Wechselbad der Gefühle im Nissan Leaf

Wechselbad der Gefühle im Nissan Leaf

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Der neue Nissan Leaf verströmt Fahrkomfort und liegt ganz vorne in der neuen e-Mobilität. Marc Schonckert fuhr ihn bis zum letzten Kilo Watt/Stunde.

Meine ersten Erfahrungen mit E-Autos habe ich schon hinter mir. Meistens war das während der Sommerzeit auf der Schobermesse, in den berüchtigten „Knuppautos“. Die hatten auf der Haube einen Schlitz, in den man eine Plastik-Marke einführte und sich dann zwei, drei Minuten lang austobte. Man musste nur den Fuß auf dem (einzigen) Pedal lassen, Bremsen gab es nicht, nur Ausweichen, und man musste die Position des Lenkrads im Auge behalten, wer zu viel drehte, fuhr plötzlich rückwärts, denn die kleinen Antriebsräder ließen sich um 360 Grad drehen, Himmel, war das ein Spaß. Anfänger erkannte man sofort, sie saßen genau in der Mitte und stießen bei jedem Bums mit dem Hinterkopf an die Fahnenstange, die sich den Strom am Eisengeflecht an der Decke der Piste holte.

Jetzt erobern die E-Fahrzeuge die öffentlichen Straßen. Sie haben zudem neben dem „Gas“-Pedal auch eine Bremse und sind aus Blech, das man am besten von anderem Blech oder irgendeinem härteren Material in respektablem Abstand hält. E-Autos sollen die Welt sauberer und lebenswerter machen.

Naja, es ist erst ein Anfang und es bleibt viel zu tun, denn viele Fahrer sind skeptisch, was die Autonomie dieser Fahrzeuge betrifft, zumal sie auch preislich ziemlich anspruchsvoll sind. Mit dem neuen Nissan Leaf 2. Zero Edition kommt jetzt ein frischer Wind in dieses Segment, in dem die Renault-Allianz mit Nissan auf nur wenige Konkurrenten trifft. Doch das kann sich schnell ändern.

Im Pressetext zum neuen Nissan Leaf 2. Edition gibt Nissan eine Autonomie von 378 km im NEDC-Testverfahren an, wahrscheinlich wurde das Auto während eines Gewitters getestet und irgendwann musste der Blitz in das Gefährt eingeschlagen haben. Also vergessen Sie die 378 km und erwarten Sie etwa 280 km, welche der Computer nach vollständiger Ladung angibt.

Dann sollte man mit Gefühl und Weitblick fahren, weder Heizung noch Klimaanlage übermäßig belasten, zudem empfiehlt es sich, im ECO-Modus zu fahren, vor allem im Stadtverkehr oder auf hügeligen Landstraßen. Bei flacher Autobahnfahrt kann man auf ECO verzichten, bei Tempo 100 bis 110 km/h und sachtem Pedaldruck fließt man hier zügig voran, bergab reicht es, den Fuß vom Pedal zu nehmen, man behält genug Schwung und gewinnt gleichzeitig etwas Energie, die wieder in den E-Speicher gelangt. Bei eingelegtem E-Pedal (Knopfdruck in der Mittelkonsole) geschieht das auf wirkungsvolle, nachdrückliche Weise, es funktioniert wie eine Bremse, es reicht, den Fuß vom „Gas“-Pedal zu nehmen, wer gut dosiert, braucht hier in der Stadt gar nicht erst die Bremse zu betätigen. Auf der Autobahn oder schneller Fahrt auf der Landstraße sollte man das E-Pedal nicht benutzen, im Gegenteil, denn je schneller man fährt, umso stärker die Bremswirkung beim Loslassen des Pedals und man riskiert unerwünschten Besuch von hinten.

Das Auto: komfortable Mittelklasse mit fünf Türen, viel Platz und hohem Ausstattungsaufwand, besonders in der anspruchsvollen Tekna-Version. Ein Interieur wie ein „normales“ Auto mit gewohnten Bedienungsschaltern und keine SF-Optik wie im Tesla, wo ein Riesendisplay als Kommandozentrale dient. Fahrerisch ein Genuss, dank des niedrigen Schwerpunkts durch die Batterien im Boden fährt sich der Leaf wie ein Gokart und zieht wie auf Schienen durch die Kurven. Gilt nur für trockene Straßenverhältnisse.

Ein E-Mobil wie der Leaf ist ein wahrer Genuss, wenn man mit vollem Speicher nur eine kurze Fahrt vor sich hat und unbeschwert die Vorzüge des E-Antriebs – wie seinen tollen Antritt aus dem Nichts heraus und sein friedliches Dahingleiten auf der Autobahn – genießen darf. Auf längerer Strecke, in meinem Fall Namur-Luxemburg, kommt man ins Grübeln, man beobachtet besorgt die Anzeigen zum Verbrauch und den restlichen, verbleibenden Kilometern. Bei einer langen Steigung vermindert sich diese Zahl auf besorgniserregende Weise, man freut sich über jeden Streckenabschnitt, der bergab führt und etwas Energie zurückgewinnt, wenn man den Fuß vom Pedal nimmt, dann geht es wieder bergauf und schon verringert sich die Zahl der verbleibenden Kilometer in viel höherem Tempo, als die Zahl der tatsächlich gefahrenen Kilometer zunimmt.

Doch es ging gut, sonst wäre ich jetzt nicht hier, um es Ihnen zu erzählen. Auf der Hinfahrt hatte ich einen Durchschnittsverbrauch von 12,8 kW/Stunde pro 100 Km. Auf der Rückfahrt, mit viel Gegenwind, kam ich auf 15,3 kW/Stunde pro 100 km. Die Batterie des Leaf hat eine Kapazität von 40 kW/Stunde. Leicht auszurechnen, wie weit man damit kommt, wenn man entsprechend dosiert fährt. Bei strammer Fahrweise gehts locker über die 20 kW/Stunde auf 100 km. Dann sind keine 200 mehr drin. Alles eine Frage der Gemütlichkeit.