Die Selbstzerfleischung: Zum Nachtreten von Wilmes und den Problemen der CSV

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Es gab Zeiten, da wurden die Mandatsträger der CSV so diskret hinter den Kulissen bestimmt, dass die breite Öffentlichkeit meinte, es herrsche eine himmlische Eintracht in der Partei, die ja einer der Weltreligionen besonders nahesteht.

Dass dem nicht so ist und wahrscheinlich nie so war, wurde am Mittwoch (20.2.) mit der ganzen Brutalität verdeutlicht, die solchen Lebensenttäuschungen inhärent ist: Ganz offen beklagte sich der Verlierer im Bruderkampf um das Amt des Übervaters der Christlichsozialen, des CSV-Parteipräsidenten, im Radio (RTL) über seinen Kontrahenten, dem er demokratisch unterlegen war.

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Zwar wollte Serge Wilmes nicht direkt bestätigen, dass im Vorfeld des bestimmenden Kongresses intern gegen ihn gearbeitet wurde, seine Kritik an Frank Engel saß aber auch so: Er warte immer noch auf das Projekt von Engel im Sinne der Partei und dies habe damit zu tun, dass es dem neuen Mann an der Spitze eben nicht um die CSV, sondern um sich selbst gegangen sei.

Somit hat Wilmes nicht nur ein CSV-Tabu gebrochen, sondern auch den ewigen Nachwuchspolitiker Félix Eischen bloßgestellt, der von seinem Bezwinger Engel zum Generalsekretär gemacht wurde und der Informationen unserer Redaktion über Streit zwischen Partei und Fraktion öffentlich mit den Worten abtat: „Gleeft Dir dem Tageblatt dat dann?“

Mittlerweile ist dies – wie so vieles im 21. Jahrhundert – keine Frage des Glaubens mehr: Offensichtlicher kann ein Streit zwischen Politikern einer Partei kaum werden, insofern sie nicht handgreiflich werden. Die Steigerung „Feind – Todfeind – Parteifreund“ konnte kaum plakativer verdeutlicht werden als mit der Wilmes’schen Aussage, nicht das Wohl der Partei liege Frank Engel am Herzen, sondern seine eigene Zukunft.

Er, Wilmes, habe das Gefühl, wir schrieben nicht das Jahr 2019, sondern bereits 2023, da Engel jedem, der es hören wollte, erklärte, er sehe sich als Spitzenkandidat seiner Partei für die nächsten Parlamentswahlen und somit auch als potenziellen Staatsminister (dass die CSV ein drittes Mal hintereinander die Oppositionsbank drücken könnte, kommt selbst in den furchtbarsten Albträumen der christlichen Politiker nicht vor).

Der Auftritt gestern war jedenfalls weit entfernt von dem freundlichen Grinsen, das sich Serge Wilmes nach Bekanntgabe der Resultate und somit seines Scheiterns auf besagtem Parteikongress abgerungen hatte.

Der Lack der parteiinternen Solidarität und Geschlossenheit, der seit Gründung der CSV am 15. Dezember 1944 und wahrscheinlich bereits vorher, als die CSV noch Rechtspartei hieß, für elektoral wichtigen Glanz sorgte, ist ab und mit ihm auch ein Aspekt des Erfolges.
Mittlerweile schaffen es ehemalige Würdenträger und „Juncker-Doyens“ wie Luc Frieden nicht einmal mehr widerstandslos an die Spitze von Unternehmerverbänden, eine ganze Riege ehemaliger EU-Kommissare und nationaler Minister mit Reding, Wiseler, Spautz, Halsdorf, Wolter, Modert usw. riskiert, mehr oder weniger in der politischen Versenkung zu verschwinden.

Was die CSV zurzeit in ungewohnter Form erlebt, wirkt nach außen mehr wie eine Agonie mit kannibalischem Charakter als wie eine Krise …

KTG
23. Februar 2019 - 8.16

Das stimmt, zu einer dauerhaften Schwächung durch öffentliche Entzweiung hat es allerdings dennoch geführt, wenn auch nicht sofort.

roger wohlfart
21. Februar 2019 - 23.54

Die Spaltung der LSAP mit Gründung der SDP, in den 70er Jahren, war allerdings ideologisch begründet und war nicht das Resultat personeller Streitigkeiten.

KTG
21. Februar 2019 - 19.44

Naja... die erste Partei ist es nicht, die sich in aller Öffentlichkeit zerfleischt. Man erinnere sich an die LSAP und Astrid Schiffling aus Lullingen, und deren Parteigründung. Auch die Grünen haben mehrere Anläufe gebraucht, um überhaupt eine gemeinsame Partei auf die Reihe zu bekommen. Und dann sind da ja noch die Stalinisten von der KPL und die nicht-mehr-ganz-Stalinisten von déi Lénk. Die CSV ist da in bester Gesellschaft, sie macht es nur zu einer Zeit, in der die Nachrichten schneller die Menschen erreichen und eine Partei dadurch auch schneller riskiert, sich selbst abzusägen.

KTG
21. Februar 2019 - 19.40

Tja, si hate jo e Plang, just datt se eis näischt dovu verrode wollten an dofir elo an der Oppositioun sëtze bleiwe mussen. Sou wéi et ausgesäit, hu se och nach ëmmer näischt geléiert.

jang_eli
21. Februar 2019 - 16.42

5 Joër lang kee konnen am "CSV-Staat" plazéieren. Daat war schon d'Feegfeier. An elo nach eemol daat selwecht 5 Joër lang. Et ass d'Hell. Sou ongeféier huet den Engel bei der RTL table-ronde zum thema CSV gesouert. An elo dämmert daat esou lues jidderengem an der CSV. A wann sie elo eng "Oppositiounspartei" ass, kann daat bedeiten dass sie daat 2023 och eventuell rem bleiwt. An daat beonrouegt suwuel d'Engel wéi d'Wilmes Lager, a béid hunn, zumindest momentan, dogéint kee Plang. Déi aal wëssen datt hir Zäit oofgelaaf ass an déi Jonk wëssen datt am Land nach keen e Su op sie setzt. Eng CSV déi nët méi, oder momentan nach nët gebraucht gëtt. Daat ass Panik pur !

roger wohlfart
21. Februar 2019 - 9.34

Das ist ein Novum in unserer politischen Landschaft, dass eine Partei sich so zerfleischt ,schwächt und sich zum allgemeinen Gespött macht. Aber bei dem Wahlmodus zum Vorsitzenden und der vorangegangen internen Kampagne,war diese Spaltung vorhersehbar. Die CSV ist kopflos, ohne Führung, wie ein Schiff ohne Kapitän auf stürmischer See. Das Ganze läuft aus dem Ruder und die Opportunisten machen sich aus dem Staub, weil es ungemütlich wird und die erstrebten Pöstchen ausser Reichweite sind. Aber das hat sie sich schliesslich selbst eingebrockt, die Rechtspartei, die jahrzehntelang unangefochten das Sagen hatte und einen Rattenschwanz von Mitläufern hinter sich herzog. Das alte Sprichwort " alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei ", scheint sich mit diesem Trauerspiel zu bewahrheiten.