Frauensache

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1935 geboren, zählt Berthe Lutgen zu den wichtigsten bildenden Künstlerinnen Luxemburgs. Nun erschien bei ultimomondo unter dem Titel „Faire Face“ eine Biografie über sie.

Berthe Lutgen hat vor mehr als vier Jahrzehnten den Grundstein für die immer noch nicht abgeschlossene Gleichstellung von Mann und Frau in der hiesigen Gesellschaft gelegt. Nun erschien bei ultimomondo unter dem Titel „Faire Face“ eine Biografie über sie.

1962 stellte Berthe Lutgen erstmals beim Salon des „Cercle Artistique“ (CAL) aus. Ihre abstrakten Arbeiten unterschieden sich stark von dem, was die moderne Kunst bis dahin in Luxemburg hervorgebracht hatte. Die Künstlerin verarbeitete auf ihren Leinwänden u.a. Zement und Sand, Öl und Gestein.

„Das war ja damals schon fast revolutionär“, betont die Künstlerin, „denn hier gab ja immer noch die ‚Ecole de Paris‘ den Ton an.“ Lutgen eckte an mit ihrer Kunst, hauptsächlich in konservativen Kreisen, in denen die drei „K“ (Kinder, Küche, Kirche) noch immer prägend waren. Dass sie sich wenig später von der abstrakten Malerei ab- und der figürlichen zuwandte, dafür gab es einen speziellen Grund.

Klischees

1967 machte Berthe Lutgen Klischees zum Thema ihrer Bilder. „Die Frau wird primär als sexuelles Geschöpf, als Sexualobjekt der Männer dargestellt. Sie wird zur Ware, zum Konsumgut, zum Prestigeobjekt degradiert“, schrieb sie und spielte damit u.a. auf das Bild der Frau als Werbeträger an. Mit ihrer „Beinserie“, wird sie abermals zum Pionier, als sie 1969 die erste Videoinstallation in Luxemburg zeigt.
Schon ein Jahr zuvor hatte sie, zusammen mit ihren Künstlerkollegen Roger Kieffer, D.L. Carlo, René Wiroth, Marc Reckinger und Paul Ziesaire mit einem spektakulären „Happening“ zur Eröffnung des Salons 1968 des CAL für einen Eklat gesorgt.

„Doch die Reaktionen, die ich mir mit der ‚Beinserie‘ erhofft hatte, blieben aus“, erklärt Berthe Lutgen „und ich dachte mir, dann musst du etwas anderes tun, um die Gesellschaft in Sachen Frauenrecht wachzurütteln.“ So kam es zur Gründung des MLF („Mouvement de la libération des femmes“), das bis 1992 aktiv war und wesentlich dazu beitrug, die gesellschaftliche Situation von Frauen in Luxemburg zu verbessern.

Das Thema Frau rückte denn auch in den 1970er Jahren in den Mittelpunkt des Schaffens von Berthe Lutgen und ist es bis heute geblieben. In den 1980er und 1990er Jahren geriet die künstlerische Arbeit ins Hintertreffen. „Während ich im MLF von finanzieller Unabhängigkeit der Frau sprach, war ich selbst von meinem Mann abhängig, auch wenn ich ab und zu Mal ein Bild verkaufte.“
Sie trat ins „geregelte“ Berufsleben ein, arbeitete von 1979 bis 1992 als Lehrerin für Kunsterziehung im klassischen Sekundarunterricht. Beruf und Familienleben beanspruchten quasi all ihre Zeit. Lutgen vermisste die Malerei: „Ich ging manchmal ins Atelier, nur um an meinen Farben riechen zu können.“

Erst im Ruhestand – den man nun aber wirklich nicht als solchen bezeichnen kann – ging’s wieder los und heute ist Berthe Lutgen künstlerisch aktiver denn je. Davon kann man sich nicht zuletzt in der Ausstellung in der Galerie Toxic überzeugen.

Wer mehr über ihr Oeuvre erfahren möchte, dem sei die Biografie „Faire face“ empfohlen, die den Werdegang von Berthe Lutgen in allen Facetten beleuchtet.