Zeit für eine „Trëppeltour“ durch Luxemburg: Deshalb ist Wandern so gesund

Zeit für eine „Trëppeltour“ durch Luxemburg: Deshalb ist Wandern so gesund

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Bewegung ist gesund, frische Luft auch, beim Wandern kommt zudem die Begegnung mit der Natur dazu. Tageblatt-Redakteurin Daisy Schengen unterhielt sich mit einem Fachmann darüber, ob Wandern den Menschen guttut.

Wandern ist die wohl bequemste Art, um Körper und Seele bei Laune zu halten. Angesichts des bemerkenswerten Netzes der Wanderwege in Luxemburg müssten wir demnach alle bei bester Laune sein. Und gesund dazu. Dr. André Schulz, Diplompsychologe, Forscher und stellvertretender Direktor von Epsylon („Experimental Psychology Laboratories Network“, Netzwerk der Forschungsabteilungen experimentaler Psychologie) an der Uni Luxemburg, liefert interessante wissenschaftliche Erklärungen auf unsere Fragen in Bezug auf die gesundheitlichen Auswirkungen und „Nebenwirkungen“ vom Wandern.

Tageblatt: Tut Wandern den Menschen gut?

Dr. André Schulz: Wandern kann grundsätzlich als körperliche Aktivität gewertet werden. Die Belastung ist so gut steuerbar, dass man es in vielen Fällen mit Ausdauersport leichter bis moderater Intensität vergleichen kann. Deshalb kann regelmäßiges Wandern die körperliche und psychische Belastbarkeit erhöhen. Ebenso wirkt sich das positiv auf den Stoffwechsel aus, verbessert die Stimmung und stärkt das Immunsystem.

Aber auch Wandern geringerer Intensität kann schon rasch positive Effekte erzielen, wenn es regelmäßig betrieben wird. Gerade im Herbst sinkt nicht nur die Temperatur, auch die Sonneneinstrahlung nimmt ab. Diese wird jedoch benötigt, damit der Körper Vitamin D bilden kann. Dieses ist notwendig, damit das Immunsystem funktionieren kann. Der typische Infekt während des ersten Herbsteinbruchs ist oftmals auf die reduzierte Produktion von Vitamin D infolge der geringeren Sonneneinstrahlung zurückzuführen. Bei einer Herbstwanderung wird erreicht, dass der Körper der maximal möglichen Sonneneinstrahlung ausgesetzt wird. Es ist daher empfehlenswert, auch in den kälteren Jahreszeiten immer wieder körperliche Aktivität im Freien wie beispielsweise Wanderungen zu absolvieren.

Für Gesundheitspsychologe Dr. André Schulz ist das Wie und nicht das Wo beim Wandern entscheidend. (Foto: Uni.lu)

Welche biochemischen Prozesse laufen beim Wandern im Körper bzw. im Gehirn ab?

Diese sind zunächst einmal mit jenen vergleichbar, die man auch beim Sport findet: Bewegung erhöht die Ausschüttung von Botenstoffen wie Noradrenalin, Serotonin und Dopamin im Gehirn. Längerfristig führt dies oftmals dazu, dass diese besser im Gleichgewicht bleiben, was wiederum das Risiko der Entstehung mancher psychischer Störungen wie Depression verringern kann. Zudem fördert Bewegung die Ausschüttung von Endorphinen, die die Stimmung aufhellen und schmerzlindernd wirken. Letztlich werden vor allem bei längeren Wanderstrecken beide Stresssysteme des Körpers, das autonome Nervensystem und die Kortisol-Achse, moderat aktiviert.

Hierbei ist es von großer Bedeutung, dass nach der Bewegung bestimmte Ruhe- und Erholungsphasen eingelegt werden. Wenn dies berücksichtigt wird, dann kann der Körper wiederum Prozesse in Gang setzen, um der Aktivierung unserer Stresssysteme entgegenzuwirken, z.B. durch den Parasympathikus, der eher für Deaktivierung und Entspannung verantwortlich ist. Dieser Effekt ist äußerst nützlich, da er, wenn er regelmäßig aufgebaut und gestärkt wird, auch in anderen Alltagssituationen zur Verfügung steht und unsere Belastbarkeit erhöhen kann.

Für wen eignet sich Wandern? Gibt es gesundheitliche Gegenanzeigen?

Für Personen, die eine reduzierte körperliche Kondition oder gesundheitliche Beschwerden aufweisen, ist es schwierig, selbst mit leichtem Ausdauersport ihre körperliche Ausdauer und damit auch ihre Gesundheit zu verbessern. Da die Belastung beim Wandern geringer und noch besser zu steuern ist, eignet es sich für diese Personengruppen besonders gut.

Zuerst werden kürzere Strecken in langsamem Tempo und mit vielen Pausen bewältigt, danach längere Strecken in höherem Tempo. Nach einigen Wochen könnten dann auch andere körperliche Aktivitäten wie Joggen oder Fahrradfahren hinzukommen und die Belastung sukzessive gesteigert werden. Daher gibt es beim Wandern wenige Gegenanzeigen, solange die Belastung zu Beginn gering gehalten wird – eventuell kann es sogar eingesetzt werden, um Gegenanzeigen bei anderen körperlichen Aktivitäten abzubauen.

Es ist natürlich wichtig, dass je nach Ursprung der gesundheitlichen Beeinträchtigung der zuständige Arzt konsultiert wird. Dennoch empfehlen auch Kardiologen und Pneumologen bei Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen oftmals eine Aufrechterhaltung leichter bis moderater körperlicher Aktivität, wozu sich Wandern gut eignet. In jedem Fall muss vermieden werden, dass der Organismus durch zu schnelle Belastungssteigerung überfordert wird. Wie auch beim Sport kann es bei Personen mit wenig körperlicher Aktivität sonst zu Übertrainings-Symptomen kommen, die alle gesundheitlichen Probleme verstärken können.

Gibt es einen Unterschied zwischen Bergwandern und Wandern im Tal/auf asphaltierten Wegen wie auf vielen Strecken in Luxemburg? Spielen Faktoren wie Höhenluft und unebenes Terrain eine Rolle beim gesundheitlichen Nutzen des Wanderns für den Menschen?

Wie sich diese Faktoren im Einzelfall auf die Gesundheit auswirken, lässt sich nicht pauschal bestimmen. Für die Gelenke ist ein weicher Boden, der geringfügig nachgibt, schonender. Bei unebenem Gelände steigt wiederum die Gefahr für Verletzungen, beispielsweise durch Umknicken der Füße und damit verbundene Bänderrisse des Sprunggelenks, und die konditionelle Belastung ist eher höher. Wenn man oftmals in größeren Höhen wandert, in denen die Sauerstoffkonzentration geringer ist, stellt sich der Organismus langfristig mit einer besseren Sauerstoffausbeute darauf ein, die der Kondition zuträglich ist. Ob die moderaten Höhenunterschiede in Luxemburg dafür ausreichen, ist jedoch eher zweifelhaft.

Viel wichtiger ist, dass die Wanderstrecken nach den individuellen Belastungsgrenzen ausgewählt werden. Das kann die Länge, aber auch die Beschaffenheit des Terrains beinhalten. Personen, die bislang kaum körperlich aktiv waren, profitieren vermutlich zunächst von kürzeren, bekannten Strecken, selbst wenn sie asphaltiert sind. Sobald individuelle Beschwerden hinzukommen, wie z.B. Gelenkerkrankungen, sollten entsprechend andere Strecken ausgewählt werden. Wichtig hierbei ist, dass im Zweifel Rat dazu, auf welche Faktoren besonders zu achten sind, beim Orthopäden eingeholt wird. Ebenso sollte man Strecken mit Steigungen entsprechend der eigenen körperlichen Verfassung auswählen und Überforderungen vermeiden.

Wie reagiert die Psyche – ist es im Sinne von Erholung zuträglicher, in der bekannten Umgebung oder in einem unbekannten Umfeld zu wandern?

Das regelmäßige Kennenlernen neuer Strecken kann den Orientierungssinn und daher die Gedächtnisleistung positiv beeinflussen, die geistige Flexibilität stabilisieren und ggf. Abbauprozessen bedingt vorbeugen. Daher ist es immer empfehlenswert, neue Strecken auszuprobieren.

Wichtiger als die Beschaffenheit der Strecke sind jedoch die psychischen Prozesse, die beim Wandern ablaufen können. Wenn man es schafft, sich und seine Umgebung achtsam wahrzunehmen, also alle Sinneseindrücke auf sich wirken zu lassen, ohne sie zu bewerten, und alle gedanklichen Prozesse ziehen zu lassen, ohne sie zu vermeiden, dann ist das ein psychischer Zustand, der beim Wandern empfehlenswert ist. Dass das nicht immer gleich gelingt, ist nicht verwunderlich, weil dazu meist regelmäßiges Achtsamkeitstraining notwendig ist.

Demgegenüber können automatisierte Denkprozesse dazu führen, dass Grübeln und das unproduktive Verweilen bei negativen Gedanken während des Wanderns stattfinden und es so wenig erholsam machen. Neue Strecken erleichtern möglicherweise, dass man die Umgebung achtsam wahrnimmt, während bekannte Strecken es im Zweifel erleichtern könnten, in automatisierte gedankliche Prozesse überzugehen, da man sich ja nicht mit neuen Eindrücken auf dem Weg auseinandersetzen muss.

Also: Das „Wie“ ist wichtiger als das „Wo“. Der Vorteil bei bekannten Strecken liegt wiederum darin, dass die Belastung besser planbar ist.

Wie oft sollte man pro Woche bzw. im Monat wandern, um einen tatsächlichen Nutzen für Körper und Geist zu erzielen? Welche ist die ideale, zu empfehlende Distanz?

Es lassen sich bereits innerhalb weniger Wochen beachtliche gesundheitliche Effekte erzielen, wenn an der Mehrzahl der Tage bereits nur etwa 30 Minuten leichte körperliche Aktivität wie Wandern absolviert wird. Wenn dann noch zwei bis drei Mal die Woche ein längerer Spaziergang von ein bis zwei Stunden eingelegt wird, kann dies substanziell zur Vorbeugung von Infekten, Herz-Kreislauf- und psychischen Erkrankungen beitragen. Allerdings gibt es hier keine festen Kriterien.

Sehr viel wichtiger ist es, die eigenen Belastungsgrenzen kennenzulernen und aufmerksam zu sein, wenn diese überschritten sind. Hierbei können technische Hilfsmittel wie z.B. eine Pulsuhr sehr behilflich sein. Personen, die bislang körperlich inaktiv waren und vielleicht gesundheitliche Beschwerden haben, mögen anfangs bereits mit 30 Minuten am Tag überfordert sein.

Hier ist es wichtig, diesen Zustand zu akzeptieren und das Anfangsniveau entsprechend niedriger anzusetzen, aber sukzessive zu steigern, wenn man die anfängliche Distanz absolvieren kann. Grundsätzlich ist die Regelmäßigkeit wichtiger als die tatsächliche Distanz. Wenn man 30 Minuten oder mehr in den täglichen Zeitplan integrieren kann, dann ist das besser, als wenn man wochenlang einen ein- bis zweistündigen Termin für eine längere Wanderung sucht, den man dann aber nicht findet.

Stichwort Ernährung: Um Kraftreserven für eine Wanderung zu haben, empfehlen sich welche Nahrungsmittel?

Einerseits ist Wandern körperliche Aktivität, die Energie verbraucht. Andererseits ist bei der heutigen westlichen Ernährungsweise Energiemangel selten ein Problem, sondern eher der Überfluss an Energie, der sich als Körperfett, Übergewicht oder Stoffwechselerkrankungen bemerkbar machen kann.

Sinnvoll ist es sicherlich, wenn zuvor die normalen Mahlzeiten zu sich genommen wurden und kein Fasten stattgefunden hat, um den Organismus nicht zu überfordern. Eine zusätzliche Nahrungsaufnahme, um die beim Wandern verbrannten Kalorien wieder zu sich zu nehmen, ist aber meistens auch nicht empfehlenswert. Dies würde zwar viele der genannten positiven Effekte des Wanderns nicht außer Kraft setzen, aber insbesondere den möglichen Vorteilen auf Körpergewicht und Stoffwechsel entgegenstehen.

Grundsätzlich empfiehlt sich eine Ernährung mit vielen pflanzlichen Proteinen und hochwertigen Fetten und Ölen, wie sie z.B. in vielen Nüssen oder in Fisch zu finden sind. Es muss also keine kalorienreduzierte Nahrung sein, aber ihre Zusammensetzung muss stimmen.

roger wohlfart
28. Oktober 2018 - 10.32

Bewegung und Wandern in frischer Luft, in der Natur, tun Seele und Körper gut. Um das festzustellen, bedatf es keines Experten. Diese Erfahrung kann jeder jeden Tag machen und es kostet nichts.