(Anti-) Hass-Prediger

(Anti-) Hass-Prediger
(Fabrizio Pizzolante)

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Am Sonntag präsentiert Luc Spada in der Abtei Neumünster seine One-Man-Show „Huel se. Huel mech. Deng Mamm 2.0“. Wir unterhielten uns im Vorfeld mit dem Künstler.

Tageblatt: Für wie lange sind Sie jetzt wieder in Luxemburg?
Luc Spada: Nur für zwei Wochen.

Luc Spada, am 24. Mai 1985 in Luxemburg geboren, ist ein luxemburgischer Schauspieler und Schriftsteller. Er lebt in Berlin.

Seine One-Man-Show „Huel se. Huel mech. Deng Mamm 2.0“ im Rahmen des Festivals „Humour pour la paix“ präsentiert er am Sonntag um 17.00 Uhr im Kulturzentrum „neimënster“, Saal Robert Krieps.

Sind Sie speziell für die Show am Sonntag nach Luxemburg gekommen?
Zu einem großen Teil. Ich habe bereits in Berlin alleine geprobt, und nun eine Woche hier in der Abtei Neumünster. Ich laufe auch noch viel durch die Stadt und höre den Kommentaren von Menschen in den Kneipen zu.

Können Sie ein bisschen mehr über die Show sagen?
Ich habe damit angefangen, als ich merkte, es gibt immer mehr Hass unter den Leuten. Vielleicht war das schon immer so, aber ich erlebe es nun bewusster, vielleicht weil es jetzt mehr Gelegenheiten gibt, seine Meinung öffentlich zu machen, auf Facebook oder auf Twitter etwa. Mir ist aufgefallen, dass da Sachen geschrieben werden, welche die Leute so wahrscheinlich im realen Leben nie sagen würden. Sätze wie „Da bringen wir den mal um“ oder „diese blöde Schwuchtel“ kommen sehr schnell über die Lippen. Alles Sachen, bei denen man sich fragt: „Was ist denn jetzt los?“

Als man mich fragte, ob ich etwas über die Luxemburger Identität machen wolle und mir dabei freie Hand ließ, habe ich mir gedacht, alle diese Kommentare zu zeigen. Ich stelle sie quasi aus, aber ich hetze nicht gegen die Hetze.

Ich verbreite nicht noch mehr Hass gegen den Hass, aber ich kommentiere die Kommentare, ich mache Poesie daraus, ich zeige, dass der Hass auch ziemlich witzig sein, aber auch im Hals stecken bleiben kann.

Was bei den Kommentaren ans Licht kommt, ist Angst. Alles, was wir wissen, wissen wir durch das Lesen aus der Zeitung oder man sieht es im Fernsehen, aber man weiß es eigentlich nicht richtig.

Sie haben von Identität gesprochen. Was bedeutet das für Sie, da Sie italienischer Abstammung und in Luxemburg aufgewachsen sind und nun in Deutschland leben?
Luxemburg ist für mich das Land, wo ich geboren wurde, das Land, das mir ermöglicht, einen Pass zu haben, mit dem ich reisen kann, das Land, wo ich arbeiten konnte, das Land, wo meine Familie und viele Freunde von mir sind.

Ich glaube aber nicht, dass Identität Grenzen setzen soll. Zu starke Nationalgefühle können ausarten. Wir sind ja sehr vernetzt und mich stört es, wenn Leute sich nur auf ihren „Roude Léiw“ berufen.

In einem Interview haben Sie gesagt, München sei Ihnen zu klein, zu spießig, da muss Luxemburg Ihnen ja noch spießiger vorkommen.
Überall, wo ich mich ein bisschen zu lange aufhalte, wird es mir zu klein. Ja klar, in Luxemburg ist es klein, aber ich bin hier aufgewachsen, kenne die Wege, ich komme gerne hierhin, aber ich gehe auch gerne immer wieder fort.

In einem anderen Interview habe Sie gesagt, dass Sie im Grunde nicht sehr viel lesen, außer ein paar ausgewählte Autoren. Ist das nicht ein wenig widersprüchlich für einen Autor?
Nein, es gibt ein paar Sachen, die ich sehr gerne lese. Ich habe die Schule nie gern gemocht, es gab immer das Trauma des Lesens, und es ist paradox, dass ich nun schreibe. Aber ich habe nicht die Geduld und die Ruhe zum Lesen, zum Schreiben schon, denn das ist etwas Aktives. Kommentare lesen, das geht noch.

Lesen Sie digital oder auf Papier?
Alles auf dem Papier.

Und schreiben?
Immer zuerst auf Papier. Es ist am angenehmsten, ich arbeite quasi mit dem Papier, bis es gelb wird.

Trennen Sie Ihre Arbeiten als Autor und als Schauspieler voneinander, oder gibt es da ein beständiges Ineinanderfließen?
(zögernd) Ja. Am Anfang habe ich beides parallel gemacht. Mittlerweile habe ich aber gemerkt, das geht nicht. Ich muss aufpassen, dass es Qualität bleibt.

Ich gehe nun nicht mehr selbst mit meinen Theaterstücken auf die Bühne, das sollen jetzt andere tun. Ich schreibe gerne für die Bühne. Mein eigenes Literaturprogramm trage ich selber vor. Und ich spiele mittlerweile lieber vor der Kamera. Das hat eine direktere Intimität.

Am Sonntag sind Sie allein auf der Bühne?
Komplett, nur ich, ein Tisch und „Crémant“.

„Crémant“?
(lacht) Nun, „Crémant“ gehört ja auch mittlerweile zur luxemburgischen Identität.