Der VR-Faktor

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Dhiraj Sabharwal beschreibt in seinem Editorial, weshalb Viviane Reding Claude Wiseler das Leben zur Hölle macht und wieso die CSV nicht über Inhalte, sondern über Köpfe streitet.

Das hatte er sich wohl anders vorgestellt: Seit Wochen wird CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler von Parteikollegin Viviane Reding (VR) vorgeführt. Mal wirft sie ihm schlechte Oppositionsarbeit vor, mal stiehlt sie ihm ganz einfach die Show. Zuletzt schickte sie der Presse – während er eine Pressekonferenz abhielt – eine E-Mail mit all ihren bevorstehenden Terminen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …

Selbst die mühsame Diskussion, in welchem Bezirk Reding denn antreten soll, ist immer noch nicht beendet. Weder Wiseler noch Parteipräsident Marc Spautz wollen dem unberechenbaren VR-Faktor in ihrem Wahlbezirk ausgeliefert sein. Reding freut sich derweil über die unverhältnismäßig große mediale Aufmerksamkeit.

Gerade deswegen sollte man sich nicht zu sehr mit dieser „Politique politicienne“ beschäftigen. Denn die peinlichen Scharmützel von Reding und Co. verdeutlichen vor allem eins: Bei der CSV scheint es wichtiger zu sein, wer redet, als die Frage worüber eigentlich gesprochen wird. Und gerade hier zeigt die Partei schizophrene Züge, die mal pater-, mal maternalistisch anmuten.

Im Falle Redings wirkt es zum Teil peinlich, wie sie den Herren, die sich sonst über „rosa Uniformen“ lustig machen, elektorale Schweißperlen auf die Stirn zaubert. Dass die Parteispitze der gestandenen Europapolitikerin vorschreiben will, wie sich zu benehmen hat, erinnert dann doch arg an vergangene Zeiten, in denen das übergroße Parteioberhaupt die Richtung vorgab und alle anderen gefälligst den Mund zu halten hatten. Insofern scheint auch die ach so auf Erneuerung bedachte CSV die langen Junckerschen Jahre nicht wirklich verdaut zu haben. Und will sie das eigentlich, sie, die konservative Partei, die glaubt in der Mitte angelangt zu sein, es aber eigentlich nicht ist und nie war?

Aber nicht nur die Herren zeigen, wofür die Partei eigentlich steht. Wer sich zuletzt anhörte, was die gestandene CSV-Politikerin Astrid Lulling zum Besten gab, kann auch hier nur feststellen, dass die jungen Nachwuchspolitiker in dieser Partei belächelt werden. Studenten und andere jüngere Menschen scheinen als „Schnuddler“ ohne Daseinsberechtigung wahrgenommen zu werden. Selbst die „dichteg“ Reding solle besser in Straßburg bleiben, meint Frau Lulling, die noch so manches Hühnchen zu rupfen hat. Da hilft es auch nicht, wenn CSV-Generalsekretär Laurent Zeimet dem Nachwuchs von der CSJ ein offenes Ohr verspricht.

All diese Entwicklungen bestätigen demnach eins: Die CSV führt keinen inhaltlichen Richtungsstreit, sondern einen rein internen Macht- und Wahlkampf. Reding versucht, den ihr zur Verfügung stehenden Spielraum zu nutzen, Marc Spautz schürt (un)bewusst, aber dafür umso ehrlicher und offensichtlicher Ressentiments gegen Menschen, die nicht so recht ins klassisch konservative Weltbild passen wollen. Wer wie er über Homosexualität als „Szene“, wie jüngst in einem Tageblatt-Interview geschehen, spricht, drängt Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung ins Abseits, also in den Untergrund, dort wo man sie in einer konservativen Friede-Freude-Eierkuchen-Welt am liebsten sehen wollte.

Und die LSAP? Die leistet sich den Luxus, in aller Öffentlichkeit einen waschechten demokratischen Richtungsstreit vorzuleben, der die Schwerpunkte für die Wahlen, aber auch die kommenden Jahre definieren soll. Dass die Jungsozialisten und vermeintlich junge LSAP-Mitglieder sich mit dem Establishment anlegen und umgekehrt, wird aber von der Öffentlichkeit nicht mit Anerkennung gewürdigt. Im Gegenteil. Viele sehen nur das Bild eines zerstrittenen Haufens. Dass die Sozialisten aber immerhin den Mut aufbringen, sich inhaltlich neu oder zumindest anders positionieren zu wollen, sollte in diesen oberflächlichen Wahlkampfzeiten hervorgehoben werden. Luxemburg ist nun mal mehr als der VR-Faktor.

Sandrine
24. Februar 2018 - 11.30

Suggeriert der Autor dass Frau Reding nichts anderes ist als eine Täuschung (Virtuelle Realität)? Ich bin nicht sicher ob der designierte Csv-Spitzenkandidat auch so empfindet. ;-)

Mick
24. Februar 2018 - 10.44

Geschmunzelt habe ich beim lesen dieses Artikels, bis ich dann beim letzten Abschnitt aber laut lachen musste! Als LSAP Freund, scheint sich der Schreiber des Artikels die Welt so zu malen wie er sie sich wünscht!!!

Sabine Hammer geschiedene Sichel
24. Februar 2018 - 10.42

Eigentlich wollte ich das erste mal in meinem Leben CSV wählen, aber seit diese abgehobene Frau da mitmischt, wähle ich wieder die Kommunisten;-)