Muse oder Verhängnis?

Muse oder Verhängnis?
(Alamode Filmverleih)

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Das österreichisch-luxemburgische Biopic über den Maler Egon Schiele hat sich weder auf den Künstler noch auf den Weiberhelden fokussiert.

Bei seinem frühen Tod – er starb 1918 mit 28 Jahren an den Folgen der Spanischen Grippe – hat Egon Schiele ein gigantisches Werk hinterlassen. Seine Bilder erzielen heute auf internationalen Auktionen beeindruckende Höchstpreise. So versteigerte Sotheby’s 2011 das Werk „Häuser mit bunter Wäsche“ aus dem Jahr 1914 für umgerechnet 27,6 Millionen Euro.

Bereits zu seinen Lebzeiten gehörte Schiele zu den Künstlern, über die viel und laut diskutiert wurde. Er galt als provokativ, seine originellen, expressionistischen und erotischen Bilder boten reichlich Gesprächsstoff, wegen der angeblichen Schändung einer Dreizehnjährigen musste er sich vor Gericht verantworten.
Als Erste hat ihm seine jüngste Schwester Gerti sehr früh schon Modell gestanden. Mit ihr beginnt Regisseur Dieter Berner denn auch seinen Film. Das Drehbuch hatte er zusammen mit Hilde Berger entwickelt, ausgehend von ihrem Roman „Tod und Mädchen: Egon Schiele und die Frauen“ (2009).

Egon Schiele (Noah Saavedra) ist selbst erst 16, als er mit der zwölfjährigen Gerti (Maresi Riegner) nach Triest reist, um sie im Licht des Südens zu malen. Sie wird seine erste Muse. Zu ihrem großen Leidwesen bleibt sie jedoch nicht die einzige. Diese erste gemeinsame Arbeit ist lediglich der Anfang einer langen Reihe von Frauenbildern.

Erst ab 12 Jahren

Zwölf Jahre später ist es jedoch wiederum Gerti, die um das Leben des geliebten Bruders kämpft. An seinem Krankenbett, bei der verzweifelten Suche nach dem heilenden Chinin, werden die Erinnerungen wach. Der schöne Egon Schiele hatte offensichtlich keine Mühe bei der Suche nach seinen Modellen. Mehr und mehr Mädchen ließen sich von ihm malen. Unter ihnen war die exotische Variété-Tänzerin Moa Mandu (Larissa Breitbach), später kam die rothaarige Wally Neuzil (Valerie Pachner) dazu, die ihm von seinem Künstlerfreund und -vater Gustav Klimt (Cornelius Obonya) vorgestellt wurde. Wally und Egon werden ein Paar, Wallys Leidenschaft bringt Schiele zu immer größeren, ausdrucksstärkeren Arbeiten, unter denen das Gemälde „Tod und Mädchen“ als unsterblicher Ausdruck dieser großen Liebe gewertet wird.

Doch der Mensch lebt nicht allein von der Liebe und Schieles Kunst hat damals wohl nicht die heutigen Preise erreicht. So heiratete Schiele letztendlich nicht seine große Liebe Wally, sondern die gutbürgerliche Nachbarstochter Edith Harms (Marie Jung).

Steifes Spiel

„Egon Schiele: Tod und Mädchen“ ist eine österreichisch-luxemburgische Koproduktion, die Dreharbeiten fanden 2015 unter anderem in Wien und Luxemburg statt. Die Weltpremiere war am vergangenen 26. September beim Zürich Film Festival, einen Monat später startete der Film in Österreich. Der Trailer wurde von Facebook gesperrt, mit der Begründung, es seien zu viel Nacktbilder zu sehen. Der Film ist erst ab 12 Jahren freigegeben.

Über die Nacktbilder lässt sich allerdings streiten. Sie machen einerseits aus dem Film eine Story aus Erotik, Liebe und Drama, sie sind andererseits zeitweilig aber auch blass und unkörperlich, so dass der Zuschauer am Ende nicht herausfindet, was den Mann tatsächlich bewegt hat. Schuld daran ist möglicherweise das recht steife Spiel von Noah Saavedra, der mit Egon Schiele seine erste große Rolle bekam. Die Wahl soll auf ihn gefallen sein, weil er dem Künstler ähnlich sieht, der Regisseur soll jedoch viel Mühe aufgebracht haben, um den Schauspieler, der bis dahin eher als Model tätig war, in die Haut des Künstlers zu „modellieren“.

Für Saavedra sprechen letztendlich seine starken Ausdrücke und die Blicke, mit denen er seine Models ein- oder abschätzt. Aus luxemburgischer Sicht kann man bedauern, dass trotz Luxemburger Geldern (vom Filmfonds) die hiesigen Schauspieler reichlich kurz kamen. Neben Marie Jung in der Rolle von Ehefrau Edith ist ihr Vater André Jung in der Rolle von Richter St. Pölten zu sehen, der 1912 darüber urteilen muss, ob Schiele die 14-jährige Tatjana von Mossig verführt hat, sowie Luc Feit als Kunstkritiker Arthur Roessler. Für Josiane Peiffer, Germain Wagner, Steve Karier, Al Ginter und Max Thommes blieben nur unbedeutende Rollen übrig.

Der Film läuft im Ciné Utopia