In Berlin: Preis für einen Rapper, der sich schöner findet als „Auschwitz-Insassen“

In Berlin: Preis für einen Rapper, der sich schöner findet als „Auschwitz-Insassen“
Was ist unerträglicher? Dieses Foto von geschundenen Kindern in Auschwitz – oder, dass sie heute für eine billige Provokation herhalten müssen?

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wenn alles einigermaßen gut läuft, dann hat man mit elf Jahren noch keine Ahnung von den Tragödien, die selbst ein durchschnittlicher Lebensverlauf bereithält. Die Polin Kazimiera Wasiak ist eine der vielen Tausend Menschen, denen eine solche Kindheit nicht im Ansatz vergönnt war. Jedenfalls nicht von den Deutschen, die sie im August 1944 in das KZ Auschwitz verschleppten. Sechs Monate lang litt sie dort auch entsetzlichen Hunger: Zu essen gab es nur einen dünnen Brei aus Roggenmehl – „mit Würmern auf dem Grund“, wie sie nach dem Krieg erzählen konnte.

Unfassbar, aber wahr: Dass die von Menschheitsverbrechern in Todeslager geschundenen Menschen heute Rappern wie Kollegah und Farid Bang gerade einmal zum Aufhänger taugen, um damit die Schönheit ihrer gestählten Muckis zu beschreiben. „Mein Körper, definierter als von Auschwitzinsassen“, lautet jedenfalls eine Zeile des Songs „0815“, der es mittlerweile zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Der Bonustrack strotzt, genau wie das übergeordnete Albums „JBG3“, nur so vor stumpfen Gewaltfantasien („Danach fick‘ ich deine Ma, die Flüchtlingsschlampe“) und geschmacklosen Vergleichen („Mach‘ dein Bahnhofsghetto zu Charlie Hebdo“).

Dass solche Provokationen nun mal zur „Kultur“ des Gangsta-Rap gehören, lautet die übliche Verteidigung solcher Ausfälle durch Genre-Fans – so, als bedeute die Freiheit der Kunst gleich die Freiheit von Niveau, Verantwortung oder auch nur dem Schatten einer Haltung.

Wer verkauft, hat Recht

So sieht das (noch) nicht jeder, zum Glück: Und so sorgte die Nominierung des Albums „JBG3“ für den Musikpreis „Echo“ wenigstens für etwas kritische Gegenwehr, auch während der Preisverleihung. Natürlich nicht bei aseptischen Marketing-Hohlkörpern wie Marc Forster oder dem Fräuleinwunder Helene Fischer. Dafür war auf den Punk-Musiker Campino Verlass, der während der Preisverleihung gefrustet fragte, ob hier nicht „die moralische Schmerzgrenze“ erreicht sei.

Er meine damit nicht nur das einzelne Lied mit der von ihm als antisemitisch verstandenen Liedzeile, betonte der 55-Jährige: „Es geht doch vielmehr um einen Geist, der zurzeit überall präsent ist. Nicht nur in der Musik, sondern auch in den sozialen Medien, im täglichen Fernsehtrash und in der Politik.“

Im Publikum reagierten die angesprochenen Rapper übrigens, indem sie ihre Muckis zeigten. Und es stimmt: Die waren wirklich toll in Form, sicher viel besser als die Muskeln der elfjährigen Kazimiera, die ja in Auschwitz verwurmten Mehlbrei herunterwürgen musste, um zu überleben.

„Dieses Album klingt wie Müll“

Später durften die „Künstler“ dann tatsächlich den Echo entgegennehmen (Kategorie: Hip-Hop/Urban National) – obgleich ein „Echo-Beirat“ im Internet beteuert, dass er sich sorge, weil „Hass und Gewalt im gesamten medialen Umfeld zunehmen“. Aber der Echo sei nun mal „ein Preis, der auf Verkaufszahlen basiert“. Also: Wer verkauft, hat (leider) recht – oder, wie die kritisierten Rapper es später ausdrückten: „Wer sich jetzt noch aufregen will, der soll es machen. Wir sind die Gewinner.“

Dass so etwas wie „JBG3“ produziert wird, könnte man noch hinnehmen, gerade so. Dass sich aber dieser Dreck, über den das Szene-Magazin Rappers urteilte „Dieses Album klingt wie Müll“, so preiswürdig gut verkauft, dass er in einer TV-Gala auch noch ausgezeichnet werden „muss“ – das sollte nicht nur Campino Sorgen bereiten. Denn es lässt zumindest Befürchtungen zu über die geistige Verfasstheit des neuen, unverkrampften Deutschlands der Sommermärchen, wo sich vielerorts etwa Juden nicht mehr auf die Straße trauen, solange sie als Juden erkennbar sind.

Die Echo-Verleihung fand übrigens am 12. April statt – an dem in diesem Jahr in Israel der Gedenktag Jom haSho’a begangen wurde, gewidmet den sechs Millionen Juden, die von Nazi-Deutschland ermordet wurden.

Wer „0815“ (unbedingt) hören will, findet den Track derzeit bei YouTube – etwa auf einem Channel mit dem Namen „Make Germany Great Again“:

john Deuff
17. April 2018 - 13.18

einfach nemmen ekeleg.Mais d'Vollek huet dat gär.Wat mei domm,wat besser...eben den IQ hellt emmer mei of.Wat denken dei Leit,dei am KZ hu missen leiden an esou en Hirni mecht de Geck domat? hee Alda...kool eih.

Jacques Zeyen
17. April 2018 - 8.11

Zeiten wo man Verrohung,Rücksichtslosigkeit und einfache Blödheit gut vermarkten kann sind gute Zeiten für schlichte Gemüter. Booh eih-cool man.