Crash am Horizont – Pierre Gramegna will Luxemburg keine Angst machen

Crash am Horizont – Pierre Gramegna will Luxemburg keine Angst machen

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Was ist der Unterschied zwischen Kapitalismus und Sozialismus? Im Sozialismus wird erst verstaatlicht und dann ruiniert – im Kapitalismus ruiniert und dann verstaatlicht. In Luxemburg lebt man ein wenig beide Szenarien zugleich. Das Resultat ist eine sehr eigene Form der sozialen Marktwirtschaft.

Sie sichert den sozialen Frieden, verhindert flächendeckenden Sozialabbau und kann im Zusammenspiel mit fortschrittlichen Kräften die Negativauswüchse entfesselter Märkte lindern. Letztere verhindern, ist aber nur das Ziel von Randparteien. Stimmen zudem die Staatseinnahmen und die Konjunktur, lässt es sich als systembejahender Politiker eigentlich angenehm regieren. Eigentlich. Wären da nicht die Horrorszenarien von Ökonomen, die Finanzminister rund um die Welt ins Schwitzen bringen. Pierre Gramegna ist hier keine Ausnahme.

Dreierkoalition feiert sich selbst

Die Dreierkoalition feiert zwar zurzeit die „gute Gesundheit“ der Staatsfinanzen. Selbst die Sozialdemokraten ergötzen sich an der „schwarzen Null“. Allerdings wird ihnen die gute Laune von einem gänzlich unspektakulären Gremium vermiest: dem „Comité économique et financier“. Laut diesem sind Negativszenarien denkbar, in denen sich die finanzielle Situation Luxemburgs verschlechtern könnte.

Finanzminister Gramegna kommentierte diese Einschätzung gegenüber RTL: „Et soll een net Angscht wëlle maache mat Szenarien, déi vum ‚Comité économique et financier‘ ausgerechent gi sinn.“ Seine Argumentation funktioniert ungefähr so: Man müsste eine viel tiefgreifendere Analyse vornehmen, die dann aber auch positiven Entwicklungen als Gegengewicht Rechnung trägt. Eine merkwürdige Definition von Risiko-Analyse. Denn: Die Analyse von wirtschaftlichen Risiken berücksichtigt nicht positive Entwicklungen, sondern versucht vielmehr, potenzielle Einnahmeverluste und das Schwankungsverhalten von Einflussgrößen auf diese einzuschätzen.

Bloß keine unangenehmen Fragen

Gramegna kritisiert zudem, dass die zwei Monate alten Szenarien etwas überlebt wären und die Einschätzungen mittlerweile „positiver und nicht negativer sind“. Auch hier zeigen sich Löcher in seiner Argumentation. Nun stimmt es, dass das Verändern des Zeitraums der Risiko-Analyse maßgeblich das Resultat beeinflusst. Dennoch wirkt es absurd, das Szenario eines Expertengremiums wegen mangelnder Komplexität infrage zu stellen und gleichzeitig von positiveren Szenarien zu sprechen, ohne die vermisste Komplexität in die eigene finanzielle Argumentation einfließen zu lassen. Hinzu kommt, dass die von Gramegna gewählte Argumentation äußerst kurzlebig ist, weil sie die Langzeitperspektive schlicht ignoriert.

Insofern ist der Finanzminister zumindest ehrlich, wenn er sagt, dass es der Regierung vor allem darum geht, die Bürger nicht zu verängstigen. Ob dies allerdings eine verantwortungsvolle Art des Regierens ist, sei dahingestellt. Denn die Szenarien des „Comité économique et financier“ umfassen nur negative Faktoren, die sich direkt auf Luxemburgs Finanzen auswirken würden.

Nicht berücksichtigt wird etwa, was passiert, wenn es zur nächsten internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise kommt. Was passiert, wenn es mal wieder heißt „Ruinieren und Verstaatlichen“? Diese Frage will die Regierung erst gar nicht öffentlich diskutieren. Die Zahlen stimmen ja. Ökonomen wie Paul Krugman, Nouriel Roubini oder William White denken jedoch ein wenig langfristiger: Sie sehen den nächsten Crash am Horizont.

Economist
22. Dezember 2018 - 12.01

Unser Minister Gramegna ist halt eben kein Wirtschaftsfachmann oder ein Finanzgenie, denn die Ansichten vieler Ökonomisten in der Eurozone, zu der auch Luxemburg gehört ( wir sind keine Insel der Glückseligen) sind negativ augenblicklich, weil sie eben ein Risiko sehen, ihrer Einschätzung nach; das was schief laufen könnte, qui vivra verra, würde ich sagen......

fandeln
20. Dezember 2018 - 21.25

JCl Juncker hatte - vor gefühlten 100 Jahren - von der Rentenmauer gesprochen. Er wurde belächelt. Doch bald werden wir sie vor unseren Augen haben und immer noch nicht daran glauben. Und das Schlimmste ist: wir leben weiter im kollektiven "après nous le déluge".... P.Gramegna ist das aber egal, weil er in 5 Jahren einfach nur wieder Minister bleiben will, so wie alle andern von seinen opportunistischen Kollegen

Grober J-P.
20. Dezember 2018 - 10.59

Der Crash kommt bestimmt, steht schon in der Bibel, auf sieben fette Jahre folgen sieben magere Jahre. Muss mich leider wiederholen, sehe den Crash immer häufiger in meinem Geldbeutel nach dem Einkauf im Supermarkt. Sogar einige Supermärkte im nahen Ausland passen sich unseren Preisen an. Schwager sagt ich sollte darüber hinwegsehen, es wäre alles nur eine Täuschung oder sollte halt nur weniger einkaufen. Er hat gut reden, in Brasilien ist alles billiger. Hoffentlich wird nicht der Wasserpreis erhöht!

roger wohlfart
20. Dezember 2018 - 10.11

Das nennt man Vogelstrauss Politik! Experten zufolge ist die nächste Finanz-und Wirtschaftskrise bereits vorprogrammiert. Man muss nicht notgedrungen ein Finanzfachmann sein, um diesen Crash vorherzusehen. Offene Augen und eine gute Portion gesunder Menschenverstand genügen. Das hat auch nichts mit Schwarzmalerei und Unkenrufen zu tun. Wo soll denn dieser, von der Wirtschaft partout angestrebter Wachstum hinführen, der auf Kosten der Mehrzahl der Bürger geht, die sich zu einem grossen Teil masslos verschulden? Es scheint einfacher zu sein, nicht hinzuschauen, sich keine unbequemen Fragen zu stellen und weitermachen wie bisher. Was nicht sein darf, kann nicht sein. Angst ist zwar ein schlechter Berater, kann aber lebensrettend sein. Aber wie hat Herr Würth sich sinngemäss ausgedrückt " die Wirtschaft kennt keine Gefühle " Also munter weiter so, bisher hat es ja nocht immer geklappt, auf dem Buckel der Allgemeinheit sprich der Steuerzahler.

Jacques Zeyen
20. Dezember 2018 - 9.35

War es nicht die CSV unter Kapitän Juncker die regelmäßig mit Angstmache und Mahnungen zum Sparen aufforderte? Werden nicht seit Äonen Schlagworte wie"Den Gürtel enger schnallen" oder "Minuswachstum" den Bürgern um die Ohren geworfen? Die 5 Wirtschaftsweisen in Deutschland haben in 40 Jahren nicht ein einziges Mal richtig gelegen. Wer kann in einer Gesellschaft wie wir sie im Moment haben eine Voraussage von zehn oder mehr Jahren machen? Insofern hat Gramegna sicher Recht,diese Ratingagenturen und "Öko-Wahrsager" leben davon Angst zu schüren. Triple-A um jeden Preis? Was haben wir denn früher gemacht? Und wir sind noch immer da. Es kann nicht sein,dass unser Wohl oder Untergang davon abhängt ob eine Ratingagentur den Daumen hebt oder senkt. "Das Kapital hat die schöpferische Kraft der Zerstörung."(J.Schumpeter)

risiko
20. Dezember 2018 - 6.35

pfffffff Zur Risikoanalyse meines Lebens gehöort dass ich heute von einem 40-Tonner Diesel überrannt werden könnte, oder morgen wegen Herzinfarktes sterben könnte. Soll ich mir jetzt jeden Tag eine Panikattacke gönnen?