Recht auf Hitzefrei

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Wenige Tage vor der Sommerpause läuft die Politik zu Hochform auf. Pressekonferenzen und Ortsbesichtigungen von Spitzenpolitikern reihen sich aneinander. Das Parlament bewältigt in gleich fünf Sitzungen mehrere Dutzend Gesetzesprojekte. Der Premierminister vereinbart die Bekanntgabe von Details aus dem Ministerrat mit der hohen Kunst des Grillens. Stimmt ja, in wenigen Monaten wird eine neue „Chamber“ und damit indirekt eine neue Regierung gewählt, die auch bloß die alte sein kann.

Offiziell beginnt der Wahlkampf knapp einen Monat vor dem Urnengang. Verständlich, dass jede Möglichkeit genutzt wird, um an die eigenen Leistungen zu erinnern bzw. auf die verpassten Gelegenheiten der aktuellen Mehrheit hinzuweisen, wenn man derzeit noch die Oppositionsbank drückt. Wahlkampfbroschüren und Flyer werden ohnehin lediglich quergelesen, wenn überhaupt, und zu Wahlmeetings geht eh kein Mensch mehr hin, außer die seit Jahren bereits fidelen Stammwähler. Und der direkte Weg zum Bürger über soziale Medien muss in Luxemburg seine Wirkung erst noch zeigen. Politik verhält sich dieser Tage nicht anders als jene Berufskategorien, die dem Publikum auf Leistungsschauen ihr Bestes vorführen. Wobei der Vergleich hinkt, denn im Gegensatz zu den Bilanzveranstaltungen der Parteien zieht es die Besucher aus freien Stücken zur Messe hin.

So erklärbar die aktuelle Hektik auch sein mag: Verständlich ist das Ganze nicht. Immerhin dreht das Leben auch in Luxemburg seit Mitte Juli bereits spürbar langsamer. Die Parteien laufen Gefahr, dass ihre Botschaften mangels Publikum ins Leere gehen, so sehr sich einzelne Medien auch anstrengen mögen. Weder E-Paper noch andere Webangebote, die den Zugriff auf lokale Nachrichten erlauben, auch wenn man seine verdiente Auszeit im entfernten Ouagadougou verbringt, werden etwas daran ändern können.

Allzu große Hektik ist verdächtig. Schnell entsteht der Eindruck von realer, nicht nur von der Opposition herbeigedichteter Panikstimmung in der Regierung, von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern, die tatsächlich um ihre Posten und Pöstchen bangen.
Dabei braucht sich die Dreierkoalition ob ihrer Politik nicht mal zu schämen. Von ihren Taten reden die Menschen auch heute noch, ganz ohne allzu große und kostspielige Werbung: Zum Beispiel der pflichtbewusste Steuerzahler, der sich über höhere Avancen seit der Steuerreform beschwert; der gläubige Kirchgänger, der noch im Irrglauben verharrt, ihm würden Kirche und Beichtstuhl gestohlen; die braven Eltern, für die die Schule das neue Sodom und Gomorrha ist, weil der katholische Religionsunterricht aus der Lehranstalt verbannt wurde; der Sonntagsspaziergänger, dem in Zukunft ein großes Google-Datenzentrum die Sicht auf eine liebliche Landschaft versperren wird. Erinnern tut sich jedoch auch der zufriedene Vater an die neuen Möglichkeiten des Elternurlaubs; der Nutzer der öffentlichen Nahverkehrsmittel an das erweiterte Angebot; der Beamte an das neue Zeitsparkonto; der Kleinverdiener an die zusätzliche Kaufkraft dank reduzierter Steuerlast.

Also, liebe Politikerinnen und Politiker: Geht das Ganze etwas gelassener an, genießt die paar Wochen Ferien und spart euch die Energie für die entscheidenden September- und Oktoberwochen auf. Oder gebt euch einfach Hitzefrei.

René Charles
27. Juli 2018 - 13.00

Was wir alles gemacht, durchgesetzt haben ! Klingt gut, regt aber zum Überprüfen der "Taten" an. Dabei kommt manches zutage, was entweder nicht klappt oder nur einfach auf die Schiene gesetzt wurde, ohne von Bezahlbarkeit zu reden. Zuviel Eigenlob kann, beim näheren Hinsehen, auch manchen Minuspunkt eintragen.

Claude Oswald
26. Juli 2018 - 10.18

Wie wäre es mit Hitzefrei für die gewöhnlichen Bürger und Bürgerinnen, wenn am Arbeitsplatz Backofentemperaturen herrschen ?