Rechtzeitig zum Jahrestag: Junger Verein will die Luxemburger Revolutionstage von 1919 untersuchen

Rechtzeitig zum Jahrestag: Junger Verein will die Luxemburger Revolutionstage von 1919 untersuchen

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Der erst vor einigen Monaten gegründete Verein 1919 asbl. will die republikanischen Ereignisse von 1918 und 1919 in Luxemburg in der kollektiven Erinnerung verankern. Zurück geht die Initiative auf den im vergangenen August verstorbenen Journalisten Jean Rhein. Im kommenden Jahr wird die 1919 asbl. den 100. Jahrestag der Ausrufung und Niederwerfung der Republik mit Konferenzen und mehreren Veröffentlichungen begehen.

Die russische Oktoberrevolution von 1917 hatte Auswirkungen auf ganz Europa. Am Ende des Ersten Weltkrieges rollte eine revolutionäre, antikapitalistische Welle von Finnland bis nach Italien und führte zum Zusammenbruch der großen monarchischen Imperien und zur Neugründung von demokratischen Republiken. Auch in den Übersee-Kolonien rief sie Unabhängigkeitsbewegungen hervor. In vielen europäischen Ländern konnten Sozialisten und Gewerkschaften das allgemeine Wahlrecht, den Achtstundentag und die betriebliche Mitbestimmung durchsetzen.

Auch in Luxemburg entstand 1918 eine revolutionäre Bewegung. Am 10. November bildete sich ein Arbeiter- und Bauernrat, der die Einführung der Republik, des Achtstundentags und des allgemeinen Wahlrechts sowie die Verstaatlichung der Eisenbahn, Hütten und Banken forderte. Während der Achtstundentag im Parlament Zustimmung fand, scheiterte eine Resolution über den Verzicht der Dynastie auf den Thron nur knapp.

6.000 Menschen plündern Escher Geschäfte

Am 26. November 1918 plünderten in Esch/Alzette bis zu 6.000 Menschen rund 60 Geschäfte. Am 9. und 10. Januar 1919 fand vor dem Parlament in der Hauptstadt eine große republikanische Kundgebung statt, an der sich auch die Freiwilligenkompanie beteiligte, die am 19. Dezember 1918 ihre Offiziere abgesetzt hatte. Am 10. Januar wurde die Kundgebung von französischen Soldaten aufgelöst, die die Regierung unter Staatsminister Emile Reuter angefordert hatte.

Am 13. August 1919 stürmten laut dem Historiker Henri Wehenkel 5.000 bis 6.000 Arbeiter das Parlament, woraufhin Reuter erneut Hilfe beim französischen Marschall Foch anforderte. Schließlich wurde die Monarchie im Referendum vom 28. September 1919 bestätigt und Charlotte, die bereits am 15. Januar ihre Schwester Maria-Adelheid auf dem Thron abgelöst hatte, blieb Großherzogin von Luxemburg.

Weitgehend unerforschte Ereignisse

Die republikanischen Ereignisse von 1918 und 1919 sind, genau wie der Erste Weltkrieg, in Luxemburg bislang noch weitgehend unerforscht. Auch in den Geschichtsbüchern und im Schulunterricht spielt die republikanische Bewegung eine sehr untergeordnete Rolle.
Der im vergangenen August verstorbene Journalist Jean Rhein, der seit 2004 für die Tageszeitung Le Quotidien tätig war, hatte sich in seinen letzten Lebensjahren der historischen Aufarbeitung der republikanischen Bewegung verschrieben.

Kurz vor seinem Tod gelang es ihm, einige Mitstreiter um sich zu versammeln. Am 14. August 2018, dem Tag von Jean Rheins Begräbnis, trafen sich Claude Frentz (42), Jan Guth (29), Aldo Sagramola (58) und Daniel Lieser (57) in der „Taverne Um Poteau“ im Escher Neudorf und beschlossen, einen Verein zu gründen, um den archivarischen Nachlass des Journalisten zu verwalten und seine Bestrebungen zur Erforschung der Republik weiterzuführen. So entstand die 1919 asbl.

Akademiker und Hobbyhistoriker

„Als wir uns zum ersten Mal trafen, hat Jean uns einen USB-Stick mit 14 frei zugänglichen Büchern überreicht, die sich auf die eine oder andere Weise mit dem Thema der Republik beschäftigen“, erklärt Jan Guth, der als Bibliothekar bei der Stadt Esch arbeitet. Daraufhin habe sich eine Eigendynamik entwickelt. Der Rentner und Hobbyfotograf Aldo Sagramola hat erst von Jean Rhein über die republikanische Bewegung in Luxemburg erfahren, wie er erzählt. Rheins Ausführungen hätten gleich sein Interesse geweckt.

Eine erste Konferenz mit dem Historiker Henri Wehenkel hat der Verein am 14. November in der „Maison du peuple“ in Esch organisiert. „Die Veranstaltung war gut besucht. Sogar die Akademiker Denis Scuto, Renée Wagner und Jacques Maas waren im Publikum. Da haben wir gemerkt, dass großes Interesse besteht“, sagt Sagramola.

Historische Aufarbeitung der republikanischen Tradition

Rundtischgespräch

Am Freitag, 11. Januar 2019, veranstaltet die 1919 asbl. ein Rundtischgespräch anlässlich des 100. Jahrestages der Ausrufung und Niederwerfung der Republik in Luxemburg. Am Gespräch teilnehmen werden die Historiker Renée Wagner (Woxx), Denis Scuto (C2DH), Jacques Maas (C2DH) und Frédéric Krier (OGBL). Los geht es um 19.30 Uhr im Café Streik („Maison du peuple“) am Boulevard J. F. Kennedy in Esch/Alzette.
Die 1919 asbl. hat ihren Sitz in der „Taverne Um Poteau“ im Escher Neudorf. Mehr Infos zum Verein gibt es auf seiner Facebook-Seite und bald auch auf 1919.lu.

Dem Verein schwebt vor, parallel zur akademischen Forschung eine eigene historische Aufarbeitung der republikanischen Tradition in Luxemburg zu betreiben. Als Ergänzung sozusagen. Und um das Thema dem breiten Publikum verständlich zu übermitteln. „Meine Idee ist es, dass wir als Amateur-Historiker komplementär zur akademischen Forschung arbeiten. Es geht uns vor allem darum, ein Archiv mit Büchern, Zeitungsartikeln und anderen Dokumenten zum Thema zusammenzustellen, die wir auch der Uni im Rahmen einer Zusammenarbeit zur Verfügung stellen wollen“, erläutert Sagramola. Die Dokumente seien da, doch sie seien über mehrere Bibliotheken und Archive verstreut. Deshalb gehe es der 1919 asbl. auch darum, alles an einem Ort zusammenzutragen, ergänzt Guth.

Am Ende dieses Prozesses soll dann ein Buch entstehen, das neben einer umfassenden Bibliografie Textbeiträge sowohl von Akademikern als auch von Hobbyhistorikern enthält. Jan Guth geht es bei dem Projekt vor allem um die lückenlose und ungefilterte Aufarbeitung der Luxemburger Geschichte, wie er erklärt. „So wie es in der Republik Irland passiert. Dort werden sowohl die guten als auch die schlechten Aspekte der Geschichte thematisiert“, sagt Guth, der mehrmals im Jahr in den Inselstaat reist.

Wichtige Rolle bei der Aufarbeitung historischer Ereignisse

In Irland würden Vereine und Privatpersonen eine wichtige Rolle bei der Aufarbeitung historischer Ereignisse erfüllen. In Luxemburg könne die 1919 asbl. einen ähnlichen Beitrag leisten, meint Guth, der zugleich betont, dass der Verein an sich der Monarchie neutral gegenüberstehe, auch wenn die einzelnen Mitglieder ihre eigenen Ansichten in dieser Sache hätten.

„Der Großteil der Geschichtsschreibung in Luxemburg beschäftigt sich mit dem Zweiten Weltkrieg. Den kann man aber erst verstehen, wenn man weiß, was im Ersten Weltkrieg passiert ist“, erklärt der Grundschullehrer Claude Frentz, der das Amt des Vereinspräsidenten übernommen hat. Der Verein wolle sich aber nicht nur auf die Erforschung der republikanischen Bewegung von vor 100 Jahren beschränken, sondern auch ihre Nachwirkungen bis in die heutige Zeit erkunden.

Jan Guth
23. Dezember 2018 - 17.41

Guten Abend, Vielen Dank für die schnelle Rektifizierung des Titels. Im Namen der 1919 a.s.b.l., Jan GUTH

Frank Goebel
23. Dezember 2018 - 17.27

Guten Tag, bei den Web-Artikeln wird aus gleich mehreren Gründen der Titel angepasst. Im vorliegenden Fall wurde dabei eine Kombination geschaffen, die so tatsächlich möglicherweise missverständlich ist. Wir passen sie daher an. - Mit besten Grüßen, die Redaktion

KTG
23. Dezember 2018 - 16.05

Och hei: Sou e Quatsch. Eng Republik brauch och vill Suen. E Präsident brauch e Staff, kritt no senger Pensioun nach Suen, deelweis méi wéi Grossherzogs, a kritt a ville Länner oft nach Tonne Sue fir divers Aktivitéiten. Gebaier brauche so dofir och. Do ass guer näischt méi bëlleg an de Revenue ass eventuell méi kleng!

KTG
23. Dezember 2018 - 16.01

Noch mehr Spaltung der Gesellschaft? Nein, danke! Das finanzielle Argument gilt sowieso nicht. Auch ein Präsident lebt in einem standesgemäßen Gebäude, braucht repräsentative Empfänge und braucht Personal, vor allem Personenschützer, eventuell sogar noch mehr. Ein Präsident ist eventuell weniger telegen auf Tassen und Tellern für Touristen zu verkaufen. EIn Präsident ist idealerweise nicht lebenslang Präsident und bekommt auch danach noch eine Rente, in vielen Ländern (Beispiel: Deutschland gleich nebenan!) auch lebenslang Büros und Personal (ein Sekretariat und auch immer noch Bodyguards unter Umständen).

Jan Guth (1919 a.s.b.l.)
23. Dezember 2018 - 15.20

Gudde Mëtteg, Et muss präziséiert ginn, dass den Ufank vum Titel net d’Meenung vun der 1919 a.s.b.l. erëmspigelt an och net d’Ziel vun dëser ass. Den originalen Titel an der Print Versioun vum Luc Laboulle ass och een aneren wéi en hei formuléiert ass. Mär sti mat der Online Redaktioun vum Tageblatt a Kontakt fir eng Richtegstellung. Mär weisen dowéinst nach ee Mol drop hin, dass de Veräin absolut neutral der Monarchie an der Republik géigeniwwer ass. Mär sinn eenzeg an eleng, un der historesch objektiver Opschaffung vun de republikanesche Beweegungen ëm d’Joer 1919 interesséiert. Am Numm vun der 1919 a.s.b.l., Jan GUTH

Schullerpiir
22. Dezember 2018 - 22.42

Den "Haaf" kritt all Joer 6 bis 9% bei (am Staatsbudget) an huet 96 Leit zur Verfügung. Mir kreien vläit eng Indextranche an mussen eisen wues selwer meihen! :-(((

Muller Guy
22. Dezember 2018 - 19.40

Et mecht mir Freed des Kommentären ze liesen. Ech stellen fest dass et emmer méi Leit mat gesondem Menschenverstand, déi d'Monerchie oflehnen, den Courage hun sech ze melden. Och vill Politiker wessen dass d'Lompen stenken, sinn awer Feiglingen an stiechen den Kapp an den Sand wat een Referendum ugeet. Et sinn awer d'Vertrieder vum Vollek. Oder besser geschriwen: Sie sollen et sinn. "Nullenkackerten" géif den Maître Vogel se bestemmt nennen.

Jang
22. Dezember 2018 - 17.24

Steiergelder ginn zur Fënster erausgeheit fir all daat deiert Gedeessems do,wat dem Bierger dreimol neischt brengt. Monarchien geheieren an dëser Zeit aus der Welt geschaaft. Mais keen Politiker huet den Courage esou ëppes unzepaaken. D'Vollék ass deenen alleguer esou wiesou ganz egal.

Frin
22. Dezember 2018 - 16.59

@Mephisto déi Petitioun huet keen Uklang fond well déi meescht Leit ďPetitiounen net liesen. Monarchien sin anachronistesch an ongerecht. President kann all Bierger gin, Grand-Duc net. Monarchen sin Nokommen vun Despoten déi virun honnerten Joer hir Matmenschen tyranniséiert hun.

Mephisto
22. Dezember 2018 - 13.37

Wenn ich mich nicht irre gab es doch erst kürzlich eine Petition betr. Abschaffung der Monarchie. Sie fand nicht viel Anklang. Die Leute scheuten das Risiko als Präsident(-in ) einer Republik eine schlimmere Person vorzufinden als der jetzige Amtsinhaber, was ja durchaus vorstellbar war....ohne Namen zu nennen an die ohnehin jeder denkt.

pir
22. Dezember 2018 - 13.22

D'Gebailechkeete kéint ee gutt gebrauchen. An dat risegt Schlass zu Kolmer kéint e Ministère dra kommen, de Park mat dem öffentleche Park verbannen, d'Gärt fiir Schoulen opmaachen. D'Feschbecher Schlass emgebaut an e Business oder Wellness Hotel mat gudder Kichen. Aus dem Palais e permanente Musée, dat wir dach ideal fiir Touristen. Mir wëlle jo sou modern sin, letz make it happen, an Vive d'Republik! Mir hu schon genuch Neofeudalismus, da kann deen klasseche fort. Ech si frou dass et d'Tageblatt gett, aner Blieder géifen nie eist blot Blutt och nemme usatzweis hannerfroen.

Muller Guy
22. Dezember 2018 - 9.13

"Weg mit dem Grossherzog" Am Joer 1919! Passt awer och ganz gut an d'Joer 2019. Eng Monarchie an deser Zeit? Mettelalter as passé. Wiem notzt se? Wat se kascht wessen mir. Wat kennt een mat denen Suen vill netzlech Sachen machen! Wéi wir et mol mat engem Reverendum iwert d'Fro vun der Monarchie? Awer duvir sin Politiker an Parteien ze feig.

Economist
22. Dezember 2018 - 8.33

Damals hatten die Leute eben die Illusion, dass es so einfach gehen würde aber dann kamen die Soldaten der grande Nation und haben dem Spuck ein schnelles Ende gemacht; trotzdem es war gut es zumindest einmal zu versuchen; Vive la république...

Charles Rumé
21. Dezember 2018 - 18.40

Schade nur, dass Jean Rhein dieses nicht mehr miterleben kann. Wünsche den Initiatoren viel Erfolg und dass endlich eine Aufklärung über diese bewegten Tage und Wochen zustande kommt.