Ohrenschmaus und Augenweide

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Vor zwölf Jahren hatte Ralf Britten (53) keine leichte Aufgabe. Es war an ihm, ein nicht unumstrittenes neues Kulturzentrum ohne Vorschusslorbeeren zu eröffnen. Und viel wichtiger noch: das Trifolion mit seinem Programm in den Herzen der Echternacher zu verankern. Ein Gespräch mit dem Jurist, Ökonom und Pianist zum zehnjährigen Jubiläum.

Trifolion-Direktor Ralf Britten (Foto: Claude Lenert)

Tageblatt: Ist das Haus in die Herzen der Echternacher eingezogen?

Ralf Britten: Eigentlich sollten das besser andere sagen als der Direktor. Aber ich habe das Gefühl: Ja! Die lokalen Institutionen wie Musikschule, Musikgruppen, andere Vereine nutzen das Gebäude genauso gerne wie Künstler, die hier auftreten.

Woran messen Sie das?

Wir haben im Jahr rund 30.000 Besucher, die aus der Region zu uns kommen. Damit meine ich Echternach und einen Radius von 50 Kilometern rundherum. In 200 Metern von hier ist die Grenze, das muss man berücksichtigen. Trotzdem, 77 Prozent der Besucher kommen aus Luxemburg und vor allem aus dem Osten des Landes.

Sie sind ja auch die einzige vergleichbare Institution in dem Landesteil …

Das stimmt. Und wir haben eine einzigartige Akustik. Vielleicht können wir das sogar ausbauen.

An was denken Sie da?

Der Geiger Gideon Kremer hat hier seine letzte CD aufgenommen, weil die Akustik so ist, wie sie ist. Er wollte kein Studio, sondern das Trifolion. Ich würde mir das für den Saal noch viel öfter wünschen.

Macht der Direktor einer Kulturinstitution auch mal eine Veranstaltung nach persönlicher Vorliebe?

Ich bin klassischer Pianist und habe von daher natürlich eine Vorliebe für dieses Genre. Aber die zählt nicht. Es geht hier darum, unserer Zielgruppe gerecht zu werden. Und das sind eben nicht nur Klassikfans. Aber da hat uns unser Publikum über die Jahre den Weg gezeigt, wie wir unser Programm gestalten müssen.

Wie steht es denn um den Bildungsauftrag einer Kulturinstitution? Darf man sich heute noch Ausflüge ins Experiment erlauben?

Auf jeden Fall. Für mich besteht die Kunst darin, Menschen mit einem Angebot ins Haus zu bringen, das andere vielleicht als „Mainstream“ bezeichnen würden, und gleichzeitig Inhalte zu präsentieren, die weniger breitenwirksam sind.

Sie meinen die Podiumsreihe „Horizonte“?

Zum Beispiel. Je nach Thema, über das wir diskutieren, ist das nicht jedermanns Sache. Im Rahmen der Erfüllung eines Kulturauftrags spielen neben künstlerischen auch wirtschaftliche Aspekte eine Rolle. Das gilt erst recht, wenn rund 50 Prozent des erforderlichen Budgets nicht über öffentliche Gelder gedeckt sind und daher selbst zu erwirtschaften sind. Beides, Kunst und Wirtschaftlichkeit, sind zu erfüllen.

Das Trifolion setzt ja aber nicht nur auf das gesprochene Wort. Es gibt auch Lesungen. Da hat sich das Haus schon ordentlich Ärger eingehandelt, Stichwort Thilo Sarrazin …

Ich habe das damals sicherlich unterschätzt. Trotzdem haben genauso viele, die sich über die Einladung aufgeregt haben, auch gesagt, ihr werdet ihn aber doch nicht ausladen. Wir wollen ja mit der Präsentation von geistigen Inhalten, wie sie das geschriebene Wort ist, Diskussionen anregen. In diesem Fall hatten wir sie schon vor dem Haus.

Was war Ihr letztes künstlerisches Experiment?

„Red Bull Flying Bach“. Das war Breakdance und wohltemperiertes Klavier mit Bach-Kompositionen, alles live. Das Haus war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Wir haben mit dieser Veranstaltung das geschafft, was wir uns wünschen: unterschiedliche Interessens- und Altersgruppen zusammenzubringen. Ende dieses Jahres haben wir Mozart und Breakdance im Programm.

Kommen wir zum Echternacher Festival. Nach zehn Jahren hat das Trifolion eine große Aufgabe vor sich. Sie übernehmen die Trägerschaft. Sind Sie optimistisch?

Trotz eines wesentlich schwieriger gewordenen Umfelds für Kulturangebote, Streamingdiensten für zu Hause und eines gewachsenen Freizeitangebots: ja. Ein Festival lebt von seiner Atmosphäre. Wenn wir es schaffen, die eindrucksvolle Kulisse von Echternach wirkungsvoll mit einzubinden, dann kann uns das gelingen.

Ist nach zehn Jahren bei Ihnen noch ein Wunsch offen? Künstlerisch?

Khatia Buniatishvili, eine georgisch-französische Pianistin. Das ist nur ein Beispiel. Ich habe eine ganze Reihe von Wünschen, mal sehen … (lacht)


Das Kulturzentrum

Das Trifolion ist eine Asbl. Das Kulturhaus bekommt nach eigenen Angaben finanzielle Unterstützung vom Staat (240.000 Euro) und von der Gemeinde (425.000 Euro). Der Rest sind Einnahmen des Hauses, das auch als Vermieter für Produktionen anderer fungiert und Einnahmen geriert. Das erforderliche Jahresbudget des Trifolions – ohne Betriebskosten des Gebäudes, die von der Gemeinde separat getragen werden – beträgt jährlich rund eine Million Euro.

Der Bau hat laut Gemeinde Echternach 35 Millionen Euro gekostet. Das Ministerium für Kultur sponsorte den Neubau damals mit rund 12 Millionen, vom „Fonds européen de développement régional“ (Feder) kamen rund 1,5 Millionen, den Rest hat die Gemeinde getragen.

Der Neubau wurde an der Stelle errichtet, wo früher ein Redemptoristenkloster stand. Echternach ist Abteistadt. Ursprünglich wurde das Trifolion als Festspielhaus für das „Festival International Echternach“ gebaut, beherbergt aber auch die Echternacher Musikschule mit 1.400 Schülern sowie Proberäume für die „Harmonie municipale Echternach“. An 160 Tagen finden eigene Veranstaltungen statt, zwölf Mitarbeiter sind dort beschäftigt.


Besucher

30.000 Besucher besuchen durchschnittlich das Trifolion pro Jahr. Das sind
300.000 auf zehn Jahre hochgerechnet. 23.000 Besucher haben 2017 die Kulturveranstaltungen wahrgenommen.

Aus dem Bereich Kongress resultierten 2017 noch einmal ca. 3.000. Aus privaten Veranstaltungen wie Empfängen, Hochzeiten, Ehrungen, Gemeindeveranstaltungen resultieren weitere 5.000 Besucher.

Besucherherkunft 2017:

  • 77% Luxemburg
  • 22% Deutschland
  • 1% andere Länder

Bei den Besuchern aus Luxemburg ist die Verteilung:

  • Osten: 70%
  • Süden: 9%
  • Stadt: 10%
  • Westen: 4%
  • Norden: 7%