Shopping Spleen

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Luc Laboulle zur „Flexibilisierung“ der Ladenöffnungszeiten

Von einem „Tabubruch“ sprach der OGBL und organisierte am Dienstag eine Protestaktion im Escher Zentrum vor dem Supermarkt, der am Vormittag des 25. Dezember geöffnet hatte. Noch nie zuvor habe ein Laden diesen Schritt gewagt, teilte die Gewerkschaft mit. Ob es tatsächlich zum ersten Mal war, dass ein Geschäft in Luxemburg an Weihnachten geöffnet hatte, lässt sich schwer überprüfen. Ohnehin war es, wenn überhaupt, nur ein Verstoß gegen ein stillschweigendes Abkommen, denn das Gesetz erlaubt den Händlern, ihre Läden an Sonn- und Feiertagen von 6.00 bis 13.00 Uhr zu öffnen. Es ging dem OGBL an Weihnachten aber vor allem darum, ein Zeichen gegen die von der Handelskammer geforderte Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten zu setzen.

In ihrem Koalitionsabkommen kündigt die neue Regierung eine „Anpassung“ der Gesetzgebung an, die den Geschäften mehr „Flexibilität“ garantieren soll. Wie diese Anpassung konkret aussehen soll, ist noch unklar. Tatsächlich sind die Öffnungszeiten im Gesetz von 1995 bereits äußerst liberal ausgelegt. Ferner sieht das Gesetz in mehreren Fällen Ausnahmen und Derogationen vor.

Vor rund einem Jahr gewannen die Diskussionen über die Ladenöffnungszeiten durch ein Urteil des Verfassungsgerichts wieder an Aktualität. Ein Bäcker aus Differdingen hatte geklagt, weil er erst ab 6.00 Uhr morgens seine Brötchen verkaufen durfte, während eine benachbarte Tankstelle schon um 5.00 Uhr damit beginnen konnte. Der Bäcker bekam recht.

Ob kleine und mittlere Unternehmen aber die wahren Nutznießer von flexiblen Öffnungszeiten sein werden, ist fraglich. Schon jetzt sind es vor allem die Supermarktketten, die die gesetzlichen Regelungen umgehen und missachten, indem sie Shops in Tankstellen betreiben. Anstatt nun noch weiter auf Liberalisierung zu setzen, sollte der Staat besser regulierend eingreifen, um diesem unlauteren Wettbewerb ein Ende zu setzen. Das Urteil des Verfassungsgerichts könnte man auch auf diese Weise interpretieren.

Denn von einer zusätzlichen Flexibilisierung der Öffnungszeiten werden letzten Endes vor allem die großen Einkaufszentren und Supermärkte profitieren. Sie sind der Hauptgrund für das Geschäftssterben in den Stadtzentren. Dieser Trend wird durch eine weitere Liberalisierung nur noch verschärft. Im Laufe der vergangenen Jahre habe sich das Einkaufsverhalten der Menschen geändert, wird oft argumentiert. In Wahrheit ändert sich dieses Verhalten ständig. Es passt sich dem Angebot an.

Vor diesem Hintergrund muss man sich fragen, wessen Interessen die Handelskammer mit ihrer Forderung nach flexibleren Öffnungszeiten überhaupt vertritt. Und warum insbesondere die kleinen Geschäftsleute (und Handwerker) sich nicht auf die Seite der Gewerkschaften stellen.

Denn eine gemeinsame Solidarisierung gegen die zunehmende Liberalisierung könnte nicht nur dabei helfen, die lokale Geschäftswelt wiederzubeleben. Sie könnte auch dafür sorgen, dass kleinere Produzenten wieder bessere Preise für ihre Waren erhalten. Und nicht zuletzt könnte die Solidarität ein Zeichen gegen die Ausbeutung der Angestellten setzen.
Auch die Regierung kann ihren Teil dazu beitragen. Eine solidarische Regulierung der Öffnungszeiten wäre ein erster Schritt.