Einer muss bezahlen

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Ganz unauffällig siecht das altbewährte Finanzierungsmodell der gedruckten Medien dahin. Der Frage, wie Qualitätsjournalismus bezahlt werden soll, widmet sich Alvin Sold im Editorial.

Eryica ist eines dieser Buchstabenworte, Acronyme geheißen, die man zuerst entschlüsseln muss, um sie zu verstehen: European Youth Information and Counselling Agency. Also eine Art europäische Informationsagentur für junge Menschen. Ein Google-Abstecher gibt Aufschluss.

„Die Jugend hat ein Recht auf eine umfassende, neutrale, kostenlose Information“, forderte Eryica diese Woche zum Anlass der „Journée européenne de l’information-jeunesse“.

Klingt gut, ist aber unsachlich.

Nicht nur die Jugend hat in einem pluralistischen, demokratischen System eine umfassende Information. Deren „Neutralität“ ist erstens nicht machbar und zweitens nicht nötig.
Niemand, auch nicht der kühlste Kopf, bleibt einem politischen, kulturellen, wirtschaftlichen, sozialen, gesellschaftlichen Ereignis gegenüber „neutral“. Wir Menschen betrachten die Dinge immer aus einer Sicht, die sich aus der Summe von Bildung, Erfahrung, Einschätzung und Einstellung ergibt.

In EU-Europa schauen wir aus einer anderen Perspektive auf Syrien als, beispielsweise, aus China oder Russland oder Lateinamerika, um nur die zu nennen; unser Verständnis des Konflikts kann sich nicht auf „neutral“ festgestellte Fakten berufen, es wurzelt zum Teil in vorgefassten Überzeugungen, die uns durch das Leben begleiten.

Wo finde ich DIE „neutrale“ Information über die Arbeit der Luxemburger Regierung, über die soziale Ungleichheit in unserer doch kleinen Gesellschaft, über die Leistung des Staates und der öffentlichen Einrichtungen, über die CSV und die LSAP und die DP und die Grünen und all die andern?

Am besten informiert ist immer noch, unabhängig vom Lebensalter, der Zeitgenosse, der sich an verschiedenen Informationsquellen laben kann. Eine funktionierende Demokratie braucht ein Medienwesen, das nicht nur dem Anschein nach vielfältig ist, sondern getrennten, voneinander unabhängigen Reaktionen (Redaktionen?) breitgefächerten Qualitätsjournalismus ermöglicht.

Und damit wären wir bei der alles entscheidenden Frage: Wer bezahlt diesen Qualitätsjournalismus?

Ganz unauffällig siecht seit einem Jahrzehnt etwa das altbewährte Finanzierungsmodell der gedrucktem Medien dahin, das eine Kostendeckung von mindestens 50 Prozent durch Anzeigen voraussetzte. Und ausgerechnet jetzt, da diese Einnahmen versiegen, muss massiv in die numerischen Medien (z.B., in unserem Fall, tageblatt.lu) investiert werden, deren Klientel sich dauerhaft auf Gratisbelieferung eingestellt zu haben scheint.
Wenn Eryica eine korrekte Information der Jugend fordert: ja, das geht, wenn ein vielfältiges Angebot bestehen kann, ein solches, an dessen Finanzierung der Konsument nicht unbeteiligt sein kann.

Gratis, liebe Eryica, ist Qualitätsjournalismus nicht produzierbar, auch nicht im Web. Wenn die Papier- und die Distributionskosten entfallen, bleiben alle anderen, zu bezahlenden Posten erhalten: die Redaktion mit ihrer Peripherie (Korrektur, Sekretariat, Grafik, Korrespondenten, Agenturen), die Technik, die Verwaltung usw.

Wir hoffen, dass nicht nur junge Leute, sondern auch die reiferen Generationen, welche die Hauptleserschaft der Print- und Webmedien sind, unsere Argumente als plausibel bewerten und daher bereit sind, für unsere Beiträge zur pluralistischen Information so viel zu bezahlen, wie Qualitätsjournalismus laufend braucht.

Und sogar ein bisschen mehr, für die eine verbesserte Leistung.

Scholnier
23. April 2018 - 16.52

Aber , aber Herr Sold, ich will keine Einstellung der jetzigen Zeitungen, diese sollen nach den Prinzipien der Freien Marktwirtschaft ihr Produkt weiter anbieten. Auch scheinen mir 70,000 Exemplare hochgegriffen , sehe ich vielleicht eine Auflage von 20000 Exemplaren. Zu meiner Einstellung betreffend den digitalen Journalismus eine kleine Erklärung. Vor einigen Jahren hat man mir ein gebrauchtes I.... überlassen , langsam zeigen sich technische Tücken und glauben Sie mir bei Totalausfall wird es nicht erneuert. Mein PC ist Schreibmaschinenersatz , einen Internetanschluss im Haus besitze ich nicht. Allerdings ich bevorzuge noch immer den Füller, lese lieber Bücher und erfreue mich jeden Tag daran ,die gedruckte Presse zu lesen, wozu auch das Tageblatt seit meiner Jugendzeit zählt. Mein täglicher Gang zum Zeitungsladen gehört zu meinem Tagesablauf und sollte ich das Einstellen der Druckpresse noch erleben, was ich nicht glaube , es bedauerlich wäre, verzichte ich dann lieber, als mich " dem digitaliseierten Daiwelswierk " zu unterwerfen.

Alvin Sold
23. April 2018 - 13.13

Herr Scholnier, glauben Sie im Ernst, mit dem Geld, das der Staat als direkte und indirekte Presseförderung einsetzt, liesse sich eine gedruckte Zeitung, die nur Qualitätsjournalismus anbietet und auf Werbung verzichtet, in einer Auflage von, sagen wir mal, 70.000 Exemplaren herstellen? Und Sie gehen davon aus, dass es nach der Einstellung der jetzigen Zeitungen (die ja die von Ihnen entzogene Unterstützung brauchen), überhaupt noch eine Zeitungsdruckerei in Luxemburg gäbe? - Interessant ist Ihre Bemerkung, f!r den alleinigen digitalen Journalismus würden Sie nicht(s) bezahlen. Eine schlechte Nachricht für Kollegen, die vom Papier weg möchten...

Scholnier
23. April 2018 - 7.35

Werter Herr Sold , meine Gedanken gehen dahin , das wird Ihnen sicherlich nicht gefallen, jegliche finanzielle Unterstützung den Medienhäusern zu entziehen. Im Gegenzug würden diese Gelder genutzt eine Zeitung herauszubringen, wo paritätisch jedem Verlagshaus, freien Journalisten , eine Anzahl Seiten frei zur Verfügung stehen.Den Vertretern der Journalisten, Zeitungen obliegt es die genauen Richtlinien festzulegen. Der Druck dieser Zeitung könnte abwechselnd in den verschiedenen Druckereien erfolgen, die Herausgabe dieser Zeitung mit den Fördergelder der EU, vom Staat finanziert werden. Wie ich schon oben erwähnt habe , optiere ich , das Radio 100,7 oder DLF als Vorbild zur Umsetzung solch einer Zeitung zu nehmen, wohlwissentlich dass Printmedien anderen Voraussetzungen unterliegen. Was nun die Abwälzung der Kosten ,Zustellung inbegriffen, auf den Kunden angeht, für mich in unserem marktwirtschaftlichen System eine normale Sache. Als Leser einiger ausländischer Printmedien , bezahle ich auch den reellen Gestehungspreis und dies bin ich auch bereit zutun für inländische Printmedien. Einzig alleine würde ich nicht für digitalisierte Produkte bezahlen, da sie für mich nicht von grossem Interesse und verzichtbar sind, ich das geschriebene Produkt auf Papier bevorzuge.

Alvin Sold
22. April 2018 - 19.51

Herr Scholnier, Sie weiten die Diskussion auf die Postzustellung der Tageszeitungen aus. Es war so, dass die PTT bereit waren, den Verlegern leistungsmässig entgegenzukommen, um den Aufbau einer privaten Zustellungsfirma zu verhindern. In die Kalkulation ihrer Tarife hat die Post niemandem Einblick gewährt; jedenfalls ist es so, dass sie die von ihr errechneten Mindereinnahmen vom Staat kompensiert bekommt. Müssten die Verlage der Post (noch) mehr bezahlen, so könnten sie nicht anders, als diese Kosten auf den Kunden, den Abonnenten umzulegen, was eine Preissteigerung bedeuten würde. Zu Ihrer Idee von einer rein "politischen, kulturellen Zeitung ohne Werbung" die "allen Journalisten offen steht ": könnten Sie ein bisschen deutlicher werden? Wer würde das finanzieren, wer entschiede, wer was publizierte und wann, in welchem Format? An welchem Beispiel inspirieren Sie sich?

Scholnier
22. April 2018 - 17.08

@Sold: Ich schmählere absolut nicht die Arbeit der Journalisten, auch dem Bürger Informationen zukommen zulassen verneine ich nicht. Ich verwehre mich nur dagegen ,daß private Gelder, sprich Steuergelder dazu genutzt werden Medienhäuser die nach privatwirtschaftlichen Kriterien funktionieren zu finanzieren. Ich habe zum Beispiel die ganze Polemik und Problematik betreffend die Zustellung der Zeitungen durch die Post hautnah erlebt, weiss also genau welche Einsparungen die Medienhäuser gemacht haben. Fuhrpark, Personalkosten und vorallem die fast impertinenten Konditionen verschiedener Medienhäuser ,die damals bei Einführung der Zeitungszustellung gestellt wurden , hätten die Medienhäuser selber nicht stemmen können. Sie wissen genauso gut wie ich welche Machtstellung, finanziell und politisch einige Medienhäuser inne hatten. Dass einige dieser Medienhäuser sich verspekuliert haben, ist ihre Sache, aber bitte nicht auf Kosten des Steuerzahlers das Überleben sichern. Ich verwehre mich auch nicht den reellen Gestehungspreis für meine Zeitung zu bezahlen und bin offen für ein geschriebenes Medienprodukt , als Vorbild sehe ich da das Radio 100,7 oder der DLF , wo man den Journalisten eine Plattform bieten könnte. Diese rein politische, kulturelle Zeitung, ohne Werbung , die allen Journalisten offen steht, könnte man dann gratis oder geringes Entgelt dem Interessierten zukommen lassen.

Alvin Sold
22. April 2018 - 10.35

Herr Scholnier, die privatwirtschaftlichen Medienhäuser übernehmen im pluralistisch-demokratischen Staat implizit den Auftrag, die Bevölkerung mit einer umfassenden, verlässlichen Information und den dazu gehörenden Recherchen, Analysen, Meinungen und Kommentaren zu versorgen. Dafür erhalten sie in weiten Teilen der EU eine direkte oder indirekte Unterstützung, was rechtens ist. - Wie können Sie behaupten, ich forderte "noch mehr Kostenübernahme durch den Staat"? Ich bin, wie die meisten meiner Kollegen, gegen eine Kürzung der direkten und indirekten Unterstützung, weil dadurch die notwendige Förderung des Qualitätsjournalismus geschmälert würde. - Die Tatsache, dass "viele Bürger im Lande kein Interesse am geschrieben Wort" haben, erklärt vieles. U.a. die Verkümmerung des Wissens um die Hintergründe der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aktualität, zum Schaden, letzten Endes, des freiheitlichen demokratischen Systems.

Alvin Sold
22. April 2018 - 10.20

Zuerst einmal: Villmols Merci dafür, dass sie Premium aufgrund einer klugen und fairen Überlegung abonniert haben. - Ich kann aber nicht mit Ihrer Aussage "Print ist tot" einverstanden sein. Die gedruckte Tageszeitung hat zwar das Rennen um die schnellste Nachricht verloren (wie übrigens auch Radio und TV; vorne sind jetzt eindeutig die Newssites der Presse), aber sie ist, dank breit aufgestellter Redaktionen, am besten in der Lage, vertiefenden Lesestoff zur Aktualität zu liefern. Das Tageblatt ist ein gutes Beispiel für diesen neuen, wegweisenden Trend; es wird u.a. dafür im Mai in Wien als die beste Lokalzeitung Europas 2017/2018 ausgezeichnet.

Serenissima en Escher Jong
22. April 2018 - 10.07

Weshalb müssen wir denn für etwas bezahlen das wir ja nicht haben in Luxemburg. Ein Medienwesen, das nicht nur dem Anschein nach vielfältig ist, sondern mit getrennten, voneinander unabhängigen Redaktionen breitgefächerten Qualitätsjournalismus ermöglicht. Leider ist unsere Presse ja Partei-hörig, mit wenigen Ausnahmen......die Medien sind als Staats Subventionsempfänger auch nicht ganz neutral....müssen wir also auch für diese Medien die ja nicht unabhängig sind noch mehr bezahlen jetzt...wo ja die Pressehilfe schon großzügig genug ist....

Scholnier
22. April 2018 - 8.00

Im Gegensatz zu anderen europäischen Medienhäuser sind unsere inländischen Protagonisten regelrecht verwöhnt. Alleine würde man der geschriebenen Presse die realen Kosten berechnen, die die Zustellung der Zeitungen durch das Postunternehmen kostet , man vergesse auch nicht die Medienhäuser haben selber die Konditionen zur Zustellung bestimmt, hätten längst einige Medienhäuser Konkurs angemeldet. Die Medienhäuser funktionnieren nach unseren marktwirtschaftlichen Prinzipien, wobei jeder Betrieb der nicht kostendeckend arbeitet, sich einer Restruktierung unterwerfen muss oder Konkurs anmeldet. Ehrlich gesagt die Gewinne die die Medienhäuser einfahren ,werden ja auch nach den Prinzipien unserer Marktwirtschaft an die Investoren oder Aktionäre verteilt. Natürlich stimme ich Ihnen zu, die Arbeit der Medienhäuser soll ihrem Wert nach entlohnt werden, gemäss dem Kostendeckungsprinzipes sollten die Abokosten , inklusive digitale Medien, diesen Kosten angepasst werden. Ich spreche mich auch gegen Kostenübernahme durch den Steuerzahler aus, weil in einer Gesellschaft die nach kapitalistischen Prinzipien funktioniert, der Steuerzahler Privatbetriebe nicht unterstützen soll, wird er doch auch nicht an den Gewinnen beteiligt.Allerdings fordern Sie, als Vertreter der Medien Herr Sold noch mehr Kostenübernahme durch den Staat, den Steuerzahler, sollte man alle Medienhäuser zu einem staatlichen Medienorgan. zusammenschliessen. Das Risiko, totalitärer Staaten gleich, eine manipulierte Informationspolitik.Also Herr Sold, wer gerne eine gute Zeitung lesen möchte , sollte auch bereit sein den vollen Gestehungspreis zahlen. Viele Bürger im Lande haben kein Interesse am geschriebenen Wort und es wäre ungerecht diese mitzahlen zulassen um Privatbetriebe zu unterhalten.

marc wollwert
21. April 2018 - 22.57

sie haben total recht.wir geben unsummen fuer jeden unfug aus,sind aber nicht bereit fuer qualitaetsjournalismus zu zahlen.woran liegt das?sicherlich auch daran dass diese information gratis angeboten wird.jeder der die moeglichkeit hat etwas kostenlos zu bekommen,zahlt eben freiwillig nicht dafuer.das gilt fuer alle konsumartikel zu denen eben auch information gehoert.geiz ist geil. es ist ein pokerspiel.pokern sie so hoch dass der zugang zu den tageblattdienstleistungen in jedem fall kostenplichtig wirdt?wahrscheinlich nicht.sie kennen das moegliche endergebnis.der print ist tot weil die tageszeitung von heute die information von gestern ist.kurz:ich habe soeben tageblatt premium abonniert.es kostet nicht die welt und ist es wert.umsonst ist nur der tod.

Montpellier
21. April 2018 - 13.32

Klortext: wat soll oder misst et da kaschten Här Sold?