Wie die Spinne im Netz

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Seinem Agenten Jorge Mendes verdankt Cristiano Ronaldo sehr viel. Er ist der mächtigste Schattenmann des europäischen Fußballs.

So pathetisch, wie sie ist, könnte diese Szene auch in einem Mafiafilm spielen. Sie zeigt aber nur den Fußball-Star Cristiano Ronaldo und seinen Berater Jorge Mendes, der ihm auf besonders klebrige Art seine Ehrerbietung erweist. „Ich bin stolz, dass ich jeden Tag für dich kämpfen kann“, ruft Mendes seinem bekanntesten Klienten bei einer Familienfeier zu. „Du bist viel mehr, als ich je für dich tun könnte. Du bist ein Monster. Du bist der beste Fußballer der Welt. Du bist der weltbeste Sportler aller Zeiten und ich bin stolz darauf, neben so einem Mann zu stehen.“

Cristiano Ronaldo und Jorge Mendes. Der Superstar und der „Super-Agent“ (The Guardian). Beide arbeiten zusammen, seit der Weltfußballer von Real Madrid 16 Jahre alt ist. Die Szene stammt aus dem Dokumentarfilm „Ronaldo“, der 2015 in die Kinos kam.

Seinem Berater und engen Freund verdankt der Portugiese, dass er ein Jahresgehalt von 40 Millionen Euro verdient, dass er mit 18 Jahren zu Manchester United und später für 94 Millionen Euro zu Real Madrid wechselte, und dass für ihn die besten Werbeverträge ausgehandelt wurden, die je ein Fußballprofi besaß. „Er ist der Cristiano Ronaldo der Agenten“, sagt Cristiano Ronaldo unbescheiden wie immer.

„Mendes-Modell“

Mendes‘ Umtrieben verdankt er aber auch, dass er am Montag in Madrid von einer Ermittlungsrichterin angehört wird. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, 14,7 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben, weil er seine Werbeeinnahmen durch ein Firmengeflecht in Irland und der Karibik am spanischen Fiskus vorbeigeschleust haben soll.

Das „Mendes-Modell“ nennt die spanische Zeitung „El Mundo“ das. Mendes selbst sagte vor fünf Wochen ebenfalls schon vor Gericht aus.

Denn die Internetseite „Football Leaks“, das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und ein internationales Recherchenetzwerk haben in den vergangenen Monaten enthüllt, dass die meisten seiner prominenten Klienten eine Briefkastenfirma in der Karibik unterhielten und deshalb bereits Millionen-Zahlungen an den spanischen Staat leisten mussten: Pepe, Radamel Falcao oder Angel di Maria etwa, dazu auch der Startrainer José Mourinho. Gegen den Neuzugang James Rodriguez von Bayern München wird in Spanien noch ermittelt.

Der 51 Jahre alte Mendes sitzt wie eine Spinne im Netz und zieht an allen Fäden – in der Steueraffäre Ronaldo wie auf dem europäischen Transfermarkt. Denn mit Mendes machen alle Geschäfte. Er hat allein in diesem Sommer schon Spieler an den FC Bayern München (James Rodriguez), an Manchester City (Bernardo Silva), den AC Mailand (André Silva) oder den FC Barcelona (Nelson Semedo) vermittelt.

Um seinen Einfluss auf das Milliardengeschäft Profifußball weiter auszudehnen, hat seine Firma „Gestifute“ eine Art Rundum-Paket entwickelt, bei dem Geschäftspartner oder Freunde von Mendes ganze Clubs aufkaufen und dann mit Mendes-Spielern versorgt werden. Der spanische Club FC Valencia ist ein Beispiel dafür, die Wolverhampton Wanderers aus der zweiten englischen Liga sind es ebenfalls.

Viele Jobs

Kauft einer dieser Vereine einen Spieler, vertritt Mendes jetzt alle Beteiligten am Tisch. In Wolverhampton etwa fordert der Mendes-Klient Nuno Espirito Santo als Trainer laufend Verstärkungen, die er dann in Gestalt der Mendes-Klienten Ruben Neves (FC Porto) oder Diogo Jota (Atletico Madrid) sofort bekommt. Abgesegnet und bezahlt wird das dann von den Mendes-Klienten in der Club-Direktion. Auf diesem Weg kann niemand mehr kontrollieren, wohin wie viel Geld genau fließt.

Zum Mythos Mendes gehört auch der Beginn seiner Agenten-Karriere. Er arbeitete als DJ, betrieb eine Videothek und später einen Nachtclub in Portugal. Einer seiner Stammgäste war der damalige Torwart Nuno Espirito Santo. Er war der erste Spieler, den Mendes von einem Verein (Vitoria Guimarães) zum anderen (Deportivo La Coruña) vermittelte.

Heute ist Mendes der „Unheimliche König der Agenten“ (FAZ). Es gibt eine Geschichte über ihn, wie er einmal Diego Maradona am Flughafen von Madrid traf. „Wenn du mein Berater gewesen wärst, wäre ich so reich wie der König von Spanien“, rief der frühere Weltstar ihm zu.