Blind Date mit Rivaner

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In der Weinfamilie Luxemburgs haftet dem Rivaner fälschlicherweise der Ruf des „hässlichen Entleins“ an. Dass diese spritzige und äußerst vielseitige Sorte viel mehr Potenzial in sich vereint, erfuhr Daisy Schengen als Laien-Jurorin bei der ersten Ausgabe des Weinwettbewerbs „Gëlle Krëmmchen“.

Von Desislava Schengen

Zugegeben, als ich die Tür des „Institut vini-viticole“ in Remich öffne und in die vielen Gesichter der Vertreter des heimischen Weinbaus blicke, macht sich das flaue Gefühl in meinem Magen deutlich bemerkbar. Denn heute darf ich zum ersten Mal nicht nur über einen solchen „Concours“ schreiben, sondern auch gleichzeitig als Jurorin daran teilnehmen. Glücklicherweise sind auch andere Kollegen Ort.

Dr. André Mehlen, 1. Vizepräsident der „Confrérie St. Cunibert“, welche die erste Ausgabe der Verkostung „Gëlle Krëmmchen“ austrägt, beruhigt: „Heute setzt sich die Jury größtenteils aus Weinliebhabern zusammen. Fachleute aus dem Weinbau leiten als Vorsitzende (‚Présidents des tables‘) die Verkostung mit anschließender Bewertung.“

Die anwesenden Teilnehmer (fünf bis sieben pro Tisch) sind in fünf Gruppen (Jurys) aufgeteilt. Präsident unserer Jury ist der Önologe Marc Desom aus Remich.

Weintester – eine Herausforderung für Gaumen und Nase

Vor jedem Juror liegt eine Tabelle: Pro Wein gibt es mehrere Spalten – von Probenummer über Jahrgang und Geruch bis zu Geschmack und Gesamtnote. Der Platz für Notizen dient auch als persönlicher Wegweiser während der Blindverkostung, um die darin festgehaltenen Eindrücke später in die eigene Gesamtbewertung einfließen zu lassen. Vor jedem Tester stehen Wein- und Wassergläser. Kleine Stückchen Brot sollen zwischendurch die Geschmacksnerven beruhigen und auf die nächste Probe vorbereiten. Wer sich jetzt fragt, ob die Weine getrunken oder ausgespuckt werden, sei beruhigt. Grundsätzlich gilt, dass jeder seine persönliche Grenzen kennen und nichts trinken sollte, das er nicht mag. Den Wein nicht zu trinken, sondern ihn nach der Verkostung in den dafür vorgesehenen Behälter auszuspucken, ist bei Profis Standard.

Unabhängig davon, welche Probiertechnik Laien bei ihrer Verkostung wählen, sollte die ausgesuchte Variante von der ersten bis zur letzten Probe gleich sein, rät Önologe Desom. Nur so werden die Weine nach dem gleichen Modus Operandi getestet und bleiben vergleichbar.

Zwölf Proben (pro Person und Tisch) stehen an diesem Tag zur Bewertung. Der Ablauf lehnt sich an die internationalen „Concours“ an, wobei große Wettbewerbe mehrere Tage dauern und die Zahl der Proben mit bis zu 40 Weinen deutlich höher ist. An diesem Tag lerne ich so oder so zwei Dinge: Geschmäcker sind individuell und daher äußerst verschieden. Weine zu genießen und zu bewerten, sind zwei Aufgaben, die völlig unterschiedlich sind.

Riechen, schmecken, bewerten

Für längeres Sinnieren bleibt meinen Mitjuroren und mir keine Zeit. Zur Einstimmung des Gaumens wird ein erster Rivaner eingeschenkt. Gleich danach folgt die erste Probe. Die „Choreografie“ beim Testen besteht aus den immer gleichen Schritten: Zunächst wird das Aroma (olfaktorische Eigenschaften) bewertet. Das Weinglas schwenken, sodass sich der Rebensaft verteilt und die verschiedenen Noten zum Vorschein treten. Anschließend in einem Atemzug das Bouquet aufnehmen – bleibt es lange in der Nase oder verabschiedet es sich schnell?

Nach dem Riechen, der sogenannten „Nase“, folgt das Kosten. Einen Schluck in den Mund aufnehmen, Kenner saugen dabei Luft ein, was sich wie Schlürfen anhört und sogar erwünscht ist. Dadurch reagiert der Wein mit dem Sauerstoff und setzt noch mehr Aromen frei. Weiß man, dass sich Wein aus mehreren Hundert Duftnoten zusammensetzen kann, dann stellt die Verkostung eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe dar. Neben Primär- und Sekundäraromen, dem Ist-Zustand eines Weines, beurteilen Fachleute auch sein Potenzial – sie versuchen, vorauszusagen, wie er sich später entwickeln wird.

Ablauf

Jede Jury kürt ihre drei Favoriten, die anschließend in einer weiteren Blindverkostung durch die jeweiligen Jury-Präsidenten bewertet und daraus die Gewinner des Wettbewerbs bestimmt werden.

Presse-Preis: Bei einer Sonderverkostung im Anschluss an den Hauptwettbewerb wählen die Journalisten ihre Favoriten aus. Neben dem Gewinner haben sie wegen seiner außerordentlichen Aromatik und geschmacklichen Vielfalt einen Teilnehmerwein zu ihrem „Coup de coeur“ auserkoren und zusätzlich prämiert.

Rivaner wieder salonfähig machen

Warum gerade der Rivaner und warum gerade jetzt ein „Concours“ dazu? Ein Rivaner, lerne ich, muss „spritzig“ sein, da er wenig Alkohol hat. „Außerdem ist er einer der meist unterschätzten Rebsorten in Luxemburg, obwohl der Rivaner rund ein Viertel der Reben und rund ein Drittel vom Gesamtvolumen an der Mosel ausmacht“, begründet die Vereinigung ihre Wahl. Darüber hinaus sei der Rivaner ein unkomplizierter Zeitgenosse mit einer „modernen“ Aromatik, quasi der „Luxemburger Sauvignon blanc“.

Zu den Aufgaben der „Confrérie St. Cunibert“ gehört u.a., Weine aus Luxemburg nicht allein den eigenen Mitgliedern, sondern auch einem breiteren Publikum vorzustellen. Events wie dieses und die Preisverleihung im Juni böten den passenden Rahmen dafür, so „Confrérie“-Sekretär Dr. André Mehlen.

Die erste Ausgabe des Wettbewerbs soll ein Zeichen setzen. Die „Confrérie“ hofft, dass solche Veranstaltungen jungen Menschen Lust auf Rivaner-Weine machen, da sie „gut zu ihnen passen“ und die Rivaner dadurch wieder als „Lëtzebuerger Pättchen“ salonfähig werden können.

Noch sind die Gewinner des „Gëlle Krëmmchen“ streng geheim. Gelüftet wird das Mysterium um die Sieger im Rahmen des „Rivaner uncorked“-Events am 8. Juni im „Tramsschapp“.

 


„Rivaner uncorked“ 

Preisverleihung für ausgezeichnete Rivaner
Veranstalter: „Jonk Confrérie“
Wann: 8. Juni ab 19 Uhr
Wo: Tramsschapp
49, rue Ermesinde
L-1469 Luxemburg
Tickets: uncorked@cunibert.lu

 

 

 

 

 

 

 

Mehr Infos: Facebook: Rivaner uncorked
www.cunibert.lu

 



Confrérie St. Cunibert

Gegründet 1967

Zum Hauptanliegen der „Confrérie“ gehört u.a. die „Förderung der Weinbauregion durch die Unterstützung und den Erhalt der reichen Güter der Weinkultur und des Tourismus in der Weinbauregion, dies im Interesse der Winzerschaft und der Weinfreunde der Luxemburger Mosel“.

2012 fand eine interne Erneuerung der Vereinigung statt. Daraus entwickelte sich ein weiteres Ziel für die künftige Arbeit der „Confrérie“: „Weinkultur moderner zu interpretieren durch anspruchsvolle Veranstaltungen, bei denen die Ausgewogenheit der Inhalte zwischen Weininformation, Weinerlebnis und kulturellem Begleitprogramm beim harmonischen Miteinander der Generationen“ in den Mittelpunkt gerückt werden. Mit dem im Beitrag vorgestellten „Concours“ und der Preisverleihung, einem „generationen- und nationenübergreifendem“ Genießer-Event, werden die Informations-, Erlebnis- und Kulturbestreben der Organisation in die Tat umgesetzt.