Solidarität

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Die neoliberale Politik als Totengräber der Demokratie

Am Wahlsonntag gerierten sich die Anführer der großen Parteien Frankreichs wie gehabt als Matamores: „Französinnen und Franzosen, die Gefahr konnte zerschmettert werden. Vive la République, vive la France!“

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Nur dass halt nicht wie einst bei Poitiers das christliche Abendland vor den aus Al-Andalus herangestürmten maurischen Horden bewahrt worden war, vielmehr wurde Frankreich vor einem Drittel der französischen Wähler gerettet.

Jenem Drittel der Franzosen „bien de chez nous“, die mittlerweile der extremen Rechten ihr Vertrauen schenken. Dieses Wahlergebnis war demnach einer von jener Sorte Triumphe, von denen man nur genug aneinanderzureihen braucht, bis die Katastrophe perfekt ist.

Es war schon ziemlich entmutigend, zu sehen, wie am Sonntagabend vielen Politikern der etablierten Parteien nichts Besseres einfiel, als genau jene Plattitüden zu verzapfen, die einer der Hauptfaktoren dafür sind, dass sich Wähler von den demokratischen Parteien ab- und rechtsextremen Rattenfängern zuwenden.

Denn gerade jene Politiker – ob „de gauche“ oder „de droite“ –, die dauernd vorgeben, dass sie genau verstanden haben, was „les Français“ wirklich wollen, haben offensichtlich sonst nichts auf dem Kasten, als eine sozialdemokratisch verbrämte neoliberale Austeritätspolitik zu verfolgen, die eine zunehmende „Exclusion“ zur Folge hat und dafür sorgt, dass auch immer mehr Angehörige der Mittelschicht sich vor lauter Abstiegsangst oder -erfahrung in die Arme rechter Demagogen retten.

Die neoliberale Politik ist gleichbedeutend mit der zunehmenden Aufkündigung der sozialen Solidarität. Jeder ist seines Glückes Schmied, verkünden die politischen Pfeffersäcke, was bedeutet, dass jemand, der von SMIC, Chômage oder RMI leben muss, sich nur an der eigenen Nase fassen kann. Armut ist selbstverschuldet und deshalb durchaus auch verdient, wenn nicht sogar von Gott gewollt. Zur Strafe.

Es darf allerdings niemanden verwundern, wenn Menschen, die immer weniger Solidarität erfahren, Zuflucht bei jenen suchen, die Solidarität à gogo versprechen, aber eben nur für die Angehörigen des eigenen Stammes. Alle anderen müssen draußen bleiben.

Rechtsextremistische Politik beruht auf der Balkanisierung der Gesellschaften, auf der Maxime „Damit es dir gut gehen kann, muss es anderen schlecht gehen“. Eine kretinöse Einstellung, mit der leider immer weniger Citoyens ein Problem zu haben scheinen.

Neoliberalismus kann durchaus auch ohne Demokratie florieren. Den meisten seiner Herolde, allen voran Ahnvater Friedman unselig, gingen bzw. gehen die politischen Freiheiten am Allerwertesten vorbei.
Damit die Demokratie überleben kann, muss sie fähig sein, den Bürgern ein Projekt der „Inclusion“ bieten zu können, welches impliziert, dass alle Menschen Anspruch auf eine menschliche Behandlung haben und dass kein Mensch weniger wert ist, allein weil er weniger Geld hat.