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Rufus Wainwright erstmals in Luxemburg

Von Elisa Leclerc

Mit 44 Jahren hat sich Rufus Wainwright den Ruf des „Enfant terrible“ der zeitgenössischen Komponistenszene erworben, dessen Musik immer zwischen Pop und Klassik variiert: Sein erstes Album (1998) wurde vom Rolling Stone zu einer der besten Platten des Jahres gekürt, für das zweite, „Poses“ (2001), gab sich Wainwright mit nichts weniger als der berüchtigten Künstlerbleibe „Chelsea Hotel“ zufrieden, es folgten Crystal-Meth-Eskapaden und ein kurzweiliger Verlust der Sehkraft, bis Elton John ihn zum Entzug überreden konnte. Später vertonte Wainwright die Shakespeare- Sonette, wurde für seine Judy-Garland-Hommage mit fünf Grammys ausgezeichnet, schrieb eine Oper, um der Welt zu beweisen, dass er auch das kann. Am Samstag trat das kanadische Wunderkind schließlich erstmals in Luxemburg, im städtischen Conservatoire, auf.

„I pray that your face is the last I see on a peaceful afternoon“, singt Rufus Wainwright und meint damit keinen Geringeren als seinen Ehemann Jörn. Das Lied, das auf seinem neuen Album erscheinen soll, hatte der Kanadier zuvor mit einer Anekdote eingeleitet: „As you can imagine, the Germans can be quite demanding …“, witzelte Wainwright in Hinblick auf die deutsche Herkunft seines Ehemannes, bevor er von dessen Anforderung erzählte, auf jedem Album mindestens ein Lied gewidmet zu bekommen. Bei nur einer Anekdote blieb es jedoch im Verlauf des Abends nicht: Wainwright verriet, wie die italienischen Medien ihn damals als „Lo scandaloso“ betitelten, nachdem seine Ankunft am Flughafen für das „Sanremo Music Festival“ von einer Gruppe Protestierender begleitet wurde, die sich an der Homosexualität des Sängers gestört hatten. Offen gab sich Wainwright auch über sein Lied „Gay Messiah“, von dem er erzählte, dass er es auf einem früheren Konzert einst in Anwesenheit eines Kindes spontan jugendfreundlicher umgedichtet hatte, wodurch die Zeile „Baptized in gummy bears“ entstanden war.

Mit viel Stimmgewalt

Dabei konnte der Kanadier seinem Publikum jedoch nicht nur ein Lachen entlocken, sondern in erster Linie auch Staunen: Von einem Mann, der sich selbst nicht immer ernst nimmt, der selbstbewusst und witzelnd auf der Bühne steht und Geschichten zum Besten gibt, wechselte er im fließenden Übergang zum gesanglichen Wunderkind, das mal am Klavier sitzt, mal die Gitarre spielt, dabei jedoch stets virtuos wirkt.
Das Konzert leitete Wainwright mit dem Song „Beauty Mark“ vom Debütalbum „Rufus Wainwright“ (1998) ein. Anschließend folgten ein buntes Gemisch aus früheren Alben, eine Arie („Les feux d’artifice t’appellent“) und zwei gecoverte Lieder Leonard Cohens, mit dessen Tochter Wainwright ein gemeinsames Kind aufzieht, darunter „So Long, Marianne“ und „Hallelujah“.

Als Wainwright zum Abschluss die Textzeile „I’m so tired of you, America“ aus dem Lied „Going To A Town“ sang, lachte er in Anbetracht des Zeitgeistes kurz auf, fast schien es so, als seien die Worte nicht auf das Erscheinungsjahr 2007, sondern vielmehr auf 2018 gemünzt gewesen. Auch sonst ließ Wainwright es sich nicht nehmen, politische Botschaften in den Abend einzubauen: Für den „Trump Song“, den Wainwright aus Jux geschrieben hatte – „It’s really bad, but this man doesn’t deserve a nice song“ – wurde der Kanadier zur Abwechslung von Hip-Hop-Klängen und einer tanzenden Frau in Unterwäsche und Männerhemd begleitet, deren Rücken die Worte „Jo, en ass super kleng“ zierten. Wainwright verabschiedete die Frau mit den Worten „Thank you, Melania“ und löste damit erneut Gelächter im Publikum aus.
Abermals gelang dem Sänger jedoch der mühelose Übergang zur fulminanten Baritonstimme, für die das Publikum gekommen war – und für die es am Ende auch Standing Ovations gab. In Anbetracht des kleinen Konzertsaals und Wainwrights lockeren, selbstbewussten Auftretens war dabei fast der Eindruck entstanden, man begegne einem Freund aus alten Zeiten – der nur zufällig eben auch Teil einer der renommiertesten Musikerfamilien ist.