Ein Land, ein Lied? Die Nationalhymne trifft nicht den richtigen Ton

Ein Land, ein Lied? Die Nationalhymne trifft nicht den richtigen Ton

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Vor knapp zwei Wochen stieß Bodo Ramelow, der linke Ministerpräsident von Thüringen, eine Debatte an, indem er behauptete, viele Ostdeutsche könnten sich nicht mit der aktuellen Nationalhymne, dem sogenannten „Deutschlandlied“ identifizieren. Er schlug Brechts „Kinderlied“ als Alternative vor, da diesem ein aufgeklärteres Heimatverständnis innewohne und es weniger Menschen ausschließe.

Hierbei stellt sich die Frage, ob ein einziges Lied überhaupt inklusiv wirken kann, wenn es um ein derart komplexes Konstrukt wie die Nation und ein Gefühl dazu geht. Über Geschmack bei musikalischen Erzeugnissen lässt sich in der Öffentlichkeit vorzüglich streiten. Dennoch zählt, dass jeder im privaten Kontext die Freiheit hat, seine Playlist so zusammenzustellen, wie er es für richtig hält.

Nationalhymnen suggerieren hingegen einen Konsens, den es nicht gibt. Nimmt man nun zum Beispiel die „Heemecht“, muss man sich fragen, wie realistisch es ist, zu glauben, dass 600.000 Menschen, von denen nicht gerade wenige um ihre Existenz kämpfen, sich 2019 noch mit Zeilen identifizieren können, die 1859 ein Staatsbeamter verfasste.

Unter „O Du do uewen, deem seng Hand duerch d’Welt d’Natioune leet“ verstehen viele heutzutage vielleicht eher Trump als irgendwas Gottähnliches. Auch die Passage „Sou ouni Pronk an deire Glanz (…) Wéi wunnt et sech sou heemlech dran / wéi ass ’t sou gutt doheem“ klingt im Angesicht der dramatischen Situation auf dem Wohnungsmarkt wie eine Farce.

Die vom Künstlerkollektiv Richtung 22 intendierte Umdichtung der luxemburgischen Nationalhymne gelangte leider nie vollends an die Öffentlichkeit, da die Polizei erschien, bevor die Alternativversion am Vorabend zum Nationalfeiertag mit Kreide bei der Philharmonie angebracht werden konnte.

Die Fassung beinhaltete unter anderem Zeilen wie „Den Auslänner kee Stëmmrecht kritt“, „D’CSV am Bronge fëscht“, „De Flüchtling zeréck an d’Krichsgebitt“, „PwC Gesetzer mécht“. Auch die Schlusszeilen der ersten Strophe haben es in sich: „Dat ass ee Land, dat kann een net ouni Alkohol erdron, Ons Heemecht ass een Disneyland an d’Banken, déi hunn d’Soen.“ Ob diese Zeilen nun munden oder nicht: Es handelt sich um Reflexionen einer jungen Generation, die sich ernsthafte Gedanken über den aktuellen Zustand ihres Landes macht, statt nostalgisch eine verklärte Sicht auf ein Land zu besingen, das es in einer derart zuckersüßen Form nie gab.

Als Alternative zum Anachronismus, der sich in der „Heemecht“ widerspiegelt, könnte die ursprüngliche Melodie einem Medley weichen, das die verschiedenen Klänge wiedergibt, die sich in der Gesellschaft finden lassen.

Dann stünde zum Beispiel der neue Reggae-Sound der Band The Disliked neben jenem sanften Gitarrenspiel der Künstlerin C’est Karma und den melancholischen Passagen so mancher Luxemburger Jazzer. Nicht fehlen dürften portugiesische und afrikanische Töne sowie Balkan Beats, die bei Teilen der Bevölkerung den Takt angeben.

Diese Liste kann fast endlos fortgeführt werden und ihre musikalische Umsetzung wäre ohne Zweifel interessant. Vielleicht sollte es auch dann vorerst bei dieser Instrumentalversion bleiben. Kontroverse Debatten über die Nation, in der man lebt, müssen immer wieder auf ein Neues bestritten werden und lassen sich nicht vorschnell in das enge Korsett von Strophen zwängen. Es geht hier um mehr als nur ein perfektes Reimschema.

pierre Wollscheid
12. Juni 2019 - 11.51

Mir mussen net mengen mir giffen Rad nei erfannen mä ech sin der Meinung das de Refrain geng dour goen. awr eis Musik ass eng mat dennen schéinsten aus ganz Europa.

de Schéifermisch
2. Juni 2019 - 13.06

Vollkomme richteg!!!!!!

de Schmatt
2. Juni 2019 - 13.04

Dann eben de Jangli. Merci fir Är Opmierksamkeet.

anne
2. Juni 2019 - 7.39

Waat hu mir awer Suergen hei am Land.Elo huet awer irgendéen déi Seit der Musel én 1 Lawine las getrëppelt a schons geed et och hei lass.Ons Hymne as gud wéih se as a soll och esou bleiwen.Souwisou wösen der x vill nëtt den Text also wat soll dat gemëckers

Jemp Schmit
1. Juni 2019 - 18.43

Daat war net den Charly mee den Jangli. Den Jangli as op Remich gefuer, den Charly op Iechternach.

de Schmatt
1. Juni 2019 - 15.14

… oder " de Charly fiert den Houwald erop….. "

de Prolet
1. Juni 2019 - 15.12

Wa mer eis éineg sinn, dass déi offiziell Nationalhymn aus der 1. Strof besteet, wou ass dann de Problem? Ech wier gespant ze wësse, wéivill % vun de Lëtzebuerger iwwerhaapt wësse wéi eis Nationalhymn heescht.

Zahlen
1. Juni 2019 - 12.36

"Kënne mir eis nët einfach op déi 1. Strof vun der Heemecht beschränken? " Dat ass souwisou de Fall. Wa bei engem Rallye pédestre déi 2. Strof gefrot gëtt, da ginn se all bei friem Leit schellen ob déi e Gesangsbuch hunn.

Le républicain zu London
1. Juni 2019 - 6.43

Freier ass jo och oft der Feierwon als Nationalhymn gebraucht ginn den Här Bausch als alen Eisebunner sollt dat emol virschloen, awer den desolaten Zoustand vun der CFL ass kaum eng Recommandatioun.....d'Schwäiz hunn just eng Hymn awer keng Wieder, dat wier d'Solutioun well mir jo esou sproochlos glécklech sinn am Ländchen, ha,ha, 

Jacques Zeyen
31. Mai 2019 - 17.57

" Wann Cannabis grouss sinn." Ganz gutt.

Mephisto
31. Mai 2019 - 17.07

Vollkommen richtig ! Wenn man sich die Texte der meisten Nationalhymnen anschaut , erfasst einen das blanke Grauen....égorger vos fils, vos compagnes... Als Serge Gainsbourg 1979 die Marseillaise als Reggae-Song persiflierte ( aux armes etcaetera ) wurde er medial fast gelyncht. Es wird immer ein heisses Eisen bleiben.

de Koschter
31. Mai 2019 - 15.45

Oder verschiddene Mënschen näischt mat Him!

de Prolet
31. Mai 2019 - 15.43

Kënne mir eis nët einfach op déi 1. Strof vun der Heemecht beschränken? Dat ass jo scheinbar fir vill Leit nach Text zevill. Wa mer déi beim Spillen vun der Nationalhymn mattsange kënnen , géif dat schons duer goen. Dee läschten Deel sierf dann dem Erzböschof an de Kierchgänger iwwerlooss. Oder fir déi Jonk, kënnten och Tonnar père et fils en deementspriechend Lidd , Melodie an Text schreiwwe resp. komponéieren. Da kriete mer Stëmmung an d'Bud!

Clemi
31. Mai 2019 - 14.53

das ist ja mal ein toller leitartikel!

Grober J-P.
31. Mai 2019 - 11.23

Wou ass deen do uewen? Hien wëllt einfach näischt mat dëser Mënschheet ze din hun, hien weess firwat!

Jacques Zeyen
31. Mai 2019 - 11.12

Schlage Wolf Biermann vor. " Ach Mutter mach die Türe zu,es kommen tausend Ratten. Die hungrigen- sind vorne weg,dahinter sind die satten-." Aber im Ernst. Ob Säbelgerassel " Allons enfants.." oder Götterdämmerung " Du do uewen" ,diese Texte entstanden in Zeiten in denen Menschen Elend ertrugen und von Gott,König und Vaterland "verarscht" wurden. Wir brauchen eine Hymne,wenn überhaupt,die für jeden Weltbürger steht.Denn Nationalismen sind tödlich.