Angst schüren

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Für Dhiraj Sabharwal ist die Wachstumsdebatte in Luxemburg eine Farce.

Es ist wahrscheinlich die größte Farce dieses Wahlkampfs: das Versprechen, Wachstum eindämmen zu können (es aber eigentlich gar nicht zu wollen). Denn so ziemlich jede Partei mit Regierungspotenzial strebt genau dieses Wachstum an – denkt man die jeweiligen Wahlprogramme und Detailvorschläge zu Ende. Wieso betreibt man also in Luxemburg mit dem Versprechen einer möglichen Wachstumsdrosselung Wahlkampf und kommt ungeschoren davon? Der Streit über die Grenzen des Wachstums ist zunächst als intellektuell herausfordernde, nicht aber als rechtspopulistische Debatte einzustufen. Mehr Wohlstand, höhere Lebensqualität und einen langfristig bewohnbaren Planeten anzustreben, bedeutet Komplexität und kollidierende Ziele.

All dies hat noch nichts mit fremdenfeindlichen Thesen zu tun. Die Diskussion wird jedoch spätestens dann heuchlerisch, wenn Fragen des Wirtschaftens, der Migration und der Landesplanung in Parteiprogrammen zu konzeptlosen Scheinmodellen verwoben werden.
Besonders auffällig: Obwohl Wirtschaftswachstum für unser Sozialsystem, den Arbeitsmarkt und den öffentlichen Haushalt unentbehrlich ist, wird der Schein aufrechterhalten, das von seinen Grenzgängern am Leben erhaltene Luxemburger Wirtschaftsmodell könne auch „mat e bësse manner Wuesstum“ funktionieren.

Nein, kann es eben nicht. Und selbst das aus ökologischer Perspektive zutreffende Argument, dass enthemmter Konsum und rücksichtsloses Wirtschaften eine Katastrophe für Mensch und Umwelt sind, ändert nichts an der zentralen Voraussetzung für unseren Wohlfahrtsstaat: Wirtschaftswachstum. Wieso versuchen also zahlreiche Parteien, mit „nachhaltigem“, „qualitativem“, „intelligentem“ Wachstum zu punkten, obschon sie im Kern die gleiche ökonomische Kraft benötigen? Weil sie den Wählern stark vereinfachte Wahrheiten anbieten. Und die finden nicht nur bei Radikalen und Ewiggestrigen, sondern auch in gemäßigten Kreisen wegen ihres verführerischen Klangs Gehör.
Ein Beispiel: Die Wachstumsdebatte wird in Luxemburg auf ihre rein demografische Dimension reduziert. Dort, wo die ADR offen mit den Emotionen spielt und gegen „zu viele“ Grenzgänger und Migranten ätzt, werden bei den gemäßigten Parteien blumigere, aber dafür nicht weniger gefährliche Binsenweisheiten propagiert. Im Zuge des Referendums wurde aus Angst vor einem Erstarken der Rechten das Bevölkerungswachstum als Thema besetzt. Zur Erinnerung: Die CSV und ihr Spitzenkandidat Claude Wiseler hoben die Wachstumsfrage im Herbst 2016 auf die Tagesordnung – nicht jene Kräfte, die Ortsschilder auf „Lëtzebuergesch“ übersetzen wollen und dringend Nachhilfe in Flaggenkunde benötigen. Angstmacherei statt bewältigbare Herausforderung lautet seitdem die Devise. Das Resultat ist eine verkrampfte Scheindebatte, die sich um eigentlich nur überparteilich lösbare Probleme dreht.

Insofern sollte man bei aller berechtigten Sorge um rechte Tendenzen in Luxemburg das Gesamtbild nicht aus den Augen verlieren: Die Strategie des bewussten Angstschürens ist längst in der politischen Mitte angekommen.

GuyT
11. Oktober 2018 - 14.17

Nom mengen 1. Kommentar den gelöscht gin ass wollt ech soen, datt ech enttäuscht sin welle ech den Androck hun datt all Kommentar dén sech kritesch zu den LSAP Ministeren aussert gekickt get. Den Etienne Schneider seng Positioun sou kritiklos ze verteitegen ass enttäuschend. Jidderen soll glecklech gin an senger Bull. Eddi an Merci

Sandrine
4. Oktober 2018 - 10.27

Den Program vum Adr ass souwiesou voller Inkoherenzen. D'Fraen sollen en Hausmutterchengeld kréien fier doheem ze bleiwen (well den Staat Familien ennerstetzt die zu 2 schaffen mussen?), an awer sollen glaichzaiteg manner Frontalieren op Lëtzebuerg schaffen kommen. Doriwwer hinaus kéint et mol ganz gaeren virkommen, dass d'EU sät: Ma aer prime fier doheem ze bleiwen ass jo ganz flott, awer die ass den Kannergeld ze asymileieren an die muss der och un Partner vun Frontalieren bezuelen. Ech heieren elo schon den Klibbchen vum Wee1950 jäizen.

Jacques Zeyen
4. Oktober 2018 - 9.25

Kennen wir das Regieren mit der Angst nicht seit es die CSV gibt.Man erinnere sich an Juncker's Warnungen..Sparen,sparen. Während die Mutter aller christlichen Parteien,die CDU in Deutschland und ihre Schwester CSU (die mit dem Kruzifix in öffentlichen Anstalten) nur Wachstum,Wachstum schreien. Die Dpl.BWL- er haben uns 2008 gezeigt wo Wachstum hinführen kann.Wer mit Geld arbeitet das er nicht hat kann auf die Nase fallen. Rating-Agenturen schießen wie Pilze aus dem Boden und machen Druck(Angst) auf Regierungen. "Wenn sie alles wüssten bräuchten sie nicht zu "raten""-sagte einst V.Pispers in seinem politischen Kabarett. Und da befinden wir uns jetzt vor den Wahlen-im politischen Kabarett. Aber keine Angst-die Chance ,dass es kein "Jüngstes Gericht" gibt ist sehr hoch.

Le républicain
4. Oktober 2018 - 7.19

Herr Sabharwal, als Dipl, VWL und Dpl.BWL kann ich ihnen nur zustimmen; Wirtschaftswachstum für unser Sozialsystem, den Arbeitsmarkt und den öffentlichen Haushalt ist einfach unentbehrlich. Also sollte man eine ehrliche Diskussion führen und nicht behaupten dass es auch ohne oder mit einem gedämpften Wirtschaftswachstum gehen würde...es ist einfach unrealistisch dies zu behaupten von seitens der Parteien... man sollte die Wähler also nicht verschaukeln...