Der Feind in ihrem Bett

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Ainhoa Achutegui schreibt über Gewalt in der Partnerschaft

Letzten Freitag traf ich eine Bekannte wieder, die ich schon Jahre nicht gesehen hatte. Diese lustige und charismatische Frau wohnt auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Trier, umgeben von vielen Tieren. Ihre Schafe, Ziegen und Hunde sind ihr wichtig, sie werden gepflegt und gehätschelt. Im Small Talk fragte ich sie nach ihren Tieren, und diese wurden das Stichwort für eine furchtbare Geschichte, die sie mir erzählte.*

Es ging um ihren Lebensgefährten, mit dem sie die Tiere hielt und der sich mit der Zeit als bösartiger Narzisst herausstellte. Er entwickelte sich zu einer gemeinen und auf sich gerichteten Person, die meine Bekannte psychologisch so unter Druck setzte und manipulierte, wie ich es mir kaum vorstellen konnte. Sie erzählte mir von täglichen und immer schwereren Erniedrigungen, Abwertungen, Manipulationsmanövern seinerseits und ihrer enormen Angst vor ihm. So nahm sie auf ihrem Nachhauseweg lange Umwege in Kauf, um das Aufeinandertreffen mit ihm zu verzögern. Und sie malte sich aus, wie er aus Rache ihren Tieren etwas antun würde.

Meine Bekannte glaubte, nichts gegen ihn unternehmen zu können, solange er sie nicht physisch bedrohte. Aus diesem Grund begriff sie sich damals nicht als Opfer. Als er ihr dann aber wirklich androhte, sie mit einer Waffe umzubringen, schaffte sie den Schritt zur Polizei. Diese reagierte sofort. Er musste den Hof verlassen, die Schlösser wurden ausgetauscht, Klagen und Prozesse häuften sich, Therapien folgten. Aber sie war ihn los.

Auch psychologische Druckausübung ist Gewalt. In der Wahrnehmung vieler Frauen (und natürlich Männer) muss, damit von Gewalt die Rede ist, auch geschlagen werden. Nein. Psychologische Gewalt kann mindestens ebenso schlimm sein wie „echte“ körperliche Gewalt.

Aufmerksam machen auf Gewalt im Allgemeinen wollte die Orange Week, die am Samstag, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, zu Ende ging. Auf Initiative des Zonta Club Luxembourg und des „Ministère de l’Egalité des chances“ wurden während einer Woche viele Veranstaltungen zur Thematik organisiert. Luxemburg befindet sich auf dem Weg der Ratifizierung der Istanbul-Konvention, die auf Vorbeugung und Nichtduldung von Gewalt gegen Frauen setzt. Luxemburg verfügt zwar über zahlreiche rechtliche Mittel zugunsten von Gewaltopfern – viele davon speziell für Frauen –, doch gelangt diese Information häufig nicht zu den Betroffenen.

Psychologische Gewalt ist subtil, die Umgebung merkt oft nichts, die Gewalt wird von den Opfern zwar erlebt, vielfach aber totgeschwiegen – aus Scham, aus Angst, aus Nichtwissen. Wie im Fall meiner Bekannten: Ein perverser Manipulierer oder Narzisst tritt nicht selten als charmanter Zeitgenosse auf. Oft charismatisch, weiß er seine Bösartigkeit zu verstecken. Die Familie meiner Bekannten hatte nie nachgefragt, niemand machte sich über ihren Lebensgefährten Gedanken, nur ihre Mutter hatte ihn intuitiv nie gemocht. Meine Bekannte hätte schon früher – und nicht erst nach zwölf Jahren! – zur Polizei gehen müssen.

* Sie hat mir ausdrücklich erlaubt, ihre Geschichte für meinen Text zu verwenden.