Ein offenes Hirn und Herz: Antisemitismus bekämpfen

Ein offenes Hirn und Herz: Antisemitismus bekämpfen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Antisemitismus, alles nur ein Problem von Muslimen und Rechtsextremen: Ist dem wirklich so? Gibt es nicht eher viele verschiedene Facetten, die sich nicht nur in der Politik, sondern auch im Alltag bemerkbar machen? Offen ausgelebt oder unterschwellig? Und ab wann schlägt die berechtigte Kritik an der Kolonialpolitik der israelischen Regierungen und ihrer Unterdrückung der Palästinenser in Judenfeindschaft um? Und umgekehrt gefragt: Sind Aufrufe zum Boykott kultureller und wirtschaftlicher Waren aus Israel gleich antisemitische Handlungen und falsch verstandener Anti-Imperialismus? Ist die Forderung des Einhaltens internationalen Rechts im Nahostkonflikt eine linke Obsession oder nicht vielmehr ein Mittel, um eine Minderheit vor Unrecht zu schützen?

Es sollte gerade an diesem Tag auch in Luxemburg eine ernsthafte Auseinandersetzung mit all diesen Fragen stattfinden. Denn einfache Antworten gibt es nicht, zahlreiche Fakten hingegen schon. Und genau hierin liegt 80 Jahre nach der Reichspogromnacht, die auch hierzulande zur Auslöschung jüdischen Lebens führte, die Kernbotschaft im Kampf gegen Antisemitismus: Kritisches und faktenbasiertes Denken, Argumentieren und Zweifeln sind die stärkste Waffe gegen Verschwörungstheorien und einfache Lösungen. Denn das Schüren von Ressentiments gegen Juden kann nur dekonstruiert werden, wenn man nicht bereit ist, sich auf einen stumpfen Lagerkampf einzulassen. Und sich als Anti-Mainstream zu verstehen, nur weil man statt klassischer Informationsquellen unüberprüfte Halbwahrheiten und Lügen in den sozialen Medien unkritisch konsultiert. Genau diese Informations- und Debattenkultur führt dazu, dass komplexes Denken als „pupeg“ abgetan wird.

Und nicht weniger unbequem: Antworten auf die obigen Fragen variieren je nach Kontext, geopolitischer Situation und manchmal führen sie im Privatleben zu unangenehmen, aber unausweichlichen Konfrontationen mit Freunden oder Bekannten. Denn Antisemitismus ist bei allem Unrecht, das Israels Regierungen in verschiedenen Konflikten begehen und begangen haben, nie hinnehmbar. Es ist inakzeptabel, die Shoah zu verharmlosen und antisemitische Witzeleien und „Hate Speech“ wieder in den Alltag einfließen zu lassen. Gleichzeitig darf eine alle Menschen tolerierende Haltung nicht zum Verbieten von Satire und zu stumpfer „political correctness“ führen.

Denn es ist gerade der Humor der jüdischen Gemeinschaft, der ihr besonders nach dem Zweiten Weltkrieg Kraft schenkte. Avinoam Patt nennt dies „laughter through tears“ (Lachen durch Tränen). Was zunächst völlig daneben und anstößig wirkt, ist nachvollziehbar, wenn schwarzer Humor und Selbstironie den Menschen Hirn und Herz öffnen. Doch gerade dieses Nachdenken stört jene, die, aus welchen Motiven auch immer, stets eine Antwort auf alle Fragen haben – und sei sie noch so eindimensional, reaktionär oder offensichtlich widersprüchlich. Dies gilt für Antisemiten – aber es trifft auch auf jene zu, die eigentlich die jüdische Bevölkerung schützen wollen. Es ist kontraproduktiv, Journalisten weismachen zu wollen, dass Israel etwa dem ungarischen Antisemiten und Regierungschef Viktor Orban problemlos den roten Teppich ausrollen darf, nur weil die EU sich für eine Lösung mit Bedingungen im Nahostkonflikt einsetzt. Genau dies tat aber eine diplomatische Mitarbeiterin Israels jüngst bei einem Besuch im Tageblatt.
Da hilft nur lachen, um nicht zu weinen.

GuyT
10. November 2018 - 10.59

Superartikel

tarzan
9. November 2018 - 19.39

Es gibt 2 probleme auf der welt die nicht gelöst werden können. Problem 1, wie wir alle wissen, sind es die wohnungspreise hier bei uns. Problem 2 – israel und palestina. Kurz geschildert: es gab schon immer juden in palestina auch wenn die römer die bevölkerungsdichte ein wenig veränderten—vor, während und nach dem 2.weltkrieg kamen (aus verständlichen gründen) noch mehr hinzu. Nach dem krieg teilte die uno palestina zwischen juden und palestinänsern auf, was letztere (aus verständlichen gründen) nicht wollten. Es kam zu mehreren kriegen wo man die juden ins meer treiben wollte. Das resultat ist bekannt. Ein rückkehr der palestinänser nach israel ist nicht mehr möglich, es würde zu einem bürgerkrieg (libanisierung/hamas/hisbolah) führen. Jeder vertrag mit den nachbarländern der israelis, alles diktaturen, kann jederzeit von einer neuen (islamischen) regierung gekippt werden. Für israel ist der status quo (aus verständlichen gründen) die beste lösung.

roger wohlfart
9. November 2018 - 16.38

Im Grunde genommen müssten die Israelis wissen was es heisst, verfolgt und ausgegrenzt zu werden. Die Judenverfolgung und die Konzentrationslager geben ihnen nicht das Recht die Palästinsener so zu bekämpfen wie sie es seit Jahrzehnten tun. Aus falscher Rücksicht, Feigheit oder strategischem Interessen sehen die EU und die USA nicht hin und prangern diese Vorgehensweise nicht an. Gefährlich sind die, die keinen Humor haben und nicht über sich selber lachen können, das sind Fundamentalisten und Fanatiker. Auch unter Adolf war Humor lebensgefährlich, genauso unter Stalin, Mao und den südamerikanischen Diktatoren oder dem türkischen Despoten. In Wahrheit ist es ein Zeichen der Schwäche, den Humor zu verbieten und zu bestrafen.

Jacques Zeyen
9. November 2018 - 9.24

Ustinov schrieb einst ein Buch: " Achtung-Vorurteile." Wenn Homo Sapiens sich als solchen bezeichnet,sollte er auch als solcher handeln. Dazu gehören ebenso,sich nicht als "Auserwähltes Volk" zu halten, wie Ungläubige in die Luft zu sprengen, Minderheiten,ob religiös oder kulturell in die Ecke zu drängen, wie als Minderheit durch unzeitgemäße,gar menschenfeindliche Riten,den anderen Menschen auf die Füße zu treten. Zusammenleben geht nur mit Rücksicht und Akzeptanz,dies gilt aber für beide Richtungen. Und "political correctness" darf nicht soweit gehen,dass Unrecht hofiert werden kann.