft, schlussfolgern die Autoren, aber Luxemburg zähle eher multinationale Konzerne und Finanzinstitutionen zu seinen politischen Prioritäten.

Die Start-up-Nation ist somit eine gute Initiative für den Finanzplatz. Bis man aber von einer echten Start-up-Nation reden kann, wo die Jugend davon träumt, eigene Firmen aufzubauen, ist es noch ein weiter Weg.