Shoah-Gedenken? I remember.

Shoah-Gedenken? I remember.
(Jgarroy)

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Eine Fachtagung dieses Wochenende in der Escher Kufa beschäftigte sich mit Fragen zur Zukunft der Gedenk-und Erinnerungsarbeit.

„Gestern ein neues Amerika, heute Koblenz, und morgen ein neues Europa“ – dieses Zitat aus der Rede von Geert Wilders bei der Rechtspopulisten-Tagung in Koblenz am vergangenen Samstag, das wohl nicht ganz unbewusst an ein bekanntes NS-Lied angelehnt ist, erinnert an die dunklen Zeiten der jüngeren Geschichte Europas, an den Zweiten Weltkrieg und die Shoah. Aber was kann man tun gegen den Aufwärtstrend der rechten Stimmungsmacher? Wie stellt man sich Ängsten und Intoleranz entgegen?

Damit beschäftigte sich die internationale Fachtagung „Fragen zur Zukunft der Gedenk- und Erinnerungsarbeit“, die am vergangenen Freitag und Samstag in der Escher Kulturfabrik stattfand. Wie soll die Erinnerungsarbeit in Gedenkstätten, Museen und Schulen aussehen – in Zeiten, die Herausforderungen wie das „Aussterben“ der (mittlerweile hochbetagten) Zeitzeugen und das Wachsen von multikulturellen Gesellschaften an uns stellen?

Luxemburger Abkommen

Namhafte Referenten waren auf Einladung des „Musée National de la Résistance“ in Kooperation mit den Vereinigungen „Temoins de la 2e Génération“ und MemoShoah“ zum Colloquium gekommen. So berichtete Gideon Greif, Historiker aus Israel, von der Shoah im Bewusstsein der Gesellschaft Israels. Er erinnerte, dass die ersten Verhandlungen für Entschädigungszahlungen Deutschlands an Israel im Jahr 1952 auf Luxemburger Boden stattfanden („Luxemburger Abkommen“).

Eine der Fragen: Was passierte in Luxemburg während der deutschen Okkupation? Kritische Anmerkungen über die Aufarbeitung der Luxemburger Geschichte während der NS-Zeit waren während der Tagung öfter zu hören, genauso wie die Klage über fehlende Erinnerungsorte mit entsprechendem pädagogischen Angebot.

Defizit

Zu viel Zeit- und Prüfungsdruck im Unterricht, fehlende Diskussionsmöglichkeiten, eher belehrende Aufklärung, kein Lehrbuch aus Luxemburg – die Vermittlung der Shoah und der Luxemburger Geschichte an Luxemburger Schulen kam im Diskussionsbeitrag des Geschichtsstudenten Tom Zago nicht gut weg. „Wir haben hier ein Defizit von Kulturreflexion“, so Zago. Der Aussag, es läge an den Lehrern, die trotz universitärer Ausbildung dem Thema nicht gewachsen seien, widersprach Erziehungsminister Claude Meisch. Doch es sollen Weiterbildungen von Gedenkstättenpädagogen angeboten werden.

Diese hatten zur Tagung zahlreiche Beispiele mitgebracht, wie die Erinnerungsarbeit mit Jugendlichen gelingen kann. Denn die Herausforderung besteht darin, wie man – im Fall der Shoah – über etwas spricht, was man selbst nicht vollständig versteht, wie der israelische Pädagoge Yariv Lapid sagte. Neben mehr Zeit für die Vermittlung und für Diskussionen seien dafür neue pädagogische Konzepte notwendig, in denen „Was hat das mit mir zu tun?“ die zentrale Frage sei.

Alte Muster

Klassische Vorstellungen wie „Der Lehrer spricht, die Schüler müssen zuhören“ hätten ausgedient, viel besser sei es, die Jugendlichen durch „Empowerment“, z. B. kurze Zeitzeugentexte oder historische Fotos, Fakten selbst erarbeiten zu lassen. Sozialen Medien können dabei eine wichtige Rolle spielen, wie die leitende Pädagogin der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Iris Groschek, zeigte: Der Gedenkort ist auf Facebook, Instagram und Co. vertreten, durch die Posts der Besucher können die Mitarbeiter sehen, welche Ausstellungsstücke und Orte von besonderem Interesse sind.

Als Vorreiter für diese „Digitalisierung“ des Erinnerns nannte Groschek die Gedenkstätte Auschwitz, in deren Facebook-Account jedes „Like“ zu „I remember“ werden würde. Andreas Fickers, Direktor des Luxembourg Center for Contemporary and Digital History, schlug ein digitales Schulbuch vor, in dem man die Thematik mehrsprachig und mithilfe audiovisueller Medien darstellen könnte.