Von Oberanven in den Wilden Westen

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Wer hat sie als Jugendlicher nicht gelesen, die Geschichten von Winnetou und Old Shatterhand? Karl May gehörte in Vor-Playstation-Zeiten in jedes Kinderzimmer. Der wohl größte Luxemburger Fan dürfte Prof. Dr. René Oth sein.

2013 ist für den Karl-May-Verlag im deutschen Bamberg ein ganz besonderes Jahr gewesen. 100 Jahr Bestehen feierte das Familienunternehmen nämlich: Für einen Verlag, der eigentlich nur auf einen einzigen Autor zurückgreift, ist dies weltweit einmalig.

Zu den Büchern, die im Jubiläumsjahr erschienen sind, zählt auch „Winnetous rote Brüder“. Es enthält klassische Indianergeschichten von Karl May, seinen Vorläufern und Zeitgenossen. Insgesamt zehn Erzählungen von James Fenimore Cooper, Charles Sealsfield, Gabriel Ferry, Mayne Reid, Armand, Franz Treller, Karl May, Fritz Steuben, Jack London und Friedrich Gerstäcker sind in dem Sammelband enthalten.

Mehr als 30 Bücher

Das Besondere daran aber ist, dass diese Geschichten von dem pensionierten Oberanvener Anglistikprofessor Dr. René Oth überarbeitet wurden. Oth hat zusätzlich eine Einführung verfasst und liefert in dem Buch umfassende Erklärungen über den Alltag der Indianer, die Auseinandersetzungen zwischen den Ureinwohnern und dem „weißen Mann“, räumt mit verklärten Ansichten auf und beschäftigt sich ebenfalls mit der Indianerliteratur im Allgemeinen. In diesem Sinne ist die Anthologie „Winnetous rote Brüder“ viel mehr als nur eine lose Sammlung von Erzählungen aus der Zeit des Wilden Westens.

Das im Karl-May-Verlag erschienene Werk ist das bislang letzte einer ganzen Reihe von mehr als 30 Büchern, die René Oth im Laufe der Jahre verfasst hat. Schon 1977 erschien von ihm im Arena-Verlag „Das große Indianerlexikon“, bis heute eines der Standardwerke zu dieser Thematik. Der 1945 in Luxemburg-Stadt geborene Autor unterrichtete bis vor wenigen Jahren am „Kolléisch“ Englisch als Haupt- und Geschichte als Nebenfach. Und was die Geschichte angeht, so war es seit jeher die Epoche der Erschließung Amerikas, die ihn am meisten fasziniert hat.

„Wenn ich in einem früheren Leben existiert hätte“, schmunzelt Oth, „dann bestimmt als Mitglied des Stammes der Dakota.“ Und erklärt anschließend, dass es sich dabei um die im Volksmund als „Sioux“ bekannten Indianer handelt.

Doch „Sioux“ sei eigentlich eine Verballhornung. Die Dakotas seien von ihren Feinden als „Kleine Schlangen“ bezeichnet worden, in der Sprache der Ureinwohner „Nadoweissiw“. Die französischen Pelzhändler, die damals in den Gebieten unterwegs waren, seien jedoch über diesen unaussprechlichen Namen gestolpert und hätten sie „Naouessioux“ genannt, oder eben kurz „Sioux“.

Bald ein Roman

René Oth verfügt über ein schier unglaubliches Fachwissen, nicht nur, was die Indianergeschichten von Karl May und das wirkliche Leben der amerikanischen Ureinwohner angeht.

Eigentlich steht die „andere“ Leidenschaft des Wahl-Oberanveners der „einen“ diametral gegenüber. Science-Fiction spielt in Oths Leben nämlich eine genauso wichtige Rolle. Auch zu diesem Thema hat der Autor, der dem Tageblatt-Leser durch seine Rubrik „Quergelesen“ bekannt sein dürfte, bereits eine ganze Reihe von Büchern verfasst. Am bekanntesten ist wohl „Gedachte Welten“, das 1982 im renommierten Luchterhand-Verlag erschien, wo im Laufe der Jahre bisher 13 weitere Bücher von ihm herauskamen.

Und was erwartet uns als nächstes? Wie René Oth verriet, ist er seit einiger Zeit dabei, seinen ersten Roman zu schreiben. Über den Inhalt wollte er uns aber noch nicht allzu viel verraten. Nur so viel ist klar: Die Geschichte spielt in Amerika. Und sieben Kapitel sind schon fertig.

Wir sind auf jeden Fall gespannt!

(François Besch/Tageblatt.lu)