Katharsis der Sozialdemokratie: Rückbesinnung oder Untergang

Katharsis der Sozialdemokratie: Rückbesinnung oder Untergang

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Franz Fayot, seit wenigen Monaten Präsident der LSAP, dürften mittlerweile erste Zweifel an seiner Kandidatur für den Posten gekommen sein, der ihm am 22. Januar dieses Jahres von 88 Prozent der Delegierten bereitwillig gegönnt wurde, zumal es keine Gegenkandidatur gab.

Die von Fayot gemachten Versprechen zur Erneuerung der Partei via Profilschärfung sowie mehr Mitsprache- und Gestaltungsrecht konnten aufgrund hierfür zu knapper Zeit vor den Europawahlen nicht tragen.

Auch wenn der halboffizielle Wortlaut der ist, dass (wegen leichter Zugewinne im Verhältnis zur Europawahl 2014) das Ausbluten der Partei beendet werden konnte, bleibt, dass die 12,2 Prozent, die von der LSAP bei den Europawahlen erreicht wurden, nicht unbedingt dazu angetan sind, Laune und Optimismus des Haagen-Nachfolgers zu verbessern, zumal das schwache Resultat der Parlamentswahlen (17,6 Prozent) nochmals dramatisch unterschritten wurde.

Ebenso wenig wie die jüngsten Resultate der deutschen Schwesterpartei SPD, die zu einer regelrechten Schmierentragödie um deren Vorsitzende Andrea Nahles und schließlich zu deren Rücktritt geführt haben, dazu angetan sind, Optimismus bei der LSAP zu verbreiten. Vom fast gänzlichen Verschwinden in der politischen Versenkung der altehrwürdigen französischen PS gar nicht zu reden.

Die Parallelen des Scheiterns, die vom Verschleiß bedingt durch wiederholte Regierungsbeteiligungen über die Aufgabe ursprünglicher Werte und Anpassung an für die Parteienfamilie wesensfremde Theorien reichen, sind offensichtlich. Und die Lösung dieses strukturellen Wählerverlustes liegt sicherlich nicht in der wenig nachhaltigen dänischen Methode, wo sich die sozialdemokratische Parteichefin Mette Frederiksen einen Wahlsieg unter anderem durch harte Asylpolitik erhofft.

In Luxemburg stand die LSAP bereits vor der ersten Dreierkoalition nach mehreren Regierungsbeteiligungen vor der elektoralen Katastrophe und rettete sich durch den Koalitionsbruch in eben diese alternative Mehrheit. Viel half dies – trotz leicht besserer Sozialpolitik – nicht, wie die jüngsten Wahlen verdeutlichten. Es bleibt der LSAP demnach nur, was auch große Teile der SPD-Basis sich wünschen und was vom Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert am deutlichsten formuliert wird: eine Rückbesinnung auf Kapitalismuskritik, eine Wiederentdeckung der internationalen Solidarität, ein Abschied von neoliberalen Rezepten, eine konsequente Umverteilungspolitik, die das Prädikat „sozial“ tatsächlich verdient.

Dass solche Politik in den vergangenen Jahrzehnten nach dem Fall der Mauer europaweit nicht mehr passierte, wird durch die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich überdeutlich. Und die Benachteiligten dieser Politik, jene, die allzu oft Populisten und ihren falschen Rezepten auf den Leim gehen, haben die Lust an sozialdemokratischer Regierungsroutine verloren.

Ein Bruch, eine Katharsis im griechischen Sinn, bleibt so die letzte Option für die Sozialdemokratie, auch für die luxemburgische.
Franz Fayot und seiner Partei bleibt nur wenig Zeit, ansonsten droht die „Zerstörung der LSAP“.

linda
11. Juni 2019 - 13.51

Ja, @ Nëckel, so ist es nun mal. Alles unterliegt ständig einem Wandel und alles verändert sich permanent. Das ist ein Universalgesetz. Nur, dass der moderne Mensch diesen Wandel unwahrscheinlich beschleunigt und das dann Fortschritt nennt.

de bouferpapp
10. Juni 2019 - 18.07

Die CSV wird sich inzwischen erholt und neu aufgestellt haben und eine Koalition mit den Grünen bilden. Das alles geht an der LSAP vorbei. Ihr Schmusekurs und die faulen Kompromisse mit ihren jeweiligen Regierungspartnern wird sie im Endeffekt teuer zu stehen kommen. Da nützen auch sämtliche Warnschüsse nichts. Alles nur Unkenrufe und Schwarzmalerei. Weil die rote Farbe ausgegangen ist.

Pierre Schmit
10. Juni 2019 - 12.20

An waat soen dann d'letzeburger Sozialisten dozou? Denken dass den Herr Asselborn net onbedingt dem Herr Gabriel an Herr Oppermann hier Positiounen deelt?

GuyT
9. Juni 2019 - 12.43

„Wir setzen klare Regeln und stehen dann auch dafür ein, dass sie durchgesetzt werden. Notfalls mit aller Härte,“ erklärte jetzt auch Vizebundestagspräsident Oppermann(SPD)

GuyT
7. Juni 2019 - 18.12

Ehe jetzt wieder nach übliche Moraliersen los geht. Auch Ex -SPD Chef Sigmar Gabriel sieht die strikte Asylpolitik der Sozialdemokraten in Dänemark als Vorbild. Er beklagt „Alle Versuche, eine humane Flüchtlingspolitik nicht zur Überforderung der Integrationsfähigkeit werden zu lassen, sind in der deutschen SPD konsequent zurückgewiesen worden“

GuyT
7. Juni 2019 - 18.01

Stramm riets wuel kaum? Wat genau ass dann so extrem ? Et get net duer do pauschal Virwerf ze machen géint eng weiderhin solzialistesch Partei déi erkannt huet dat Migratioun eng Konurennzsituation eben fir déi Sozial schwach schaft an villen Sekteuren. An Deitschland gouf iwert 10€ méi fir Rentner diskutéiert an Hartz iV agefouert well anscheinend ké Geld do war , an dann gesin Léit datt 50 000 Mio € 2017-18 aus den Hut gezaubert gin fir Integrationmossnahmen. 2 Mio nei Wunnengen hun den Wunnraumpreiser an Luut gedriwen. Dat alles well déi dänesch Sozialistin net.

GuyT
7. Juni 2019 - 17.49

Die Sozialisten werden genau den Wählerschwund erleben wie in Deutschland: die links-grün Träumer werden dann lieber die gleich die hypermoralische Grünen wählen, speziell die junge Generation die man mit Angst und Weltuntergangspanik geködert hat. ( unter anderen Vorzeichen nemmt man dieses gezielte Ansgtschüren dann Populismus).

L.Marx
7. Juni 2019 - 12.43

Stimmt, die ist dabei, in Sachen Migrationspolitik rechts zu überholen. Sozialistischer Populismus. Aber scheint sich elektoral auszuzahlen ....

Nëckel
7. Juni 2019 - 11.11

Wie das alte Rom, wie der Kommunismus, so werden auch wir untergehen. Auch unser System hat versagt. Aber wahrscheinlich wird die Natur die Menschheit sowieso auslöschen, sollten die Temperaturen tatsächlich innerhalb von wenigen Jahrzehnten um weitere 2, 3 oder mehr Grad Celcius ansteigen.

Pierre Schmit
7. Juni 2019 - 7.55

D'Mette Frederisksen as haptsächtlech gewielt ginn well et ganz stramm riets Positiounen iwert Migratioun huet. Wellt der dat?

MarcL
6. Juni 2019 - 22.17

Ihren Argumenten folgend müsste die LSAP schleunigst zu einer grün-wirtschaftsliberalen Politik wechseln. Wie bitte soll das gehen ohne den letzten Funken Glaubwürdigkeit zu verlieren? Politik basierend auf linken Werten ohne, wie Linke und Kommunisten, in Extrempositionen zu verfallen ist möglich. Mit Etienne Schneider als wirtschaftsliberalen Spitzenkandidaten hat die LSAP allerdings einen Spagat versucht der nur schief gehen konnte. Es gilt diesen Kurs zu korrigieren.

pierre Wollscheid
6. Juni 2019 - 14.33

Was heist den Arbeiter Partei die gibt es ja fast nicht mehr bei den Luxemburger, das sind die Grenzgänger und die dürfen nicht mal wählen bei den Landeswahlen. Solidarität heist für alle Wähler dasein, aber wer Vertritt uns den als LSAP in der Chamber. Keiner mehr da der für die sogenannten Arbeiter eintritt.wie das früher war. Ich kenne nur einen D.K. Die LSAP sollte einfach mal über die Grenzen eine Studienreise antreten nach Dänemark zu Mette Frederiksen die ist im Arbeiterviertel aufgewachsen und diese Werte liegen ihr im Blut. Also Leute nicht wie die Nahles sagte Mund abputzen und weiter machen, das genügt nicht mehr.

Pierre Schmit
6. Juni 2019 - 11.50

"eine Rückbesinnung auf Kapitalismuskritik, eine Wiederentdeckung der internationalen Solidarität, ein Abschied von neoliberalen Rezepten, eine konsequente Umverteilungspolitik, die das Prädikat „sozial“ tatsächlich verdient." As dat net waat dei Lenk an d'Kommunisten an heiren Prgrammer stoen huet? An wei wor denen hier lescht Waalresultater? An wat gelift as "internationale Solidarität" ? Cubanesch Zigaren ze femmen?

Grober J-P.
6. Juni 2019 - 10.40

Die Genossen haben leider das große S ihrer Partei vernachlässigt und vergessen, dass sie eine Partei der Arbeiter sind. Die Genossen jenseits der Mosel haben es vorgemacht sowie die Brüder in Frankreich. Das kommt davon wenn man zu nahe am Speck sitzt. Also Genossen macht doch was für die "Arbeiter" anstatt auf die Asteroiden zu warten.