„Ocean’s 8“: Etwas mehr als nur ein Quotenfilm

„Ocean’s 8“: Etwas mehr als nur ein Quotenfilm

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Ein Minigolf-Parcours hat 18 Löcher. Beim durchschnittlichen Hollywood-Blockbuster ist die Anzahl an Handlungslöchern zwar nicht so exakt definiert, oftmals ist sie aber durchaus im zweistelligen Bereich anzusiedeln. In unserer wöchentlichen Sommerserie fühlen wir den Sommer-Blockbustern auf den Zahn, analysieren, in welchem Sinne sie den Zeitgeist widerspiegeln und legen die Handlungswidersprüche, die unter der Effektfassade durchscheinen, offen.

Inmitten der aktuellen Wiederverwertung von filmischen Markennamen und des einfallslosen Fortsetzungswahns, die der Traumschmiede in Hollywood einen faden Geschmack der Redundanz verleihen, ist es fast schon erfrischend, wenn eine Franchise, wie im Falle von „Ocean’s 8“, die Geschlechterhierarchie umkehrt und ein rein feminines Team an Betrügerinnen, Hackerinnen und Diebinnen auf den Plan ruft, um eine Kette im Wert von 150 Millionen zu stehlen.

Der Plot wäre hiermit eigentlich schon umrissen, die Story malt diesen dann nur noch schematisch aus: Daniel Oceans Schwester Debbie (Sandra Bullock) musste fünf Jahre sitzen, weil sie einem Betrüger, der einen Tick gerissener als sie selbst war, auf den Leim gegangen war.

Nachdem sie wegen guter Führung entlassen wurde und Besserung gelobte, dauert es keine Minute, bis sie ihrer kriminellen Leidenschaft wieder nachgeht – und nach bester Blues-Brothers-Manier ein Team auf die Beine stellt, das ihr dabei helfen soll, der Schauspielerin Daphne Kluger (Anne Hathaway) ein Cartier-Collier im Laufe einer Met-Gala erstmals an den Hals zu hängen, um ihr dieses dann später diskret wieder abzuknöpfen. Dass sich unter diesen Plan ein weiterer Racheplan mischt und verschiedene Klischees via Handlungswendungen entstellt werden, ist durchaus lobenswert. Leider ist der Streifen aber nicht konsequent in einer solchen Umkehrungslogik.
„Ocean’s 8“ weist weniger Handlungslöcher als Kohärenzschwierigkeiten auf: Der Diebstahl verläuft einfach zu glatt. So sehr man diesen acht Frauen auch ihre Coolness – die in Filmen oftmals ein rein maskulines Attribut ist – gönnt und abkauft, so stellt man jedoch schnell fest, dass ebendieser Coolness Charaktertiefe und Handlungslogik geopfert wurden.

Beispiele gefällig? Hausfrau Tammy (Sarah Paulson), ihrer Tochter zuliebe um ein Vorzeigeleben bemüht, benötigt genau drei Sekunden Spielzeit, um sich bereit zu erklären, rückfällig zu werden. Während die Modedesignerin Rose Weil (Helena Bonham Carter) Daphne Kluger trifft, um sie zu überzeugen, sich von ihr für die Gala einkleiden zu lassen, verwirren Debbie und Sidekick Lou Miller (Cate Blanchett) die verschrobene Fashionista, indem sie gänzlich sinnfrei Seifenblasen gegen das Restaurantfenster pusten. Bei Cartier will niemand den Damen den teuren Schmuck anvertrauen – als Helena Bonham Carter aber plötzlich französisch redet, ist der Cartier-Boss sofort überzeugt. Diese sprachliche Verwirrungstaktik, die schon beim ersten Mal unglaubwürdig ist, wird zudem an späterer Stelle wiederholt.

Schade ist, dass die Entstellung der Genderklischees an einem zu beschränkten Drehbuch, das wenig Wert auf Handlungslogik und Charaktertiefe legt, scheitert. Die gerissenen Frauen nutzen die gesellschaftliche Konfiguration, die will, dass Frauen sich eben für Mode und Diamanten interessieren, zwar sehr wohl aus, letztendlich bleiben sie aber dem System, das sie ausbeuten, treu. Debbie Ocean will keinen Mann im Team, weil Männer im Gegensatz zu Frauen stärker auffallen. Weiter geht der Kommentar um die maskuline Dominanz, die ja auch Hollywood plagt, kaum.

Man kann zudem bedauern, dass diese toughen Ladies das Verhalten ihrer männlichen Pendants lediglich abkupfern. Dies liegt aber eher daran, dass das Drehbuch den Schemata des Gaunerfilms nachläuft, anstatt Eigenständigkeit zu beweisen. Zu bemängeln ist so vielmehr die Gefälligkeit einer (männlichen) Regie, die etwas einfallslos Genre-Stereotypen abhakt, als das achtköpfige Frauenteam, dem ein einfallsreicheres Drehbuch und mehr Spielfläche sicherlich gutgetan hätten.