Adelsdiesel

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Nobel geht die Welt mit Diesel nicht zugrunde, aber im neuen Bentley Bentayga Diesel würde es einen Haufen Spaß machen, meint Marc Schonckert.

Es ist ja nun nicht gerade so, als würde der britische Adel nach dem Brexit am Hungertuch nagen und sein Schloss mit den gesammelten Ausgaben der „Times“ seit 1880 heizen müssen.

Und es stimmt auch nicht, dass bei Cricket-Turnieren eine Sondersteuer auf Gurken-Sandwiches erhoben wird, um damit das traditionsreiche rosa Klopapier zu finanzieren, welches das edle Publikum seit über Hundert Jahren gewohnt ist.
Nein, so schlecht geht es England (noch) nicht, obwohl man bei der Fußballnationalmannschaft Zweifel anmelden muss.

Der heimischen Autoindustrie geht es jedenfalls nicht schlecht, weil es so gut wie keine heimischen Autobauer mehr gibt. Deswegen gab es auch keinen Aufschrei und keine „Verräter“-Rufe, als Bentley den Bentayga mit Dieselmotor ausrüstete; an deutsch-englische Hochzeiten ist man in England gewöhnt und wenn die einstigen britischen automobilen Prestigemarken dadurch besser werden, warum nicht.

Luxus plus Diesel

So kommt also der Bentayga, das Luxus-SUV von Bentley, in den Genuss eines Diesels – das ist ungefähr so, als wenn man im Smoking zu einem Grillabend mit Steaks und Bier antritt, vom Rauch und den Toasts auf die Queen einmal abgesehen. Natürlich ist der Bentayga erhaben und stilvoll genug, um auch vor einem Diesel nicht die Contenance zu verlieren, er akzeptiert den neuen Leistungsträger mit Würde und der Lässigkeit, die man lernt, wenn man weiß, dass man ohnehin zu sehr über den Dingen steht, um sich darüber aufzuregen.

Stark, aber kultiviert

Man würde es allerdings begrüßen, meinte man bei Bentley, wenn sich der Neue akustisch etwas im Zaum halten würde, um die anderen Luxuskarossen nicht zu belästigen, die beim Rennen in Ascot zu den erlesenen Parkplätzen strömen. Das tut er dann in der Tat, man hört ihn kaum, sein kraftvolles Brummen beim Beschleunigen wirkt sehr angenehm, ansonsten ist er die Ruhe in Person. Kein Wunder, er hat einen 4-Liter-V8-Achtzylinder mit Dreifachaufladung, eine vornehme Alternative zum vulgären Doppelturbo, der 435 PS leistet und seine souveräne Kraft aus einem Drehmoment von 900 Nm schöpft. Diesen geballten Kraftausstoß kennt man normalerweise nur von einem Konzert der „The Who“ oder aber, wenn man eine undichte Gasflasche mit einem Lötkolben repariert.

Die Kraft gelangt über eine 8-Gang-Automatik und über die vier Räder auf die Straße. Wenn’s mal etwas rutschiger oder schmieriger wird, kann man die Leistungscharakteristik von Motor, Getriebe und Fahrwerk über Drehschalter auf acht unterschiedliche Positionen einstellen: normal, individuell, Sport, Komfort, Schnee, Sand, Schotter oder Rasen. Dazu kann die Bodenfreiheit per Knopfdruck auf drei Höhen eingestellt werden.

Alles und noch einiges mehr

Der Bentayga hat alles, was ein Geländewagen braucht und daneben genug, um gar nicht erst dahin zu müssen. Sein Interieur ist Luxus extrem, Leder und Holz in harmonisch eleganter Abstimmung, Infotainment mit Internet-Verfügbarkeit und zwei Touchscreens (gegen Aufpreis) für die Passagiere hinten sind ein Zugeständnis an den modernen Kommunikationsbedarf, dem sich auch der Lord in dieser mobilen Luxussuite nicht entziehen möchte.

Wie schnell ist denn nun dieser Diesel-Bentayga? Nun, wir haben gar nicht erst versucht, das herauszufinden, das normale Dahingleiten auf der Autobahn war berauschend genug, Tempo 130 km/h erlebt man in einem Bentley Bentayga irgendwie leiser, schwebender und souveräner als in einer anderen Kategorie. Ein kleiner Druck aufs Gaspedal und schon schnellt er vorwärts, dass jeder Radar in der Umgegend vor Freude hüpft.

Das Sahnehäubchen obendrauf: Unser Verbrauch lag mit 8,5 Litern nicht weit von den Werksangaben. Klingt nach unglaublich wenig, aber so hat man die 62.000 Euro für die umfassende Zusatzausstattung schnell wieder rein. Bei einem Basispreis von 146.000 Euro ergibt das stolze 208.000 Euro. Dafür erlebt man Autofahren von seiner edelsten Seite.