Risiko Kleintransporter? Das steckt hinter dem schlechten Image

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Kleintransporter drängeln und stehen ständig in der zweiten Reihe? So zumindest ist das Bild, das viele Leute von den Fahrern solcher Lieferwagen haben. Doch bei genauerer Betrachtung relativiert sich die Sichtweise.

Ein Kleintransporter gerät nachts auf einer deutschen Bundesstraße auf die Gegenspur und kracht in ein Auto. Dessen Fahrerin stirbt noch an der Unfallstelle. So passiert Anfang November in Nordrhein-Westfalen. Es sind Nachrichten wie diese, die das Image von Kleintransportern bestimmen. Viele halten sie für gefährliche Kisten mit gehetzten, übermüdeten Fahrern am Lenkrad.

Für Autofahrer ist ein Zusammenstoß mit einem Kleintransporter besonders gefährlich. Denn die hochgebauten Transportfahrzeuge schlagen nicht nur in der sogenannten „optimalen Verformungszone“ eines Autos auf Höhe der Stoßstange ein, sondern auch höher. In so einem Fall seien die Unfallfolgen größer, erklärt Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer in Deutschland . Auch ihr Gewicht – meist sind sie viel schwerer als Autos – kann fatal sein. Denn bei Crashs werden die leichteren Wagen in der Regel stärker beschädigt.

Wie hoch ist das Risiko?

Doch ist das Risiko, das von Kleintransportern ausgeht, auch besonders hoch? Mit Blick auf Unfall- und Zulassungszahlen lässt sich sagen: Tendenziell sinkt es eher. 2016 waren laut Statistischem Bundesamt 15.435 Kleintransporter-Fahrer im Güterverkehr an Unfällen beteiligt, bei denen Personen zu Schaden kamen. Im Jahr 2010 waren es noch 2263 mehr. Dagegen ist der Bestand von Kleintransportern im Lkw-Segment im selben Zeitraum von 1,85 auf 2,28 Millionen gestiegen. Es gibt also mehr für Gütertransporte genutzte Kleintransporter und weniger Unfälle. Auch im Vergleich zu Pkw ist das Unfallrisiko nicht viel höher.

Wenn es die Zahlen nicht hergeben: Woher kommt dann der schlechte Ruf? Für Jürgen Bente vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat hat das viel mit Wahrnehmung zu tun. Die Fahrer von Paketlieferdiensten, die nicht selten unter Zeitdruck in zweiter Reihe parken, prägten beispielsweise das Bild vieler Menschen. Manche verbinden mit den Kleintransportern den drängelnden Handwerker auf der Autobahn. Bente gibt zu bedenken: „Es gibt genauso drängelnde Autofahrer und drängelnde Lkw-Fahrer.“

Viele Unfälle um die Jahrtausenwende

Viele der Vorurteile könnten sich aus der Zeit der Jahrtausendwende gehalten haben. Im Segment der Kleintransporter zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen stiegen von 1997 bis 2001 die Unfallzahlen in Deutschland stark an, zeigt ein Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aus dem Jahr 2010. 1997 wurde das für sie geltende Tempolimit von 80 km/h aufgehoben.

Nach 2001 nahm ihr Bestand weiterhin zu, das relative Unfallrisiko sank. Doch auch in den Nullerjahren blieb es noch höher als das von Pkw, Lkw unter 7,5 Tonnen und Transportern von 2 bis 2,8 Tonnen.

Siegfried Brockmann erklärt sich ihren Ruf so: Das relative Unfallrisiko, also die Zahl der Unfälle gemessen am Fahrzeugbestand, gehe zurück. Aber die Zahl der Kleintransporter auf den Straßen nehme eben zu – und je mehr man von ihnen sieht, desto eher könne der Eindruck entstehen, dass sie unter Umständen ein Risiko sind.

Eine ähnliche Argumentation stand schon 2012 in einem Forschungsbericht von Dekra, Automobilindustrieverband VDA, BASt und Unfallforschung der Versicherer. Mit zunehmender Relevanz für den Gütertransport steige automatisch die Wahrnehmung dieser Fahrzeuge. „Das führte in den letzten Jahren zu einer in den Medien, der Politik und der Bevölkerung nicht immer objektiv geführten Diskussion über die Sicherheit von Kleintransportern“, schreiben die Autoren.

Brockmann hält fest: Objektiv betrachtet sei das Unfallrisiko von Kleintransportern kein „so gravierendes Problem“. Doch er wundert sich selbst über das abnehmende Unfallrisiko, denn die Markt-Bedingungen hätten sich nicht geändert.

Für gewerblich eingesetzte Kleintransporter etwa gelten keine Lenkzeiten wie für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht. „Das prädestiniert Fahrer dafür, an die Grenzen des menschlich Leistbaren zu gehen.“ Vielleicht seien die Fahrer aber auch sensibler für das Thema Fahrsicherheit geworden, mutmaßt Brockmann.

Zum Fahren von Kleintransportern wie Mercedes-Benz Sprinter, VW Crafter oder Ford Transit reicht ein Autoführerschein. Die Fahrer seien also nicht so gut ausgebildet wie Lkw-Fahrer, die eine Qualifizierung als Berufskraftfahrer brauchen, so die BG Verkehr, die als gewerbliche Berufsgenossenschaft etwa für die Post-Logistik zuständig ist.

Dabei kann das Lenken eines Transporters für Autofahrer eine Herausforderung sein. Die Rundumsicht ist im Vergleich zu Autos häufig schlecht, die hohen Wagen sind anfällig für Seitenwinde. Trotz Sicherheitssystemen wie ESP, Brems- oder sogar Seitenwindassistenten sind sie, vor allem voll beladen, schwerer zu beherrschen als Autos. Gerade auch Gelegenheitsfahrer, die sich einen Kleintransporter zum Beispiel für einen Umzug ausleihen, überfordert das immer wieder.

Ein Manko sei oft auch die Ladungssicherung, ergänzt Bente, der Sicherheitstrainings für Kleintransporter gibt. Ungesichert werden schwere Ladungen, zum Beispiel Paletten, bei einer Vollbremsung zu einem gefährlichen Geschoss. Für berufliche Kleintransporter-Fahrer könnte Bente zufolge eine verpflichtende Fortbildung sinnvoll sein – wie sie Lkw-Fahrer bereits alle fünf Jahre machen müssen.

Zu schnell, zu wenig Abstand, Vorfahrt genommen oder Fehler beim Abbiegen, Wenden und Rangieren: Das sind, wie auch beim Auto, die häufigsten Unfallursachen bei Kleintransportern.

Aber ein ungewöhnlicher Unfalltyp kommt derzeit nach Angaben der BG Verkehr häufiger vor als noch vor einigen Jahren: das Wegrollen von Fahrzeugen. Dies könne tödlich enden, wenn der Fahrer versucht, den rollenden Transporter aufzuhalten, heißt es. Mit einer selbstständig einrastenden Feststellbremse sei das zu verhindern. „Vor allem, da im Zustellverkehr mehr als 100 Stopps am Tag ganz normal sein können.“

dus ninja
8. Januar 2018 - 23.51

Für eine 8Tonner reicht auch ein Autoführerschein, wenn man ihn im richtigen Land zur richtigen Zeitgemacht hat. Und das ist m.E. Noch gefährlich wenn ein ungeübter Fahrer so etwas fährt. Aber die Problem in der Wahrnehmung fingen an, als diese mehr PS hatten und die Autofahrer nicht damit gerechnet haben, dass die Dinger sauschnell sind. Der neueste Sprinter hat 180 PS+, da hab ich auch gestaunt als der meinen "alten" T5.2 am Berg abgehängt hat.

Pinkie
8. Januar 2018 - 11.20

Das groesste Problem bei diesen Teilen besteht darin, dass wie ich aus Erfahrung als Fahrer eines Elektro und Kuechenhaendlers weiss diese fast immer ueberladen sind ! Als Fahrer wird man mit dem normalen Pkw Fuehrerschein eingestellt ,jedoch durch die Ausruestung des Kleinlasters mit hohem Aluaufbau, zwecks Transport von hohen Kuechenmoebeln und einer hydraulischen Hebebuehne reduziert sich die Lademoeglichkeit auf weniger als 700kg . Jedes mal bei Transport einer Ladung Elektroschrott zum Recycling zur Firma Lamesch, fast immer 4-5 Tonnen Gewicht oder mehr ,bei 3,5 Tonnen Fuehrescheingrenze !! Bei dem Gewicht von einer Miele Waschmaschine von ungefaehr 90 kg ,kann jeder sich ausrechnen dass bis zur Ueberladung bei einem zulaessigen Ladungsgewicht von 700 kg, nicht viele Maschinen noetig sind und der Chef kontrolliert ob der Laster wirklich voll ist und sich nicht um das Gewicht kuemmert !! Jedoch Kontrollen bei solchen Lastern habe ich in Luxemburg noch nicht gesehen !!

Norbert Muhlenbach
6. Januar 2018 - 0.24

Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel. Haeufig sind mir solche Kleinlaster zu nah aufgefahren, mit defekter Beleuchtung durch die Landschaft gefahren, sie haben auch die Geschwidigkeitsbegrenzung nicht eingehalten,usw. Die Liste laesst sich verlaengern......ganz zu schweigen davon, wie oft mir ein Kleilaster begegnet ist, der in 2. Reihe steht oder so parkiert, dass er einem die Sicht versperrt, wenn man aus der Garage faehrt.......

Luc
6. Januar 2018 - 0.04

Paletten? Der ganze Elektrofachhandel fährt mit Waschmaschinen die bis zu 230 Kilo wiegen ungesichert im Laderaum. Die schieben den Fahrer samt Sitz durch die Frontscheibe ins 'gegnerische' Auto.