Borchert gerappt

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"Draußen vor der Tür" ist Wolfgang Borcherts wichtigstes Werk. Nun wagt sich das Kaleidoskop-Theater an das Stück, dessen Premiere ebenfalls vor der Tür steht.

Die Bühne ist spärlich: Eine der wenige Requisiten auf der Bühne ist eine Tür, was ja nicht unbedingt überrascht. Dafür ist die Bühne umso größer: Ein Steg führt bis weit in die Zuschauerreihen hinein. In einigen Szenen spielen die Schauspieler inmitten der Zuschauer und sogar auf dem Balkon. Die Bühne sei absichtlich so gehalten, sagte uns Regisseur Jean-Paul Maes bei unserem Probenbesuch am Donnerstag im Bettemburger Schloss, und das nicht nur aus Geldgründen. Wichtig sei vor allem der Text.

Produktion

Autor: Wolfgang Borchert

Mit: Timo Wagner, Jean-Paul Maes, Raoul Albonetti, Rosalie Maes, Lotti Jungblut

Regie: Jean-Paul Maes

Regiemitarbeit: Jean-Marc Turmes

Musik: Al Ginter

Vorstellungen:
25.2.2015 (Premiere), 27.2., 25.3., 26.3., 27.3. um 20.00 Uhr sowie am 1.3.2015 um 17.30 Uhr, im Schloss Bettemburg

Mit „Draußen vor der Tür“ hat sich das Kaleidoskop-Theater ein Stück ausgewählt, das auf den ersten Blick etwas veraltet scheint. Es war das erste Kriegsheimkehrer-Drama, das in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg aufgeführt wurde. Die zentrale Figur Beckmann hat am Hitlerfeldzug gegen Russland teilgenommen und Stalingrad sowie drei Jahre sibirisches Straflager überlebt. Wieder zu Hause zurück, findet er überall nur geschlossene Türen. In einer Szene beneidet Beckmann sogar seine Kameraden, die Stalingrad nicht überlebt haben. Für die sei es wesentlich einfacher. Er sucht Arbeit, sogar bei einem Kabarett, findet aber keine.

Gedenken an das Ende des Krieges

Warum dieses Stück jetzt aufführen, wollten wir von Maes wissen. Dafür gebe es mehrere Gründe. Zum Ersten jähre sich in diesem Jahr zum 70. Mal das Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Aufführung sei also auch ein Gedenken an das Ende des Krieges. Darüber hinaus bleibe die Thematik des Kriegsheimkehrers, der ja auch eine Art Flüchtling sei, aktuell.

Kriegsheimkehrer wie Beckmann gebe es bei uns zwar keine, wohl aber doch Menschen, die gezwungen würden, ihr Hause zu verlassen und dann auf geschlossene Türen stießen.

Maes sieht in Beckmann ein Symbol für die heutigen Migranten, die auch oft nicht mit offenen Armen aufgenommen werden. Damit straft er die Aussage des Kabarett-Direktors im Stück Lügen, der meint: „Mit der Wahrheit hat die Kunst doch nichts zu tun.“

Menschlichkeit und Unmenschlichkeit

Es sei aber auch, sieht man von der Thematik „Zweiter Weltkrieg“ ab, ein Stück über die Menschlichkeit und die damit verbundene Unmenschlichkeit, ob gewollt oder nicht. „Wer schützt uns davor, dass wir nicht Mörder werden?“, fragt Beckmann.

Er habe „kein museales Stück“ gewollt, sagte Maes. Die Schauspieler treten z.B. nicht in authentischen Kostümen auf; die Uniform Beckmanns ist keine der Wehrmacht. Stalingrad steht aber auch heute noch für die Schrecken des Krieges. Und der sei ja wieder in Europa, in der Ukraine, angekommen. Und dagegen will er ein Zeichen setzen. Obwohl der Text so dargeboten wird, wie er von Borchert geschrieben wurde, gibt es doch einige Kompromisse an die Moderne. So wird das Lied „Tapfere kleine Soldatenfrau“ nicht gesungen, sondern von Beckmann zur Begleitmusik von Al Ginter gerappt.