Saure Metalbonbons

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The Pretty Reckless und Stone Sour lassen das Publikum in der "Box" der Luxexpo schwitzen.

The Pretty Reckless und Stone Sour lassen das Publikum in der „Box“ der Luxexpo schwitzen.

Während sich einige am vergangenen Sonntagabend bei kühlem Wetter auf den zahlreichen Weihnachtsmärkten in Luxemburg Deftiges und danach die eine oder andere Süßigkeit gönnten, zogen dreitausend andere zum Dessert eher ‚deftig-saure‘ Kost in Form von The Pretty Reckless und Stone Sour in der Luxexpo auf Kirchberg vor.

Post-Grunge à la bonheur

Einige Stone-Sour-Fans waren von der Entscheidung, den Konzertabend mit „The Pretty Reckless“ (von nun an TPR) zu beginnen, womöglich etwas überrascht, passen TPR doch nicht so richtig in den Hardrock-/Metalkosmos von Stone Sour. TPR sind eine Postgrunge-Band, deren Powerchords unweigerlich, bei freier Interpretation, an AC/DC erinnern und deren bekanntester Song – „Make me wanna die“ – jeder sicherlich irgendwo schon mal gehört hat. Polarisieren tut die Band jedoch nicht zentral durch ihre Musik, sondern durch Frontfrau Taylor Momsen, die manchen sicherlich als das junge „enfant terrible“ der amerikanischen Popkultur bekannt ist, und auch gerne durch ein sexualisiertes Auftreten (abgeklebte Nippel, tiefschwarz geschminkte Augen) im prüden Amerika oder durch provozierende Aussagen à la „The world does not benefit from you hiding your badassery“ auffällt.

Rund 55 Minuten lang gab es dann schwere Gitarren, knackig-krachende Riffs und dazu Momsens Gesang, der sich irgendwo zwischen lethargischem (im Positiven) Kurt Cobain und energischem Joan Jett einordnen lässt. Dieses Package reizt einen doch, sich mehr mit dieser Band auseinanderzusetzen. Zudem wusste Taylor Momsen in der Luxexpo trotz eher wenig Kommunikation (im Gegensatz zu Corey Taylor später), die Fans zum Bewegen zu animieren, und nach elf Songs blieb ein mehr als positives Gefühl, einem klaren durchdringenden Sound sei Dank.

Die Ansprachen des Corey Taylor

Stone Sour ist eine Band, die bereits 1992 vom Slipknot-Sänger Corey Taylor gegründet wurde. Ihren Stil beschreiben sie selbst als „melodischen Hardrock mit Inhalt und Initiative“, und genau dieser angestrebte „tiefere“ Inhalt zieht sich wie ein Leitmotiv durch den gesamten Textkorpus der sechs Alben: Die Texte stellen den Mensch als lebendiges Wesen in den Vordergrund und befassen sich etwa sowohl mit egoistischen Lebensvorstellungen als auch mit dem Unterbewusstsein und dem Verlust der eigenen Selbstwürde.

Um Punkt 21.00 Uhr waren alle in der Box bereit: Die Mannen um Tausendsassa und Mastermind Corey Taylor betraten die Bühne. Die Stimmung hätte von Beginn an nicht besser sein können: Mit Pyrofontänen und Konfettiraketen eröffneten Stone Sour mit „Taipei Person / Allah Tea“ ihr „Hydrograd“-Tourkonzert vor ausverkauftem Haus. Die anwesende Menge wollte von der ersten Sekunde an Teil dieser triumphalen Rückkehr Stone Sours nach 2007 und 2013 sein. Nach wenigen Songs richtete Frontmann Taylor das erste Mal das Wort ans Publikum und forderte, den unglaublichen Flow in der Halle aufrechterhaltend, sofort eine Antwort auf die Frage: „Are you fucking ready to lose your fucking mind?“

Das Publikum, gefühlt die gesamte Rock- und Metalszene der Großregion,  war mehr als bereit. Taylor gelang es durch weitere Ansprachen à la „Music brings this fucking family together“ / „It’s about moving that daily shit out of the door and have a good fucking time“ / „This is real music – rock ’n‘ fucking roll“, das bereits heiße Publikum nach kürzester Zeit bis an den Zenit der eigenen Energie zu drücken – „Corey“- Chants inklusive – und gleichzeitig ein gewisses Familiengefühl herzustellen. Gibt es nicht selten Kritik am Transportwesen oder macht sich eine gewisse Unlust breit, mehrere Kilometer für eine Band zu fahren, so scheinen Fans in der Metalszene recht oft unglaubliche Wege zu Konzerten oder Festivals auf sich zu nehmen, um Teil einer großen Familie zu sein – nicht umsonst geben sich Metalheads jedes Jahr auf dem Wacken-Festival das Versprechen, auch nächstes Jahr wieder anwesend zu sein – und halten diese Abmachung auch ein …

Die Hitze in der Halle stieg unterdessen pro Song an – hyperventilierende Fans inklusive. Wer jemals die Gelegenheit hatte, das Stones-Konzert vom Glastonbury oder das AC/DC-Konzert aus River Plate zu sehen, der kann in etwa nachvollziehen, wie phänomenal die Stimmung in den anderthalb Stunden des Konzertes gewesen ist. In solchen Momenten zeigt sich dann am besten, wieso ein Mann wie Corey Taylor als Mastermind bezeichnet werden kann: Musikalisch ist Corey Taylor mit seiner gleichnamigen eigenen Band sowie den Headlinerbands Stone Sour und Slipknot fast tagtäglich auf den großen Bühnen dieser Welt unterwegs und veröffentlicht quasi jedes Jahr ein Album, ohne aber die Intensität und die Texttiefe vermissen zu lassen – überhaupt scheint es, als ob der Ideenfluss von Taylor unendlich wäre. Er nicht nur sprachlich – durch die sehr wortstarken Ansprachen (siehe oben) – die Lust an einem weiteren Abend unter Freunden, sondern erkannte die lautstarke Teilnahme der Fans mit einem breiten Dauergrinsen an und brachte quasi die Dynamik der Fans auf die Bühne, indem er einen ähnlich-großen und schweißtreibenden Parcours zurücklegte. Dass er sich vor dreitausend „Familienmitgliedern“ auch nach einem Verspieler keinesfalls schämte, sondern das allgemeine Gelächter mit einem Mittelfinger und verschmitztem Lächeln quittierte, zeigte eine gewisse Selbstironie und einen Konsens zwischen ihm und der Masse.

Kardinalfragen: Sound & Setlist

War die Stimmung auch noch so außerordentlich positiv aufgeladen, so bleiben doch zwei Wermutstropfen: Sound & Setlist. Während „The Pretty Reckless“ einen durchwegs bestechenden Sound auffuhren, so musste man bei Stone Sour einige Abstriche hinnehmen bezüglich des etwas matschigen Gitarrensounds, bei dem die Gitarrenriffs und Soli leider oftmals etwas von ihrer Intensität verloren, und der Drums, die etwas zu „weich“ für ein Metalkonzert waren. Die Soundunterschiede zeigten demnach auch auf, dass es nicht an der Halle liegt (Alter Bridge hatten vor einigen Monaten nur anfänglich ein paar Soundschwierigkeiten), sondern an der Soundtechnik der einzelnen Bands. Nichtsdestotrotz riss Corey Taylor mit seinem bedingungslosen stimmlichen Engagement das Ruder in die richtige Richtung – von synergetischen Übergängen vom Growlen und Screamen bis hin zum Klargesang wurde die stimmliche Bandbreite Taylors von diesem bis an die Schmerzgrenze ausgereizt.

Stone Sour haben mit fünf Titeln von ihrer neuen CD und einem Querschnitt durch ihre gesamte Diskografie einen Mittelweg gefunden, der jeden Fan zufriedenstellte – und doch hätte man das eine oder andere Schmankerl (z.B. „Black John“) noch mit einbringen können … Die Songfolge als solche kann als eine Achterbahnfahrt der Stile definiert werden, die mit einem „aggressiven“ Hardrock-Hitdouble vom Hydrograd-Album („Taipei Person / Allah Tea“, „Knievel has landed“) begann, bevor mit den melodischen „Hesitate“ und „Tired“ die Anspannung etwas gelindert und das Tempo zurückgenommen wurde. Mit „Do me a favor“ wurden die anfänglichen Stränge wieder aufgenommen und nur kurz durch den Klassiker „Through Glass“, der immer noch nichts von seiner emotionalen Schönheit eingebüßt hat, gebrochen. Mit dem Epos „Gone Sovereign / Absolute Zero“ und seinem unvergleichlichen internen Songübergang wird das Spiel zwischen menschlichem Egoismus und verlorener Würde in brillanter Weise vorgeführt und kann auch als eigentliche Conclusio des Konzertes verstanden werden.

Nach über 2 ½ Stunden purem Rock und Metal bleibt festzuhalten, dass ein schweißtreibendes Konzert zu (sehr) kalter Jahreszeit mehr als willkommen ist und dass diese beiden Metalbonbons sicherlich süß(-saurer) waren als jede Versuchung auf dem Weihnachtsmarkt …

Von Sascha Dahm

Nomi
1. Dezember 2017 - 16.11

Wann eppes geschidd, ass och Topech !

Jos C.
1. Dezember 2017 - 9.27

wi topech, mengt der net dat wier virdrun mam organisateur ofgeschwat gin ? Dann hätte Kiss niemols dierfen an der Rockhal optrieden...

Nomi
30. November 2017 - 14.52

Pyrotechnik an enger Haal muss aus Secherheetsgrenn verbueden ginn !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Mir warden bis rem Eppes tragesches geschidd ass !!!!