Das Kalkül der Schelme

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Tageblatt-Redakteur Armand Back zum Thema Rechtspopulismus.

Aus politischem Kalkül heraus wollen einige uns verrohen lassen. Bereits wer in der Griechenland-Krise das schlimme Los vieler Griechen erwähnte, geriet zuweilen unter Stalinismus-Verdacht. Als schicker galt es, sich auf die Regeln des EU-europäischen Zusammenlebens zu berufen. Erschreckenderweise lassen sich die mehrheitlich so zusammenfassen: Wer den Karren auf die Wiese fährt, soll ihn gefälligst selber wieder herunterholen. Aus der Griechenland-Krise wurde, ohne sie so zu nennen, die Griechen-Krise. Dem Schulterschluss mit Schwachen zog man, oft ohne daran zu denken, die Solidarität mit deutschen und französischen Großbanken und Griechenlands Superreichen vor.

So gesehen kann es kaum wundern, dass die Willkommenskultur im Flüchtlingssommer 2015 nur ein Aufflackern war, an dem Rechtspopulisten später ihre Flammen zündeten. Wer sich allzu schnell einreden lässt, der griechische Rentner solle gefälligst für die Pleite seines Staates geradestehen, dem fällt es auch weniger schwer einzubläuen, Flüchtlinge seien schuld an Krieg und Hunger, die am Beginn fast jeder Flucht stehen. Mitmenschlichkeit abzubauen ist ein Leichtes, etwas Neid säen – et voilà. Sie zu verteidigen, kann politische Parteien verschleißen, sie gar in Existenznöte bringen. Was uns in ein leicht unheimliches Gefilde unserer Gesellschaft führt: die Mitte.

Linear betrachtet ist die Mitte nichts anderes als der Raum zwischen zwei Extremen, das eine liegt links, das andere rechts davon. Die Mitte bestimmt die Extreme, steht aber gleichzeitig unter ihren Einflüssen. Das europäische Superwahljahr hat viele Fragen aufgeworfen.

Eine davon ist, wo sich die alten politischen Kräfte selber verorten auf dieser Linie. Ist die Sozialdemokratie noch links genug? Sind die konservativen Kräfte zu weit nach rechts gerückt (etwa in Österreich) oder nicht weit genug (etwa in Deutschland)? Oder ist das alles falsch gedacht, und die Konservativen waren zuletzt zu „links“ und rückten wieder zurück in diese ominöse Mitte? In Österreich stimmten sechs von zehn Wählern für Inhalte der extrem rechten FPÖ – wenn 60 Prozent keine Mitte sind, was ist dann noch Mitte?

Das bringt uns zur Politik und zu ihrer Aufgabe. Wer Wahlen gewinnen will, braucht dafür zweifelsohne die Stimmen der Mitte. Nun gibt es zwei Wege, an diese zu kommen. Entweder man überzeugt sie mit Zukunftsplänen, die Hoffnung machen und Sicherheit versprechen und demnach Ängste beseitigen. Das wäre eine Politik mit Visionen. Oder aber man pickt sich die Ängste der Mitte heraus – diese Ängste gibt es und daran ist auch nichts Verwerfliches – und bedient sie vollumfänglich im Sinne des eigenen Zweckes, der Macht, und ohne Rücksicht auf längerfristige Konsequenzen wie die anfangs erwähnte Verrohung und der damit einhergehende Verlust an Mitmenschlichkeit. Das wäre die Politik der Bestandswahrung, populistisch und, wenn es um Ängste vor Fremdem geht, rechtspopulistisch.

Die von Rechtspopulismus getragenen Erfolge in Österreich und Tschechien haben dem europäischen Superwahljahr zwei bittere Pointen aufgesetzt. Sie zeigen die Trennlinie auf, auf der Politik auch künftig entschieden wird. Ängste zu erkennen und für sich zu gebrauchen erfordert keine politische Vision, nur plumpes Kalkül. Wie der Schelm ist, so denkt er, und das macht ihn und sein Ansinnen auch erkennbar.

Ängste zu erkennen und dabei zu helfen, sie zu überwinden, durch Ideen und Optimismus und realistische Lösungsangebote, ist schwieriger, muss aber das Maß politischer Verantwortung bleiben. Pessimismus ist dabei fehl am Platz. Schließlich hat 2017 noch etwas gezeigt: Langweilig wird Demokratie nicht.

Lucas
23. Oktober 2017 - 20.12

Kann man heute noch das künstliche Schema von Links-Mitte-Rechts aufrechterhalten? Ist man heutzutage nicht eher geneigt, auf Basis verschiedenartiger Informationen, Ideeen zu verteidigen, die einem logisch scheinen, in ein Gesamtbild passen und keinen direkten Schaden bewirken oder Spätfolgen nach sich ziehen? Warum eigentlich werden Populisten nur "rechts" entlarvt? Und warum wird der Begriff immer nur als Schimpfwort verwendet? Und der Schelm? Auf welcher Seite sitzt der genau? Warum sind Täter mit ähnlichen (Straf-)Taten links Aktivisten und rechts Terroristen? Mir allein ein Rätsel?

Marius
23. Oktober 2017 - 17.58

Am Beispiel der letzten Wahlen in Deutschland lässt sich praktisch nachvollziehen, wie unmündig, unzuverlässig und politisch ungebildet die Bürgergesellschaft des angehenden 21. Jahrhunderts zweifellos ist. Die Bundeskanzlerin Frau Merkel, hat in der Flüchtlingsfrage nachweislich versagt, indem sie gegen den gesunden Menschenverstand und gegen die demokratischen Prinzipien verstieß. Die arabische und afrikanische Welt, begann unkontrolliert, nach Deutschland und ganz Europa einzuwandern. Wie schon bei Faust nachzulesen ist, „die Geister die ich rief, ich ward sie nimmer los“. Es war einer der letzten Sargnägel ins Gefüge der krisengeschüttelten EU. Dies ist meines Erachtens der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Genau auf diese Gelegenheit hatten die Populisten und andere faschistischen Kräfte schon lange gewartet, denn jetzt ist ihre Zeit gekommen um eine Eigendynamik zu entwickeln, welche sie in die Lage versetzen wird ins politische Geschehen eingreifen zu können. Es ist nur der Weitsicht der alten Ostblockländer zu verdanken, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist. Aus der Geschichte hat die EU jedenfalls nichts gelernt, obschon ihre Vertreter vollmündig behaupten, dass es in Europa keinen Krieg mehr geben darf. PS: Nein, die Merkel hat die Kanzlerschaft nicht verdient.

GuyT
23. Oktober 2017 - 17.00

Wer sich allzu schnell einreden lässt, der griechische Rentner solle gefälligst für die Pleite seines Staates geradestehen, dem fällt es auch weniger schwer einzubläuen, Flüchtlinge seien schuld an Krieg und Hunger, die am Beginn fast jeder Flucht stehen. Mitmenschlichkeit abzubauen ist ein Leichtes, etwas Neid säen. ad1) So wie es jetzt aussieht stehen dann die deutschen Rentner für die grieschischen Staatsschulden gerade (obwohl dies laut EU Regeln eignetlich ausdrücklich ausgeschlossen ist) ad2) Keiner , sogar die schlimmsten Polulisten nicht, behaupten FLüchtlinge seien Schuld an Krieg und Hunger Die Neiddebatte wurde in Deutschland ausgelöst dadurch, dass man jahrelang den Kleinverdiener und Retner jegliche Besserstellung verweigerte, unter dem Verweis , dass kein Geld im Staatssäckel wäre- dann aber ohne Zögern 30-40 Mia pro Jahr aus dem Hut zauberte um die Integrationskosten zu stemmen. (Gutverdiener tun sich natürlich leicht im Morallektionen zu erteilen). Linke-Politikerin Wagenknecht, die nicht unter dem Verdacht steht rechtslastig zu sein, hat auf diesen Widerspruch hingewiesen. Wer Menschlichkeit einfordert, muss auch erklären warum dies nur gilt für den Personenkreis der in den Medien steht, wissend ,dass weltweit Mio. Menschen jährlich an Hunger sterben denen mit weit weniger Geld das Leben gerettet werden könnte.

Serenissima
23. Oktober 2017 - 8.03

Das Problem liegt doch nur bei der Art und Weise wie die Mutti die Flüchtlingskrise angegangen ist, unter Verletzung der EU Verträge (Dublin Abkommen) hat sie die Flüchtlingswelle eingeladen nach Deutschland zu kommen, was natürlich erklärt dass ander EU Staaten die nicht gefragt worden sind sich da quer gestellt haben und dass auch Österreich jetzt nach Rechts abgedriftet ist, weil eben dort auch FLüchtlinge hängen geblieben sind die die Mutti ja eingeladen hatte.. Die Abneigung gegen die EU auch in der Tschechei erklärt sich eben dadurch dass ein Mitgliedsland die andere EU Länder einfach vor ein " fait accompli" gestellt hat hat und die EU im Nachhinein auch noch versucht hat diese Politik durch FLüchtlingsverteilung den anderen EU Ländern aufzuzwingen. DEshalb haben die Rechtspopulisten oder rechtslastige Politiker es einfach. Die Griechenland Krise in diesem Zusammenhang ist schon ein anderes Problem, da hatte Deutschland einfach nicht gewollt den Schuldenberg den die Politiker in diesen Land angehäuft hatten zu lindern: klar die Leidtragenden sind das griechische Volk das in jeder Hinsicht ausgeblutet worden ist um die Fehler der eigenen Regierung zu beheben und die EU hat sich auch diesmal hinter Deutschland gestellt und ist hart geblieben: man wollte den Griechen keine Schulden nachlassen....aus Prinzip aber im Ende nur weil Deutschland nicht wollte. Der Zahlmeister ist Deutschland und was die Mutti macht wird von der EU immer danach immer gut geheissen. Die rechtslastigkeit einiger Politiker und Staaten ist also nur verschuldet worden durch das Verhalten einer Frau in Deutschland...und jetzt haben wir den Salat..

Jeannosch
23. Oktober 2017 - 7.54

Wenn die etablierten Parteien versagen, ihre Machtansprüche überwiegen , braucht man sich nicht zu wundern, wenn das Volk andersweitig nach Wahlalternativen sucht.