Familie, Mord und eine eigene Handschrift

Familie, Mord und eine eigene Handschrift
(Oliver Dietze/dpa )

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In „Die Nacht der tausend Stunden“ geht es um einen ungeklärten Mord und die Familiengeschichte einer Uhrmacherfamilie. Die luxemburgisch-österreichische Koproduktion gab am Montagabend den Startschuss für die 38. Ausgabe des Max-Ophüls-Festivals in Saarbrücken.

Tausend-Stunden-Regisseur Virgil Widrich, Jahrgang 1967, ist kein Unbekannter auf dem Festival und zeigt seine Bedeutung: Von hier sind schon immer Karrieren mit einem vergleichsweise kleinen, aber doch hilfreichen Preisgeld in der Tasche gestartet. Widrich war 2000 das erste Mal in Saarbrücken mit seinem Spielfilmdebüt, der Komödie „Heller als der Mond“, im Wettbewerb vertreten.

Ehrenpreisträger:
Es war ein geschickter Coup, den sich die Leitung für den seit 2012 vergebenen Ehrenpreis ausgedacht hatte. Wie vor fünf Jahren fanden sich auch 2017 zwei Männer auf der Bühne wieder, einer als Laudator, der andere als Preisträger, die sich sehr gut kennen. Nur waren dieses Mal die Rollen einfach vertauscht. Alfred Holighaus, der erste Ehrenpreisträger überhaupt in Saarbrücken, hielt dieses Mal die Laudatio auf seinen eigenen Laudator Produzent Peter Rommel. Er sei der „Gott der einfachen Dinge“ mit seiner Begabung aus scheinbar unscheinbaren Alltagsgeschichten Filme zu entwickeln, die das Publikum liebe. Rommel produziere Filme nicht „mit der Brieftasche, sondern mit dem Herzen“, sagte Holighaus in seiner emotionalen und von großer Freundschaft geprägten Rede. Rommel gelobte, das auch weiterhin zu machen und beendete seine Dankesrede mit dem Appel zu gesellschaftlichen Engagement „in diesen Zeiten“.

Dieses Mal fiel die Wahl auf ihn, weil der Regisseur „mit seinem Innovationsgeist und seinem Mut, etwas zu wagen, zeigt, was Film alles kann“. So begründete Festivalleiterin Svenja Böttger anlässlich der Eröffnung des Festivals diese Wahl. Enttäuscht wurde niemand. Widrich hat zusammen mit seinem Kameramann Christian Berger ein Rückblendeverfahren entwickelt, dass erstaunliche Bildkompositionen schafft und neuartig ist. Bei jemandem, der an der Universität für angewandte Kunst in Wien den Masterlehrgang „Art & Science“ unterrichtet, wundert das wenig. Das ist die eine Komponente seines Schaffens, die ihm 2002 für „Copy Shop“eine Oscarnominierung eingebracht hat.

Zwischen Krimi- und Familiendrama

Die andere ist die Weigerung des Drehbuchautors, auch Virgil Widrich, sich in ein Genre einordnen lassen zu wollen. Genauso wie „Heller als der Mond“ zwischen mehreren Genres hin- und herpendelt, wandert auch die „Die Nacht der tausend Stunden“ zwischen Krimi und Familiendrama hin und her – mit teilweise komödiantischen Einsätzen.

Finanziert wurde der Film – und das ist ein „Lien“ nach Luxemburg – maßgeblich, „majoritär“, wie Filmfunddirektor Guy Daleiden es nannte, von Luxemburg. Daleiden hat kurz vor Ende des Drehs sogar noch einmal eine Zusatzfinanzierung gemäß den Kriterien des Funds in Höhe von 100.000 Euro bewilligt, wie er nach der Eröffnung im Gespräch mit Tageblatt.lu bestätigte. Erst dann konnte der Film fertiggestellt werden.

Mehr Inhalt

„Handschriften entdecken und fördern“ hatte Festivalleiterin als Motto für die diesjährige Ausgabe des Festivals wiederholt ausgegeben. Das hat sie gleich zu Beginn mit der Eröffnung eingelöst. Es bestärkt zudem den generellen Eindruck, unter ihrer Leitung wird mehr auf Inhalt als auf Show und Promieffekt gesetzt. Da ist eine junge Frau mit ihrem Team am Werk, deren Herz wirklich für das Kino schlägt.