Der Mudam-Cocktail für 2017

Der Mudam-Cocktail für 2017
(Tageblatt/Isabella Finzi)

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Es ist der gewohnte bunte Cocktail, den die Mudam-Verantwortlichen am Donnerstag zum Probieren im Café des Museums auf die Tische gestellt haben.

Gewohnt im Überblick über das aktuelle Schaffen zeitgenössischer Künstler, gewohnt bunt in den Facetten, die abgedeckt werden und gewohnt, weil es die Handschrift von Noch-Mudam-Direktor Enrico Lunghi trägt, der das Programm für 2017 verantwortet.

Das Bemühen um professionelle Normalität war allen Beteiligten anzumerken. Professionell wie immer gingen die Kuratoren zu Werk, die den scheidenden Direktor auf dem Podium umrahmten und die einzelnen Künstler der nächsten Museumssaison vorstellten. Und trotzdem: Die Aussicht darauf, dass Enrico Lunghi zum 31. Dezember dieses mit zehn Jahren Lebensalter noch junge Museum verlassen wird, lag wie eine graue Wolke über der Pressekonferenz insgesamt. Zumal das Erstaunen – oder sollte man besser sagen die Entrüstung? – darüber, dass Lunghi seinen Hut genommen hat nach wie vor die Kunstwelt erschüttert.

Nicht nur die luxemburgische, viel schwerer wiegt der internationale Aufschrei. Am Tag der Pressekonferenz hat das Board of Directors der International Association of Curators of Contemporary Art (IKT), dem 500 Kuratoren aus aller Welt angehören und das Enrico Lunghi zwei Mal für die Dauer von drei Jahren präsidierte, die Reaktion des Verwaltungsrates des Mudam und das Disziplinarverfahren gegen Lunghi scharf kritisiert. Das nagt am Ruf des noch jungen Museums und es nagt am Ruf des Landes als kompetent und fortschrittlich in Sachen zeitgenössische Kunst (Link).

Die Mudam-Welt

Für Enrico Lunghi war es seine letzte Pressekonferenz in Sachen „künstlerisches Programm des Mudam“. Dass ihm das nicht leicht fiel, war zu spüren – auch wenn er in gewohnt ruhiger und freundlicher Art die Einführung machte. Dabei nutzte er die Gelegenheit, seine Vision vom Platz des Mudam noch einmal klarzumachen. Zeitgenössisch, originell und kreativ in der Ausstellungsplanung, mit einer Idee von einem eigenen Weg, der die luxemburgischen Wurzeln nicht vernachlässigt.

In diesen Zusammenhang gehört die für das Mudam konzipierte Einzelausstellung von Su-Mei Tse ab Oktober 2017. Die luxemburgische Künstlerin bewegt sich in den Disziplinen Fotografie, Musik, Videokunst und Installationen und hat 2003 den Goldenen Löwen auf der Biennale in Venedig in der Kategorie „bester nationaler Beitrag“ gewonnen. Die 43-Jährige wird von der Peter Blum Gallery in New York vertreten. Ihre Ausstellung im Mudam wird anschließend im Aargauer Kunsthaus in der Schweiz gezeigt, was exemplarisch für den Anspruch des Mudam steht, heimischen Künstlern Sichtbarkeit auf internationaler Ebene zu verschaffen.

Originell, kreativ, offen

Der Anspruch, originell und kreativ zu sein, ohne dabei den Anspruch auf einen eigenen Weg aus den Augen zu verlieren, sei wahrscheinlich offensichtlich für ein Museum, das sich der zeitgenössischen Kunst verschrieben habe, sagte Lunghi, der die Einführung auch für einige grundsätzliche Worte – nach monatelangem Schweigen – nutzte. Es sei aber oft nicht leicht, dies im Rahmen des Budgets, der örtlichen Gegebenheiten und mit dem vorhandenen Personal umzusetzen, so Lunghi.

Hinzu kämen die Erwartungen der Politik, der Öffentlichkeit und der Kulturwelt an die Ausstellungspolitik des Hauses. Er sei oft darauf angesprochen worden, warum Ausstellungen, die in New York, Paris oder London liefen, nicht im Mudam gezeigt würden. „Diese Museen haben wahrscheinlich guten Grund, diese Künstler zu zeigen, das heißt aber nicht, dass das Mudam dieselben Gründe haben muss“, sagte Lunghi in diesem Zusammenhang.

Auch gehöre es zum Selbstverständnis des Museums, Ausstellungen von Frauen zu präsentieren. Dies sei Teil der im Mudam gelebten Offenheit, so Lunghi. Zum Schluss nutzte er die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass Ausstellungen oft lange Vorlaufzeiten haben. So geht die für 2018 geplante Ausstellung mit dem kanadischen Fotokünstler Jeff Wall noch auf sein Konto, genauso wie die Einzelausstellung des in diesem Jahr verstorbenen luxemburgischen Künstlers Bert Theis im Jahr 2019. Theis vertrat 1995 Luxemburg bei der Kunstbiennale in Venedig und mischte sich als liberalismuskritischer Künstler immer wieder auch politisch ein.

Eine einzige schlechte Erfahrung in 22 Jahren

Zum Schluss dankte Lunghi den versammelten Kulturredakteuren für ihr Engagement in Sachen Mudam. Das einzige persönliche Statement: „In 22 Jahren an der Spitze von Kulturinstitutionen habe ich eine schlechte Erfahrung mit Journalisten gemacht, c’est la vie.“

Wie schmeckt nun der 2017er Cocktail? Nach viel Inspirierendem. Die ersten Höhepunkte sind der Träger des renommierten „Turner Prize“ Tony Cragg (Jahrgang 1949), der Konzeptkünstler Darren Almond (Jahrgang 1971) und der Fotograf Samuel Gratacap (Jahrgang 1982) mit ihrem Mix aus Bildhauerei und Plastik, Fotografie und Video. Ab Juni zeigt das Museum Werke seiner ständigen Sammlung.