Alle sechs Jahre wieder

Alle sechs Jahre wieder
(Tageblatt/Isabella Finzi)

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In den nächsten Wochen ist es wieder so weit. Es wird zum Wahlkampf geblasen. Jeder möchte am und nach dem 9. Oktober der Beste aller Besten sein, und das sollen die Wähler natürlich schon vor dem Urnengang wissen.

Es werden die tollsten Versprechungen gemacht und so manch einer hat es in naher Zukunft nicht so sehr mit der ganzen Wahrheit.

Roger Infalt rinfalt@tageblatt.lu (Bild: Tageblatt/Isabella Finzi)

Die einen halten sich eher etwas zurück, geben sich gerne etwas cooler, sind zwar wohl viel unter den Leuten, doch sie pflegen trotzdem das Image des weitblickenden, wichtigen, unumgänglichen Lokalpolitikers. Sie sitzen am hintersten Tisch des Bistros und warten darauf, dass die Vorbeigehenden sie ansprechen, und treten dann gleich mit phänomenalen Ideen auf, wie sie „ihre“ Gemeinde in der nächsten Mandatsperiode auf Vordermann bringen wollen. Andere fliegen von einem Wald- und-Wiesen-Fest zum anderen und machen es den Staubsaugervertretern nach.

Jeder wird angesprochen, jeder erhält einen Infobogen und dazu noch einen Luftballon oder einen personifizierten Stressball mit Parteilogo.


„Ihr habt doch sonst nichts zu tun!“

Ja, sie sind grundverschieden, die Kandidaten, doch Öffentlichkeitsfetischisten sind sie alle. „Da müssen Sie aber mal was darüber schreiben“ ist mit Sicherheit der Satz, den die Journalisten in den nächsten Wochen am meisten zu hören bekommen, obschon es wohl keinen anderen Satz gibt, der den Journalisten mehr in Schreibhemmung verfallen lässt als dieser.

Dem wird aber schnell Abhilfe geleistet: Ein Pressegespräch hier, ein Fototermin da, schnell noch eine Schecküberreichung, ein Pressefrühstück, dazwischen noch eine Pressemitteilung …

„In den Redaktionsstuben wartet man ja nur darauf“, so der Trugschluss vieler Lokal- und Möchtegernpolitiker. „Da sitzt eine ganze Mannschaft von Redakteuren, die den ganzen lieben langen Tag nichts anderes zu tun haben, als einzig und allein auf das Telefonat, die SMS, das Fax oder die Mail des Kandidaten XY zu warten.“

Das bringt unweigerlich mit sich, dass der Lokalredakteur einer Zeitung zurzeit durch schwere See rudern und versuchen muss, die Untiefen von Schleichwerbung und Public Relations zu meiden. Die Mannschaft in der Redaktionsstube ertrinkt plötzlich in einer solchen Flut von Terminen und Artikeln, dass sich der Abdruck mancher Fotos so weit hinauszögert, dass man Sorge haben muss, ob die Abgebildeten noch leben.

Dort wird ein neues Büro eröffnet, andernorts werden Straßenschilder enthüllt oder für egal welche Kurse Diplome überreicht, Feuchtgebiete werden im Wochenrhythmus besichtigt, neue Rasenmäher werden an die Gemeindedienste überreicht, es werden Luftballons und Präservative verteilt oder es wird einfach nur zum Umtrunk eingeladen, alles mit Fototermin, versteht sich. Es gibt sogar Kandidaten, die der Redaktion ihre Wochen- und Monatsagenda übermitteln und gleichzeitig mitteilen, es solle doch ein Fotograf bei allen „Events“ anwesend sein.

Der Fantasie sind in dieser Jahreszeit anscheinend keine Grenzen gesetzt.